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wd | Winter 2019

Ihr Magazin für Lifestyle und Business im Allgäu und dem angrenzenden Alpenraum.

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KULTUR<br />

Kobr: Wir sind halt keine Freizeit-Freunde. Das mit uns muss einfach immer<br />

funktionieren; auch, wenn einer mal schlecht drauf ist. Unsere beiden Leben<br />

sind im Endeffekt völlig miteinander verschränkt. Unser ganzer Beruf fußt aufeinander<br />

und damit auch unser Lebensentwurf. Wenn einer von uns morgen<br />

sagt „Ich steige jetzt aus!“ würde quasi eine Welt zusammenbrechen. Wir wissen<br />

einfach, dass wir beide in die gleiche Richtung schauen und das stellt das<br />

ganze auf sehr ernsthafte Füße. Was aber natürlich nicht heißt, dass wir nicht<br />

trotzdem auch nette Freizeit miteinander verbringen können.<br />

Hat das Ihr Denken über Freundschaft generell verändert?<br />

Klüpfel: Das könnte tatsächlich sein, weil man ungerechter Weise vielleicht<br />

viel mehr vom anderen verlangt und voraussetzt. Bei Michael muss ich viel<br />

verlangen und er ebenso von mir und das muss bei anderen Freunden ja<br />

nicht zwangsläufig sein. Wir haben im Laufe der Jahre eine Art blindes Verständnis<br />

füreinander entwickelt. Laut unserer Frauen verständigen wir uns<br />

mit so einer Art Code. Mir reicht ein Blick von Michi und ich weiß genau, was<br />

er meint. Bei unseren Frauen funktioniert das nicht so reibungslos und da<br />

heißt es dann manchmal „Warum verstehst du das jetzt nicht? Der Michi<br />

hätte das doch auch kapiert!“. Das ist natürlich unfair.<br />

In Interviews wird ständig Ihre Beziehung zueinander in den Mittelpunkt<br />

gestellt. Nervt das manchmal, weil dadurch Ihre Bücher in den Hintergrund<br />

treten?<br />

„Mathe war nie meine Stärke“, geben beide zu. Ein paar Formeln sind aber doch hängengeblieben.<br />

Klüpfel: Kaum einer von uns war damals auf Erfolg getrimmt und alle haben<br />

damals mehr oder weniger normale Berufslaufbahnen angestrebt.<br />

Heute sieht das bei den Schülern sicherlich ganz anders aus. Man kannte<br />

hier in Kempten auch einfach keinen, der gesagt hätte „Ich werde mal<br />

Schauspieler oder Schriftsteller“.<br />

Sie haben mal in einem Interview erzählt, dass Sie beide jeden Morgen<br />

miteinander skypen, den Plot besprechen und dann jeweils getrennt voneinander<br />

schreiben. Das klingt nach sehr viel Disziplin. Waren Sie beide schon<br />

immer so strukturiert und eisern oder haben Sie das erst lernen müssen?<br />

Kobr: Wir waren in unseren vorherigen Berufen schon sehr disziplinierte<br />

Arbeiter. Was wir dann als Schriftsteller allerdings festgestellt haben, war,<br />

dass wir eine gewisse Tagesstruktur brauchen, um abends das Gefühl zu<br />

haben, das wir was geschafft haben. So eine Struktur ist aber auch wichtig,<br />

um sich nicht zu verzetteln. Also hat sich bei uns sehr schnell ein fester<br />

Tagesablauf etabliert. Das wird natürlich aufgelöst in Zeiten, in denen wir<br />

redigieren oder nur schreiben. Aber diese Struktur tut schon sehr gut und<br />

ist auch beruhigend.<br />

Wie verändert eine solche Zusammenarbeit eine Freundschaft?<br />

Klüpfel: Wir können inzwischen gar nicht mehr trennen, was ist Freundschaft<br />

und was ist gemeinsames Arbeiten. Wenn wir heute durch Deutschland<br />

reisen und nach dem Auftritt an der Hotelbar sitzen – ist das dann noch<br />

Arbeit oder schon wieder Freundschaft? Das fließt alles ineinander. Generell<br />

muss so eine Freundschaft aber tatsächlich stärker werden, denn sie muss<br />

aushalten, dass man sich ständig sieht, produktiv sein muss und permanent<br />

Abgabetermine einzuhalten hat. Man muss sich aufeinander immer<br />

verlassen können. Demnach liegt viel mehr Druck darauf und sowas kann<br />

eine Freundschaft nur aushalten, wenn sie mit den Jahren intensiver wird.<br />

Kobr: Nö. Das ist ja auch einfach eine Geschichte, die nicht so oft vorkommt.<br />

Von daher kann ich das Interesse daran schon gut nachvollziehen. Dieses<br />

Phänomen, wie wir zusammen arbeiten und wie es zu dem Erfolg kam, ist<br />

einfach eine gute Story, die wir im Übrigen selbst ständig reflektieren.<br />

Klüpfel: Und rein über Bücher sprechen in epischer Breite ist auch schwierig,<br />

weil man schließlich nicht zu viel verraten kann. Daher ist das schon okay.<br />

Stellen sich die Leute den Prozess des Schreibens spektakulärer vor, als<br />

er am Ende wirklich ist?<br />

Klüpfel: Vielleicht nicht unbedingt spektakulärer, aber es stimmt schon,<br />

dass viele den Prozess des Schreibens überhöhen. Wahrscheinlich, weil viele<br />

Menschen Respekt davor haben, einen längeren Text zu schreiben. Und ein<br />

ganzes Buch gleich – da haben einige die Vorstellung, sowas geht nur abends<br />

vor dem knisternden Kamin mit einer Flasche Rotwein. Wenn man das aber als<br />

Beruf machen will, ist es schon gut, wenn man überall schreiben kann.<br />

Kobr: Schreiben ist am Ende auch bloß Handwerk. Bei uns ist der Schaffensprozess<br />

getrennt. Das eine ist das Entwickeln der Ideen und das andere ist<br />

der Verschriftlichungsprozess. Und Letzteres ist wirklich reines Handwerk.<br />

Klüpfel: Inzwischen ist es bei den meisten Autoren so, dass sie das<br />

Schreiben nicht mehr als heiligen Akt ansehen. Dieses Klischee hat sich<br />

entzündet an so großen Namen wie beispielsweise Thomas Mann, bei<br />

dem alles immer ganz ruhig sein musste, die Kinder durften nur am Haus<br />

vorbeischleichen und seine Frau hat anschließend seine handschriftlichen<br />

Notizen abgetippt. Solche Sachen kennt man halt und dann ist es sicher<br />

langweilig, wenn Autoren zugeben, dass sie bloß im Flugzeug und in der<br />

Bahn geschrieben haben.<br />

Erleben Sie noch viele Kollegen, die da gerne ein bisschen mehr Gewese<br />

drum machen?<br />

Kobr: Oh ja, natürlich. Da geht’s dann um den genius loci und am besten liegt<br />

da noch der gammlige Apfel in der Schreibtischschublade wie bei Schiller.<br />

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