1-2021
Fachzeitschrift für Elektronik-Produktion - Fertigungstechnik, Materialien und Qualitätsmanagement
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Dienstleistung<br />
Rechtzeitig Engpässe erkennen und umgehen<br />
ten, auch wenn die Verdopplung<br />
der Prozessorenleistung heute etwa<br />
alle 18 Monate stattfindet.<br />
Autorin:<br />
Isabel Schmidt, Strategische<br />
Einkäuferin bei<br />
Tonfunk GmbH<br />
www.tonfunk.de<br />
Die immer kürzer werdenden<br />
Lebenszyklen elektronischer<br />
Systeme werden für die EMS Industrie<br />
eine immer größere Herausforderung.<br />
In der Zukunft wird das<br />
Obsoleszenz-Management als<br />
wesentlicher Teil des unternehmerischen<br />
Risikomanagements eine<br />
wichtige Rolle in der Prozessentwicklung<br />
spielen. Dies sieht nicht<br />
nur die Tonfunk Gruppe so, sondern<br />
wird auch in der VDI Richtlinie<br />
VDI2882:2018-05 so definiert.<br />
Die Herausforderung eines jeden<br />
Herstellers elektronischer Systeme<br />
ist es, bei stetiger Innovationsbeschleunigung<br />
seine in einem Produkt<br />
angebotene Lösung über einen längeren<br />
Zeitraum (meist 6 bis 10 Jahre)<br />
anbieten zu können. Leider sind die<br />
Iterationen der maßgeblich den Komponentenmarkt<br />
beeinflussenden<br />
Industrien (Smartphones, Wearables,<br />
IoT) wesentlich schneller.<br />
So ändern beispielsweise Hersteller<br />
von Smartphones die Gerätegenerationen<br />
mindestens einmal<br />
im Jahr. Die neuen Produkte werden<br />
immer leistungsfähiger, eingesetzte<br />
Bauteile ändern sich grundlegend,<br />
werden immer kleiner und<br />
vielseitiger.<br />
Bereits Gordon Moore prägte<br />
1965 die Aussage, dass sich die<br />
Anzahl von Transistoren in integrierten<br />
Schaltungen jährlich verdoppelt.<br />
Ihm wurde damals nicht<br />
geglaubt, seine Vorhersage als<br />
ScienceFiction abgetan. Er sollte<br />
dennoch bis heute Recht behal-<br />
„Components-off-the- shelf“<br />
Die Industrie spricht oft davon,<br />
dass für die Lösung der Produkte<br />
sogenannte „Components-off-theshelf“<br />
(COTS) benutzt werden. Diese<br />
sind jedoch nur so lange verfügbar,<br />
wie die Industrie sie beispielsweise<br />
im aktuellen Smartphone einsetzt.<br />
Die Hersteller der COTS, SOCs<br />
(System on Chip) oder Prozessoren<br />
investieren sehr viel Geld in<br />
die nächste Schaltungsgeneration in<br />
neuen, oft sehr viel kleineren Nanometerstrukturen<br />
im Silizium (Dotierung)<br />
und sind darauf angewiesen,<br />
ihre Schaltungen in die jeweils neu<br />
entstehenden Produkte (z. B. Smartphones)<br />
einzudesignen. Daher ist<br />
es auch verständlich, weshalb der<br />
Hersteller seine Komponenten heute<br />
schneller abkündigt als zuvor, da die<br />
alte Generation Platz für die nächste<br />
machen muss.<br />
Ambivalente Situation<br />
Im Zusammenhang mit der in der<br />
Industrie angestrebten Produktlebensdauer<br />
(bezogen auf die Funktion)<br />
von sechs bis zehn Jahren entsteht<br />
somit eine ambivalente Situation.<br />
Wollen wir künftig nicht unerwartet<br />
und gefühlt immer häufiger<br />
in eine Obsoleszenzfalle treten,<br />
bleibt uns nur der Weg einer intelligenten<br />
Lösung. Diese wird ermöglicht<br />
durch die Nutzung eines proaktiven<br />
bzw. strategischen Obsoleszenz-Managements.<br />
Betrachtet man nun verschiedene<br />
Varianten des Umgangs mit Obsoleszenzen,<br />
trifft man auf reaktives,<br />
proaktives und strategisches Obsoleszenz-Management.<br />
Reaktive Obsoleszenz-<br />
Management<br />
Das reaktive Obsoleszenz-<br />
Management ist hierbei die Variante,<br />
die erst greift, wenn das Problem<br />
schon da ist. Das Abkündigungsschreiben<br />
des Herstellers liegt<br />
vor - jetzt wird die Zeit knapp, um<br />
eine sichere und kostenoptimierte<br />
Lösung zu finden. Teure Zukäufe,<br />
die endlose Suche nach adäquaten<br />
Alternativen, Redesigns, die<br />
die Performance des Produktes<br />
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