OWL Magazin Ausgabe 27
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Region 53<br />
Eintauchen<br />
Loslösen<br />
tags im darauffolgenden Jahr brachten den<br />
Durchbruch im Bemühen, das Gedenken<br />
an die Leiden der sowjetischen Kriegsgefangenen<br />
„aus dem Erinnerungsschatten“<br />
herauszuholen, wie Gauck es an den Gräbern<br />
der Kriegsgefangenen im Sennesand<br />
formuliert hatte.<br />
Durchstoßen<br />
Verschwinden<br />
Überparteiliche Bewegung<br />
Illustrationen: Atelier Brückner, Stuttgart<br />
Den 16. Dezember 2020 dürften die vielen<br />
Mitstreiter für die groß angelegte Idee rot<br />
im Kalender angestrichen haben. Denn<br />
an diesem Tag beschloss der Düsseldorfer<br />
Landtag einstimmig, weitere 25 Millionen<br />
Euro für die Errichtung einer bedeutenden<br />
Gedenkstätte bereitzustellen. Damit sind<br />
Garbrecht und die vielen anderen, die sich<br />
für das Projekt Stalag 326 einsetzen, am<br />
Ziel. 25 Millionen Euro vom Bund, 25<br />
Millionen Euro vom Land NRW – das<br />
Geld für die Errichtung eines würdigen<br />
Erinnerungsortes in Stukenbrock für die<br />
nach den Juden zweitgrößte Opfergruppe<br />
des verbrecherischen NS-Regimes steht<br />
bereit.<br />
In der Zeit vom 10. Juli 1941 bis zur Befreiung<br />
durch die amerikanische Armee<br />
am 2. April 1945 wurden rund 180.000<br />
bis 200.000 sowjetische Kriegsgefangene<br />
im Stalag 326 kaserniert. Das sogenannte<br />
Russenlager diente vor allem der Bereitstellung<br />
von Arbeitskräften. Von den<br />
etwa 5,3 bis 5,7 Millionen sowjetischen<br />
Kriegsgefangenen, die insgesamt in deutsche<br />
Gefangenschaft gerieten, überlebten<br />
zwischen 2,3 bis 3 Millionen die Gefangenschaft<br />
nicht. Die meisten starben an<br />
Unterernährung und schwerwiegenden<br />
Erkrankungen sowie an den Folgen der<br />
Arbeitseinsätze.<br />
Jahrzehntelang hatten ehrenamtliche<br />
Gruppen, von der politisch zunächst<br />
umstrittenen Initiative „Blumen für<br />
Stukenbrock“ bis zu den engagierten<br />
Mitgliedern des Fördervereins Stalag<br />
326, die Erinnerung an die Gräuel des<br />
Kriegsgefangenenlagers aufrechterhalten.<br />
Ein Besuch von Bundespräsident Joachim<br />
Gauck im Mai 2015 zum 70. Jahrestag des<br />
Weltkriegsendes in Stukenbrock und ein<br />
einstimmiger Beschluss des NRW-Land-<br />
Endlich war die Erinnerung an Stalag 326<br />
nicht mehr nur eine Sache der Linken, von<br />
der Bürgerliche und Konservative sich<br />
fernhielten. Es entstand eine überparteiliche<br />
Bewegung, an deren Spitze sich<br />
der 2017 neu gewählte Landtagspräsident<br />
André Kuper (CDU) stellte. „Mit diesem<br />
Ort ist ein klarer Auftrag verbunden“,<br />
sagt Kuper, der als Landtagsabgeordneter<br />
in Düsseldorf den südlichen Kreis<br />
Gütersloh vertritt. „Der Auftrag lautet,<br />
die Erinnerung an die Folgen und Opfer<br />
von Diktatur, Krieg und Terror und das<br />
damit für die Menschen verbundene Leid<br />
für die Zukunft zu bewahren.“<br />
Ein Lenkungskreis, in dem Vertreterinnen<br />
und Vertreter aller Parteien, der Kommunen,<br />
des Regierungspräsidiums, des Landschaftsverbandes<br />
und vor allem auch des<br />
Fördervereins vertreten waren, trieb das ▷<br />
So könnte die Gedenkstätte aussehen.<br />
„Das in der Machbarkeitsstudie konzipierte<br />
räumliche Konzept schafft eine<br />
Dramaturgie, die den authentischen<br />
Ort mit seinen Spuren und einem<br />
narrativen Ausstellungskonzept für die<br />
Besucherinnen und Besucher erfahrbar<br />
macht. Der zu konzipierende Neubau der<br />
neuen Gedenkstätte soll dabei neben den<br />
funktionalen Ansprüchen auch narrativ<br />
in das Gedenkstättenkonzept eingefügt<br />
werden. Vom ‚Eintauchen‘ bis zum<br />
‚Loslösen‘ werden verschiedene Blickpunkte<br />
und Bezüge zwischen Gebäude<br />
und Gelände geschaffen. Wir freuen uns,<br />
dass das Atelier Brückner zum Erfolg des<br />
Projektes beitragen konnte“, erläutert<br />
Shirin Brückner von der Geschäftsleitung<br />
des Stuttgarter Ateliers.