OWL Magazin Ausgabe 27
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60 Tourismus<br />
Das Naturschutzzentrum Senne hat schon 1999 ein Beweidungsprojekt<br />
mit Senner Pferden initiiert, das mittlerweile von der<br />
Biologischen Station Kreis Paderborn-Senne weitergeführt wird.<br />
▷<br />
5.000<br />
Tier- und Pflanzenarten<br />
900<br />
gefährdete Arten<br />
der Roten Liste<br />
250 km 2<br />
Fläche, davon 116 km 2<br />
Truppenübungsplatz<br />
40 km<br />
Ausdehnung<br />
Bielefeld – Paderborn<br />
15 km<br />
Ausdehnung<br />
Hövelhof – Augustdorf<br />
Wer sich wandernd und mit allen Sinnen<br />
auf die Senne einlässt, entdeckt eine Landschaft<br />
von unvergleichlichem Reiz. Durch<br />
ihre lichten Wälder und weiten Heiden,<br />
entlang ihrer kristallklaren Bäche und<br />
hohen Binnendünen gibt es Wege, auf<br />
denen Wanderer und Spaziergänger die<br />
unterschiedlichen Lebensräume auf Sand<br />
entdecken und intensiv erleben können.<br />
Sechs kurze Touren sind bereits seit 2017<br />
geöffnet, in diesem Jahr kommt der mehr<br />
als 70 Kilometer lange Rundweg „Senne<br />
für alle Sinne“ hinzu.<br />
„Einige Wege sind Teil des Naturschutz-<br />
Großprojekts, das vor knapp 20 Jahren<br />
begann“, erklärt Peter Rüther, Leiter der<br />
Biologischen Station Paderborn-Senne.<br />
Mit solchen Projekten unterstützt das<br />
Bundesamt für Naturschutz „die langfristige<br />
Sicherung repräsentativer Naturräume<br />
mit gesamtstaatlicher Bedeutung“.<br />
Davon gibt es bundesweit nur ein paar<br />
Dutzend. Zudem zählt das Bundesamt<br />
die Senne zu den „30 Hotspots der biologischen<br />
Vielfalt in Deutschland“.<br />
Die Ochsentour<br />
bei Oerlinghausen<br />
Was die Senne so bedeutsam und einzigartig<br />
macht, lässt sich kaum mit wenigen<br />
Worten erklären, dafür umso leichter auf<br />
den wunderbaren Wegen erleben. Zum<br />
Beispiel auf der Ochsentour, die ihrem<br />
Namen zum Trotz lediglich neun Kilometer<br />
lang, nahezu steigungsfrei und eine<br />
wichtige Route für Zauneidechsen ist. Der<br />
Rundweg führt östlich von Oerlinghausen<br />
durch einen ehemals dichten Wald,<br />
in dem seit kurzem Exmoor-Ponys und<br />
„Ochsen“ – genauer gesagt: Schottische<br />
Hochlandrinder – weiden. „Diese Tiere<br />
spielen eine wichtige Rolle für die Biotop-<br />
Vernetzung“, sagt Peter Rüther.<br />
„Durch den ehemals dichten, schattigen<br />
und kühlen Wald konnten die Reptilien<br />
nicht zwischen den sonnigen und warmen<br />
Lebensräumen hin- und herwechseln.<br />
Deshalb wurde der Wald mit forstlichen<br />
Maßnahmen aufgelichtet. Dass er nicht<br />
wieder zuwächst, dafür sorgen künftig<br />
die Rinder und Ponys.“<br />
Neue Wege für<br />
Zauneidechsen<br />
Ursprünglich waren dafür übrigens die<br />
Senner Pferde zuständig, die hier ein<br />
weitgehend freies und unbeschwertes<br />
Leben führten und lediglich einmal pro<br />
Jahr auf ihre Tauglichkeit für den Militärdienst<br />
oder als Reit- und Jagdpferde<br />
gemustert wurden – aber dazu später<br />
mehr. „An dieser Stelle konnten wir<br />
keine Senner Pferde einsetzen, da sie zu<br />
neugierig und zu temperamentvoll sind.<br />
Hochlandrinder und Exmoor-Ponys sind<br />
zurückhaltender und lassen die Wanderer<br />
in Ruhe“, so Rüther.<br />
In dieser nun wieder parkartigen Landschaft<br />
mit vielen Lichtungen und alten<br />
Solitärbäumen, mit Heideflächen und<br />
Gebüschen kommt natürlich nicht nur die<br />
Zauneidechse gut voran, auch andere Tiere<br />
leben hier auf. So lassen sich mit wenig<br />
Glück seltene Vögel wie Ziegenmelker und<br />
Neuntöter beobachten, hoch in der Luft<br />
singen sommers Heidelerchen ihr typisches<br />
Lied und unterschiedliche Spechte bauen in<br />
den alten Bäumen ihre Nisthöhlen.<br />
Eiszeiten schufen die Senne<br />
Da die Senne, da diese Landschaft am<br />
Übergang von den Mittelgebirgen in die<br />
norddeutsche Ebene noch mehr Vielfalt zu<br />
bieten hat, erschließen weitere Wege noch<br />
viele andere Lebensräume. So führt der<br />
Holzweg durch die Stapellager Schlucht<br />
und auf den Teuto-Kamm mit seinem<br />
charakteristischen Buchenwald. Mit<br />
Hilfe einer App lernen Wanderer auf dem<br />
Baumarten-Pfad die unterschiedlichen<br />
Gehölze näher kennen. Und der Dünenpfad<br />
durchs Augustdorfer Dünenfeld<br />
führt deutlich vor Augen, warum sich die<br />
Senne von fast allen übrigen Lebensräumen<br />
in Deutschland unterscheidet: Sand.<br />
„Der entstand während der vorletzten<br />
Eiszeit vor rund 200.000 Jahren“, weiß<br />
Birgit Hübner, Geschäftsführerin des<br />
Naturparks Teutoburger Wald / Eggegebirge.<br />
„Das Gletschereis schleifte ihn von<br />
den Sandstein-Kämmen des Teutoburger<br />
Waldes ab. Und als die Eismassen abtauten,<br />
sammelte er sich in einem großen<br />
Schmelzwassersee am Fuß des Gebirges.“<br />
Binnendünen wie die bei Augustdorf<br />
entstanden dann während der letzten<br />
Kaltzeit, die vor gut 10.000 Jahren endete.<br />
Damals war OstWestfalenLippe zwar<br />
eisfrei, aber doch so kalt, dass es kaum<br />
Vegetation gab. Die scharfen Winde hatten<br />
also leichtes Spiel mit dem lockeren<br />
Sand. „Wie heftig die Stürme gewesen sein<br />
müssen, sieht man auch daran, dass der<br />
Sand bis auf die Gebirgskämme hinaufgeweht<br />
wurde.“<br />
Militär schützt die Natur<br />
Dass die Dünen, dass die Senne insgesamt<br />
als einzigartige Naturlandschaft erhalten<br />
blieb, hat unterschiedliche Gründe, vor<br />
allem aber diesen: Der Sandboden ist<br />
unfruchtbar und taugte früher nicht für