sortimenterbrief Juli/August 2021 - jubiläumsausgabe

auf der suche nach dem zuhause
wunderschön wie Sie schreiben –
manchmal erinnern mich die Kapitel
an eine Art Märchen, das ich einfach
lesend genießen kann. Aber ich kann
die Oberfläche auch verlassen und
über viele Ihrer Gedanken in den
Geschichten nachdenken, sie in Bezug
zu meinem Leben setzen.
Mikosch: Vieles, was ich in Geschichten
verpacke, kennt man ... aber es fristet
ein vom Alltag verschüttetes Dasein.
Vielleicht gelingt es mir, manches
wieder ans Tageslicht zu bringen – in
Erinnerung zu rufen. Eigentlich wissen
wir alle, wie ein zufriedenes Leben
funktioniert, tragen den Schlüssel dazu
in uns.
Und es ist auch viel Neues verpackt.
Wie beispielsweise im aktuellen Buch:
Zuhause empfinden in der Kreativität,
in der Sehnsucht, in der Stille, im
Mitgefühl ... viele Zugänge zu einem
großen Thema.
Mikosch: Wenn ich auf die Welt blicke,
frustriert es mich, dass viele Dinge
anders gemacht werden könnten –
Welthunger, Klimakrise, Krieg, Flüchtlinge
etc. –, aber wir tun es nicht. Das
gilt auch für die persönliche Ebene.
Muss ich mir so viele Sorgen über das
Morgen machen – über eventuelle
Schwierigkeiten? Oder kann ich auch im
Jetzt leben? Machen wir doch etwas aus
dem Moment und genießen ihn!
Kann man daheim, aber doch nicht zu
Hause sein?
Mikosch: Es ist schlimm für Menschen,
die das so empfinden, vielleicht auch aus
einer solchen Situation nicht herauskönnen
– beispielsweise aus Partnerschaften
...
Ich glaube, dass das Gefühl von einem
Zuhause auch damit zu tun hat,
dass man sein kann, wie man ist. In
der Gesellschaft aber auch im ganz
Privaten – in einer Partnerschaft.
Mikosch: Es ist auch möglich, ein
Zuhause in sich selbst zu finden. Das
brächte nämlich den Vorteil mit sich,
dass man sich überall zu Hause fühlt,
wo man sich gerade befindet. Dann
wird es auch zweitrangig, mit wem oder
wo ich lebe. Natürlich ist das schwierig.
Manchmal glaubt man auch, es gefunden
zu haben. Dann passiert etwas
von außen – und schon fühlt man sich
wieder schlecht (lacht). Ich kenne das.
Gibt es eine Lieblingspassage im eigenen
Buch?
Mikosch: Für mich steckt viel Wahrheit
und Stärke in der Überlegung: Zuhause
ist dort, wo ich hinwill, wenn ich krank
bin – oder wenn es mir schlecht geht.
Wo kann ich meine Schwachheit, meine
Zerbrechlichkeit herzeigen und heilen?
Wenn es uns gut geht, ist das Zuhause
überall – dann ist die Welt mein Zuhause.
Wenn es uns schlecht geht, ist es
nirgendwo ...
Ich formulierte einmal: Ich bin dort zu
Hause, wo meine Bücher stehen ... Wie
wichtig ist es, sich zu Hause zu fühlen?
Mikosch: Wir leiden, wenn wir das
Gefühl nicht haben. Dann wächst die
Suche danach, die uns wiederum aus
dem Jetzt herauszieht. Aber apropos
Bücher: Ich arbeitete während meiner
Schulzeit in einem Schallplatten-Laden,
war auch als DJ aktiv, habe aber vor 15
Jahren all meine Schallplatten verkauft.
Vor einigen Monaten begann ich damit,
mir wie wild wieder Schallplatten
zu kaufen. Schallplatten sind auch in
gewisser Weise mein Zuhause.
Können auch Gerüche ein Gefühl von
Zuhause vermitteln?
Mikosch: Sie können auf jeden Fall ganz
stark an ein Zuhause erinnern. Sich zu
Hause zu fühlen – egal wodurch oder
worin –, macht uns glücklich ...
Danke für das Gespräch!
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sortimenterbrief 7–8/21
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