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der gemeinderat Juli/August 2021

Unsere Themen der Doppelausgabe Juli/August: Luftreiniger, Smarte Städte, Top-Studienführer

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Durchgeplant: Der brachliegende Entwässerungsgraben dient künftig als Retentionsfläche und naturnaher Erholungsraum zugleich. Das Bauprojekt in<br />

Kirchheim unter Teck will zudem das Miteinan<strong>der</strong> <strong>der</strong> Bewohner durch Gemeinschaftsflächen för<strong>der</strong>n.<br />

Freiraumplanung<br />

Lösungen für die<br />

Aufgaben unserer Zeit<br />

Die Monofunktionalität von Räumen können wir uns zukünftig nicht mehr<br />

leisten, findet Gastautor Hannes Bäuerle. Mit einem preisgekrönten Projekt<br />

seines Planungsbüros liefert er ein Beispiel, wie Retentionsflächen sozial und<br />

ökologisch wertvoll in die Quartiersplanung integriert werden können.<br />

Wie kann ein Wandel hin zu einer<br />

sozialen Ökologisierung<br />

unseres Lebensumfelds gelingen?<br />

Hierfür braucht es ein Um- und Neudenken<br />

in <strong>der</strong> Entwicklung und Nutzung<br />

des vorhandenen Bodens. Unsere Ressourcen<br />

sind endlich, auch die <strong>der</strong> verfügbaren<br />

Flächen. Der immer weiter fortschreitende<br />

Wegfall von land- und forstwirtschaftlicher<br />

Nutzung und das Versiegeln<br />

des offenen Bodens führt unter<br />

an<strong>der</strong>em zu solch katastrophalen Ereignissen<br />

wie in diesem Sommer in Nordrhein-Westfalen<br />

o<strong>der</strong> Rheinland-Pfalz.<br />

Retentions- und Verdunstungsräume<br />

fehlen vielerorts, Pflanzflächen und Gehölzstrukturen,<br />

die <strong>der</strong> Erosion durch<br />

Wind und Wasser entgegenwirken können,<br />

werden baulich umgenutzt, vor allem<br />

im besiedelten Bereich. Gleichzeitig<br />

besteht ein Mangel an Freiflächen im<br />

nahen Lebens- und Wohnumfeld. Räume<br />

für soziales Miteinan<strong>der</strong>, Spiel- und Bewegungsangebote<br />

für alle Generationen<br />

sowie Flächen zur Selbstaneignung mit<br />

nutzungsoffenen Möglichkeiten fehlen<br />

flächendeckend in bewohnten Gebieten.<br />

Dabei sind es gerade diese Orte, die von<br />

höchster Wertigkeit für unsere Gesellschaft<br />

und unser Lebensumfeld sind. Jedoch<br />

erfahren sie bisher wenig Wertschätzung,<br />

auch im monetären Sinn.<br />

Die Monofunktionalität von Räumen,<br />

beispielsweise als reine Bau-, Parkierungs-<br />

o<strong>der</strong> Freifläche können wir uns<br />

künftig nicht mehr leisten. Wir benötigen<br />

Flächen, die vielfache Nutzungen übernehmen<br />

können. Gleichzeitig müssen sie<br />

wirtschaftlich umsetzbar sein sowie<br />

langfristig in <strong>der</strong> Unterhaltung funktionieren.<br />

Klimatische, ökologische und soziale<br />

Aspekte müssen gleichermaßen Beachtung<br />

finden.<br />

FLÄCHEN BRAUCHEN MEHRFACHNUTZEN<br />

Die fehlenden Freiraumangebote zur Freizeitgestaltung<br />

sowie <strong>der</strong> nicht vorhandene<br />

Retentionsraum für Nie<strong>der</strong>schläge<br />

in bebauten Gebieten schließen sich als<br />

gemeinsame Nutzung einer Fläche bisher<br />

fast immer aus. Dabei können bei geeigneter<br />

Flächenbeschaffenheit und ortsangepasster<br />

Planung hier multifunktionale<br />

Räume entstehen, die eine hohen Aufenthaltsqualität<br />

bieten und gleichzeitig als<br />

Klimaraum mit Verdunstungskühlung<br />

und Versickerung dienen.<br />

Vielerorts gibt es in bebauten Gebieten<br />

keine Zugänge und Aufenthaltsmöglichkeiten<br />

für Menschen an Gewässern.<br />

Gleichzeitig fehlt kanalisierten Flüssen<br />

o<strong>der</strong> Bächen <strong>der</strong> Raum zur Überflutung<br />

o<strong>der</strong> Retention. Auenbereiche an Gewäs-<br />

Foto: Bäuerle Landschaftsarchitektur + Stadtplanung<br />

Öffentlicher Raum<br />

sern bieten vielfältige Habitate für<br />

Pflanzen und Tiere und leisten einen<br />

wichtigen Beitrag zum Artenschutz.<br />

Durch nachhaltige Planung und Umsetzung<br />

kann eine Aufwertung erzielt werden,<br />

die vielfache Nutzungen auf einer<br />

Fläche bietet und gleichzeitig für ein<br />

ausgewogenes Miteinan<strong>der</strong> sorgt.<br />

KLIMAGERECHT PLANEN<br />

Wie solch eine Umsetzung für die Zukunft<br />

aussehen kann, zeigt das nachfolgende<br />

Beispiel eines Wettbewerbs<br />

aus Kirchheim unter Teck in Baden-Württemberg,<br />

<strong>der</strong> von unserem<br />

Büro gemeinsam mit UTA Architekten<br />

entworfen und mit dem ersten Preis ausgezeichnet<br />

wurde. Auf einem ehemaligen<br />

und brachliegenden Güterbahnhofsareal<br />

wird künftig ein Wohnquartier<br />

entstehen, welches unter sozialen,<br />

ökologischen und klimatischen<br />

Gesichtspunkten geplant und umgesetzt<br />

werden soll. Ebenso sind die Themen<br />

Mobilität <strong>der</strong> Zukunft, Car- und<br />

Bike- Sharing sowie <strong>der</strong> naheliegende<br />

ÖPNV wichtige Bestandteile <strong>der</strong> Konzeption.<br />

„Wir benötigen Flächen,<br />

die vielfache Nutzungen<br />

übernehmen können.<br />

Gleichzeitig müssen sie<br />

wirtschaftlich umsetzbar<br />

sein sowie langfristig in<br />

<strong>der</strong> Unterhaltung<br />

funktionieren.“<br />

Hannes Bäuerle<br />

Die langgestreckte Entwicklungsfläche<br />

liegt parallel zur S-Bahn-Verbindung<br />

und in naher Umgebung bestehen<strong>der</strong><br />

Wohnquartiere. Im Zentrum des Gebietes<br />

befindet sich ein brachliegen<strong>der</strong> Entwässerungsgraben,<br />

<strong>der</strong> jedoch funktional<br />

und gestalterisch nicht den aktuellen<br />

Anfor<strong>der</strong>ungen entspricht.<br />

KALTE LUFT FÜRS QUARTIER<br />

Ausgehend von <strong>der</strong> Bestandssituation<br />

wurde die zukünftige Bebauung so gesetzt,<br />

dass Kaltluftströme weiterhin für<br />

eine Be- und Entlüftung des Quartiers<br />

sorgen und gleichzeitig attraktive und<br />

funktionale Wohnangebote für alle Einkommensschichten<br />

entstehen können.<br />

In kleineren Hofgruppen, mit Angeboten<br />

für die Gemeinschaft in den Erdgeschossen,<br />

entstehen kommunikative<br />

Räume, die <strong>der</strong> Begegnung und dem<br />

Austausch zur Verfügung stehen und<br />

gleichzeitig für Kleinkin<strong>der</strong> Spiel- und<br />

Bewegungsangebote schaffen.<br />

Der brachliegende Entwässerungsgraben<br />

wird weiterhin als Retentionsraum<br />

zur Verfügung stehen, mehr Nie<strong>der</strong>schläge<br />

zwischenspeichern können<br />

und gleichzeitig ein attraktiver Ort für<br />

alle Generationen werden. Spiel-, Sportund<br />

Bewegungsangebote bieten vielfältige<br />

Möglichkeiten und im Schatten bestehen<strong>der</strong><br />

sowie neuer Bäume kann die<br />

Gemeinschaft zusammenkommen.<br />

STARKREGEN VERSICKERN LASSEN<br />

Im Starkregenereignis kann die Fläche<br />

überflutet werden und gibt die Wassermassen<br />

über Versickerungseinrichtung<br />

zielgerecht an den Boden ab. Naturnahe<br />

Gewässerrandstreifen mit Gehölzstrukturen<br />

bieten den angesiedelten Arten<br />

Lebens- und Nahrungsraum und schaffen<br />

so einen Ausgleich zum Eingriff<br />

durch die Baumaßnahmen.<br />

Dieses Beispiel zeigt, wie wir multifunktionale<br />

Freiräume schaffen und<br />

ausbilden können und dabei den Anfor<strong>der</strong>ungen<br />

einer klimagerechten, sozialverträglichen<br />

und umweltsichernden<br />

Planungs- und Bauweise gerecht<br />

werden können. Lösungen für die Aufgaben<br />

unserer Zeit for<strong>der</strong>n Visionen und<br />

Konzepte, die weit über die Planungsund<br />

Bauzeit hinausgehen. Planen für<br />

die Zukunft und nicht aus <strong>der</strong> Vergangenheit,<br />

das ist unsere Aufgabe.<br />

<br />

Hannes Bäuerle<br />

DER AUTOR<br />

Hannes Bäuerle ist Freier Landschaftsarchitekt<br />

und Freier Stadtplaner mit Bürositz in<br />

Stuttgart. Er ist Mitglied im Bund Deutscher<br />

Landschaftsarchitekten (BDLA) und Mitglied<br />

im Städtebauausschuss <strong>der</strong> Landeshauptstadt<br />

Stuttgart.<br />

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