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HILFE,
ICH WOHNE
ENDLICH
ALLEINE!
Die erste Wohnung für sich allein, ist ein großer
Meilenstein in Sachen Erwachsenwerden.
Über lauten Sex als Waffe, Leben am Rande der
Zivilisation, Überforderung durch Privatsphäre
und den ewigen Zyklus des Putzens.
Von Nada El-Azar und Gracia Ndona , Collagen: Zoe Opratko
© unsplash.com/ Annie Spratt / Artem Makarov / Izz R / James Barr
Bei meiner ersten Wohnungsbesichtigung
war ich genauso
nervös, wie bei meinem
ersten Bewerbungsgespräch.
Die Maklerin im schwarz-weißen Kostüm
erklärte mir routiniert, was alles in
dieser Einzimmerwohnung passierte und
passieren soll, bevor ein neuer Mieter –
vielleicht ja ich? - der leeren Bude Leben
einhauchen würde. Die Wohnung befand
sich in meiner absoluten Traumgegend
beim Wiener Augarten – Provision, Kaution
und Mietzins waren erschwinglich. Ich
erinnere mich, wie ich versuchte, mich
in der Wohnung vorzustellen, mit dem
Gedanken, dass dies mein neuer Lebensmittelpunkt
werden könnte. Es war gar
nicht so einfach, innerhalb von 20 Minuten
nachzuvollziehen, ob ich mich dort
einleben könnte, in diesen mir bis dahin
fremden, leeren Räumlichkeiten. „So
eine Wohnung, zu diesem Preis, in dieser
Gegend - ist schnell vergriffen“, erklärte
mir die resolute Frau mit dem Klemmbrett
unterm Arm. Ich verstand das als
Zeichen, mir mit meiner Entscheidung
nicht zu lange Zeit zu lassen. Gesagt,
getan. Es vergingen keine zwei Tage,
bis ich das Angebot annahm. Es war der
Beginn eines neuen Lebensabschnittes,
in einer Zeit, die durch die Pandemie
ohnehin aus den Fugen geraten war.
Das ist alles nun genau ein Jahr her, im
September 2020 wurde ich zum ersten
Mal Hauptmieterin und wohnte fortan
ganz allein.
DIE WÄNDE
SCHWIEGEN LAUT
Tage- oder wochenlanges Durchforsten
von Anzeigenportalen, Wohnungsbesichtigungen,
viel Papierkram, große
Möbel-Schleppaktionen, die Verzweiflung
beim Zusammenbau von Schränken,
reichlich Pizza und Döner essen in den
ersten Wochen – der Einzug in die erste
eigene Wohnung ist kein Kinderspiel.
Diesen großen Schritt ins Erwachsenenleben
vergisst man nie. Meine Vorfreude
auf die eigenen vier Wände wurde
damals von großen Ängsten begleitet.
Hatte ich etwas übersehen? Was ist,
wenn ich plötzlich eine riesengroße
Rechnung bekomme? Was, wenn mir das
Leben alleine gar nicht gefällt? Ich kam
schließlich aus einer Langzeitbeziehung,
inklusive einer geteilten Wohnung. Der
Lockdown hatte diese Wohnung jedoch
zum Käfig zusammengestaucht – die
eigene Privatsphäre war mehr als nötig.
Ich durchlebte einen Abnabelungsprozess,
in Phasen. Mal liebte ich es,
einfach laut Musik zu hören und herumzutanzen
wie eine Verrückte, mal fühlte
ich mich schrecklich einsam und konnte
förmlich hören, wie laut meine eigenen
vier Wände schwiegen.
Auch Tamara ging es ähnlich. Die
Sozialarbeiterin entschloss sich ebenfalls
vergangenes Jahr dazu, alleine zu leben.
Sie hatte weniger Glück und erwischte
den Lockdown in voller Härte. Die Möbelbestellungen
bei IKEA ließen aufgrund
der vielen Onlinebestellungen lange auf
sich warten, die Wohnung wurde nur
langsam bewohnbar. „Ich hätte auch
gerne einen besseren Überblick darüber
gehabt, welche Strom- und Gasanbieter
es überhaupt gibt und wie schnell
ich mich für einen davon entscheiden
muss“, erinnert sie sich. „Außerdem
schimmelte mein Vorraum in der Wohnung
und die Hausverwaltung reagierte
erst auf meine Anfragen, als ich mit einer
Klage drohte!“, so die 26-Jährige. Tamara
kam aus einer noch längeren Beziehung
und meinte, es hätte ganze drei bis
vier Monate gedauert, bis sie sich daran
gewöhnte, das Bett ganz für sich alleine
zu haben. „Mittlerweile finde ich es aber
so besser und bereue gar nichts“, fügt
sie hinzu.
„WIR HATTEN
ABSICHTLICH BESONDERS
LAUTEN SEX.“
Anders ging es Marija. Sie zog vor vier
Jahren als Studentin in eine Wohnung im
Haus ihrer serbischen Oma. Zwar lag das
Haus im 14. Bezirk am Rande von Wien,
weit abwärts von Hütteldorf, dafür musste
sie dort keine Miete zahlen, sondern
nur die Betriebskosten. Und einen großen
Garten für ihren Hund gab es auch
noch – also eigentlich ein guter Deal.
Doch nach wenigen Monaten stellte sich
das als eine Fehleinschätzung heraus.
Marijas Oma freute sich nämlich ein
wenig zu sehr über Gesellschaft im abge-
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