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BIBER 09_21 OLAOLA

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Endlich alleine! Und jetzt: Wie melde ich Strom an? Wieviel kostet eine

Haushaltsversicherung? Keine Sorge, wir haben alle Antworten parat!

legenen Haus. „Ich schwöre! Manchmal

stand die Frau einfach mitten in meiner

Wohnung. Das war schon sehr unangenehm,

besonders als mein damaliger

Freund immer wieder zu Besuch war. Um

zu verhindern, dass sie an der Tür stehen

bleibt, hatten wir absichtlich besonders

lauten Sex“, erinnert sich die 29-Jährige.

Ständig klopfte ihre Oma an die Tür,

und wenn es nur um übrig gebliebene

Salami im Kühlschrank ging. Im Sommer

schätzte Marija die Nähe zum Grünen

und machte gerne ausgiebige Spaziergänge

mit ihrem Hund im Wienerwald.

Im Winter verwandelte sich ihre Straße

jedoch in eine graue und trostlose, kalte

„Enklave für alte Menschen“, wie sie

beschreibt.

„Meine Freundinnen wollten irgendwann

nicht mehr zu mir nach Hause

kommen. Eine von ihnen wohnte am

anderen Ende von Wien in Favoriten, die

Fahrt allein dauerte schon anderthalb

Stunden. In den Ferien kam der Bus zur

nächsten U-Bahnstation in Hütteldorf

auch nur alle 30 Minuten! Es war eine

Odyssee.“ Bis sich Marija ihre ersten

eigenen vier Wände in der Stadt leistete,

verging einige Zeit. „Es war schon verrückt

damals bei meiner Oma. Ich konnte

mir ja zu Beginn nicht mal die Betriebskosten

leisten und daher wohnte auch

meine beste Freundin mit mir auf diesen

lächerlichen 40 Quadratmetern, und die

Freundin musste sogar im Wohnzimmer

schlafen, das ein Durchgangszimmer

war“, lacht sie. Da der Kühlschrank sich

nicht in der Wohnung, sondern im Keller

des Hauses befand, verhandelten Marija

und ihre Freundin jeden Tag aufs Neue,

wer denn in der Früh die Milch für den

Kaffee holen und so eine Begegnung mit

ihrer Oma riskieren würde. „Das wurde

aber zu einer Art Spiel, und wir nahmen

es mit Humor“, so die Wienerin mit serbischen

Wurzeln.

INTERNET:

EIN ONE-STOP-SHOP?

Mit dem Einzug in die Wohnung ist es

aber niemals getan. Auch das richtige

Haushalten will gelernt sein. Aziz, der ein

Wiener mit libanesischen Wurzeln ist,

und in einer größeren Familie aufwuchs,

unterschätzte nach seinem Umzug, wie

viel Zeit das Putzen und Wegräumen

in Anspruch nehmen würde. „Ich habe

mich total geirrt, wie viel Zeit das Ganze

mit dem Haushalt eigentlich in Anspruch

nimmt. Als ich noch bei meinen Eltern

gewohnt habe, konnte ich ein Glas in die

Küche stellen und es verschwand irgendwann

einfach. Wenn ich aber heute in

meiner Wohnung ein Glas irgendwo lasse

– Bruder, steht es für immer dort, wenn

ich es nicht wegräume“, winkt er ab.

„Man muss dieses Verständnis ablegen,

dass sich alles von alleine regelt, und

Verantwortung übernehmen“, so der

28-Jährige.

Katarzyna kommt ursprünglich aus

Polen und kam zu Studienzwecken vor

fünf Jahren nach Wien. Zuvor wohnte sie

schon in diversen WGs. Für sie war der

Schritt zur eigenen Wohnung auch eine

Kostenfrage. „Also ich hätte wirklich gerne

gewusst, wie teuer Putzzeug eigentlich

ist!“, verrät die 25-Jährige. „Aber

eine Freundin von mir hatte wirklich

überhaupt keine Ahnung, was zu tun war

nach dem Umzug. Sie ging tatsächlich

einfach zum Media Markt, um sich dort

Internet zu kaufen. Wirklich, sie dachte,

dass man mit dem einmaligen Kauf eines

Routers einfach Internet zuhause hätte“,

schüttelt sie den Kopf.

MÄNNER WIE SCHRÄNKE

Letztlich gilt beim Einleben in der ersten

eigenen Wohnung, wie so oft, das Motto:

Learning by doing. Ich wusste, dass man

einen Internetvertrag abzuschließen

hatte, und eine Haushaltsversicherung,

und so weiter. Nach etwa zwei Monaten

hatte ich die Wohnung gemütlich eingerichtet,

von der Küchenzeile bis zum

Orientteppich war endlich alles da. An

© unsplash.com/ Candice Picard / Beazy / Erda Estremera / Liuba Bilyk / Redd / Kam Idris / Maria Ziegler / Annie Spratt / The Creative Exchange / Ryan Christodoulou / Samuel Foster, Alp Duran, cleanpng.com

einem herbstlichen Samstagabend ging

ich allerlei Snacks für einen gemütlichen

Filmabend mit einem Freund einkaufen.

Zu Hause vernahm ich ein merkwürdiges,

plätscherndes Geräusch. Und ich

fand schnell die Ursache: In meinem

Badezimmer tropfte es von der Decke

und der Fliesenboden war komplett nass.

Wie durch ein Wunder verpassten die

dicken Tropfen die Steckdose meiner

Therme und ich klopfte an die Haustür

meiner Nachbarn auf der Etage über mir

– vergeblich. Es war schließlich Samstag,

und auch meine unmittelbaren Nachbarn

waren nicht zu Hause.

Das darf doch nicht wahr sein,

dachte ich mir und versuchte verzweifelt

meine Maklerin zu erreichen, weil

ich nicht wusste, was ich tun sollte. Sie

erklärte mir am Telefon, dass ich die

Feuerwehr alarmieren sollte. Und wieder:

Gesagt, getan. Eine Stunde später standen

fünf Feuerwehrmänner, jeder von

ihnen gebaut wie mein Kleiderschrank, in

meinem kleinen Flur. Die Frage war nun:

Sollten sie die Wohnung über mir aufbrechen,

oder nicht? Der „Anführer“ der

Einsatztruppe wehrte sich dagegen. „Es

muss in Bächen von Ihrer Decke fließen,

damit ich eine Wohnung aufbreche! Ich

habe schon ganz andere Dinge gesehen,

glauben Sie mir“, beschwichtigte er

mich. Schlussendlich konnte ich das Herz

eines seiner Kollegen erweichen, indem

ich auf die letzten, unausgepackten Kisten

im Wohnzimmer zeigte und erzählte,

dass ich doch gerade erst in diese

Wohnung gezogen war – meine erste

eigene Wohnung! Das führte dazu, dass

die Männer in Uniform sich doch darauf

einigen konnten, mit großem Krach das

Türschloss der Nachbarn über mir zu zerschmettern,

um dort, zu meiner großen

Erleichterung, einen schlimmen Wasserschaden

festzustellen.

Ich lernte an diesem Abend, dass das

eigene Bauchgefühl immer der beste

Wegweiser ist, und wie wichtig es ist,

aus seiner Komfortzone herausgehen zu

können und Verantwortung zu übernehmen.

Mein Bauchgefühl half mir dabei,

überhaupt abzuschätzen, ob meine Wohnung

die richtige für mich war. Und nun

will ich sie um nichts aufgeben. ●

DAS ABC ZUR ERSTEN

EIGENEN WOHNUNG

Du mietest deine ersten eigenen vier Wände und versinkst

im Begriffschaos? Hier einige Tipps, von A bis Z:

A

B

C

D

E

wie Aussperren

Du hast deinen Schlüssel verloren

oder zu Hause vergessen?

Einen Schlüsseldienst zu rufen

kann richtig teuer werden –

zwischen 49 und 84 Euro kann

ein Schlosser dir während der

Betriebszeiten (08:00 – 17:00)

verrechnen. An Wochenenden,

nachts oder an Feiertagen kann

eine Öffnung deiner Tür sogar

über 170 Euro kosten!

wie Beihilfe

Für alle, die ein geringes

Einkommen haben, kann die

Wohnbeihilfe Wunder wirken.

Mit dem Wohnbeihilfe-Checker

der Stadt Wien kannst du online

nachsehen, ob du die Voraussetzungen

für die Wohnbeihilfe

erfüllst und den Antrag sogar

bequem online ausfüllen!

wie Chaos

Miste deine Sachen aus, bevor

du umziehst! Marie Kondo wäre

stolz auf dich. Kombiniere das

Aufräumen mit Dingen, die du

liebst: Musik, Podcast-Hören

oder Telefonieren.

wie Dauerauftrag

Habe ich in diesem Monat

schon die Miete überwiesen?

Damit du dir diese Frage nicht

mehr stellen musst, richte im

Onlinebanking einfach einen

Dauerauftrag an deine Hausverwaltung

oder VermieterIn ein! In

der Regel sollte die Miete stets

am 1. des Monats einlangen,

das wird im Mietvertrag festgehalten.

wie Erstbezug

In vielen Wohnungsanzeigen

F

G

H

steht der Begriff „Erstbezug“.

Dabei handelt es sich um

den ersten Bezug einer neu

gebauten oder eben sanierten

Wohnung.

wie Fixkosten

Bevor du überlegst, deine erste

eigene Wohnung zu nehmen,

musst du einen Überblick über

deine Fixkosten haben. Diese

sind neben der Miete: Strom

bzw. Gas, Versicherungen, Handy-

und Internetrechnung und

Lebenserhaltungskosten.

wie GIS

Sobald du ein empfangsfähiges

Fernseh- oder Radiogerät zu

Hause stehen hast, musst du

das der GIS melden, unabhängig

davon, ob das Gerät

angeschlossen ist oder nicht!

Klopft ein GIS-Mitarbeiter bei dir

an die Tür, musst du ihn zwar

nicht reinlassen, das Gespräch

suchen solltest du aber trotzdem.

Eine Verweigerung der

Auskunft ist nämlich eine sogenannte

Verwaltungsübertretung

und kann mit bis zu 2.180 Euro

geahndet werden!

wie Hausverwaltung

Es gibt keine gesetzliche

Verankerung der Rechte und

Pflichten der Hausverwaltung

bei Mietwohnungen. Grundsätzlich

kommt die Hausverwaltung

bzw. der Vermieter für alle

Schäden auf, die die Gesundheit

der Mieter*innen gefährdet, z.

B.: Schimmel, Wasserrohrbrüche,

sowie undichte Fenster

und Leitungen. Achtung: Seit

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