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BIBER 09_21 OLAOLA

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Verzicht hat im Islam zwar eine hohe

Bedeutung, das sieht man im Ramadan.

Aber gläubig zu sein heißt nicht, asketisch

leben zu müssen. Allah hat Zinsen

verboten, aber Handel erlaubt. Musliminnen

und Muslime dürfen und sollen sogar

Unternehmen gründen, Waren produzieren,

Geld verdienen – weil sie so der

Gesellschaft einen Mehrwert bieten, weil

sie so Arbeitsplätze schaffen. Außerdem

sind wir als Musliminnen und Muslime

alle verpflichtet, die Zakāt zu zahlen. Also

ist es ja toll, wenn wir vielen Kundinnen

und Kunden dabei helfen können, Vermögen

aufzubauen, weil davon am Ende

viele profitieren, auch arme Menschen.

Welche Rückmeldungen bekommen Sie

auf Ihre Arbeit, etwa auch von anderen

deutschen Banken?

Das ist sehr gemischt. Viele Menschen

finden spannend, was wir machen,

weil es ihnen ähnlich geht wie mir am

Anfang: Sie haben ein Problem mit der

Gier im kapitalistischen Finanzsystem.

Aber wir begegnen ab und an auch groben

Vorurteilen, bis hin zur Islamfeindlichkeit

seitens deutscher Unternehmen.

Ich glaube trotzdem, dass wir mit

unserem Unternehmen Brücken bauen

können. Wir haben am Anfang überlegt,

ob wir uns Islamic Finance überhaupt auf

die Fahnen schreiben sollen. Ob wir nicht

einfach ein ganz allgemein „ethisches“

FinTech [Finanztechnologie-Unternehmen,

Anm.] sein wollen. Wir haben

uns dann bewusst für das Branding

als islamkonform entschieden, weil wir

hoffen, damit Dialog und Verständnis zu

fördern. Wenn Menschen sehen, dass

wir gute Arbeit leisten, dann assoziieren

sie in Zukunft vielleicht auch uns mit

„dem Islam“ und nicht nur die negativen

Vorstellungen, die sich in den letzten

zwanzig Jahren breitgemacht haben.

48 / KARRIERE /

Spekulationsgeschäfte

mit

Wertpapieren

wären nicht islamkonform,

da hinter

diesen Produkten

kein physischer

Wert steht. Beteiligungen

an Unternemen

sind aber

durchaus möglich.

Eine konventionelle Bank verdient ihr

Geld mit Kontogebühren und Zinsen. Wie

machen Sie Gewinn?

Wenn wir für jemanden Gold kaufen,

dann nehmen wir für diese Dienstleistung

ein Entgelt, eine sogenannte Wakala-Gebühr.

Das ist islamkonform: Für

unseren Service haben wir eine Gegenleistung

verdient, die Kosten dürfen nur

nicht exzessiv sein. Bald werden wir auch

eine Immobilienfinanzierung anbieten.

Dafür gibt es verschiedene Modelle, wir

setzen auf das Prinzip, das Diminishing

Musharaka genannt wird. Das heißt: Eine

Kund:in und wir kaufen gemeinsam ein

Objekt. Die Kund:in nutzt die Immobilie

und zahlt uns für unseren Anteil Miete.

Darüber hinaus kauft die Kund:in Monat

für Monat Anteile am Haus dazu. Somit

reduziert sich unser Mietanteil, bis das

Eigentum vollständig auf die Kund:in

übergeht. Wir berechnen in den Mietanteilen

einen Aufschlag, der uns als Profit

zusteht.

Aber ist das dann nicht das Gleiche wie

ein Darlehen, das eine Kund:in monatlich

tilgt, mit einem Aufpreis, den man

normalerweise Zinsen nennt?

Nein, wir sind gemeinsam

Eigentümer:innen eines Objekts. Somit

gibt es keine Geldleihe, sondern beide

Parteien beteiligen sich aktiv am

Geschäft. Des Weiteren kalkulieren wir

auf einer ganz anderen Basis, die losgelöst

vom Marktzins ist.

Neben dem Goldsparplan bieten Sie

auch ETF-Sparpläne an, also Sparpläne

mit Aktienfonds, die einen Börsenindex

abbilden. Damit ist INAIA dann doch im

klassischen kapitalistischen Börsenhandel

unterwegs. Wie passt das zu dem,

was Sie am Anfang gesagt haben – dass

Sie mit Zockerei und Spekulation nichts

zu tun haben wollen?

Hier muss man sich bewusst machen:

An der Börse werden unterschiedliche

Produkte gehandelt. Sehr spekulative,

wie Wertpapiere, die nur Kursschwankungen

abbilden, ohne dass dahinter

ein tatsächlicher, physischer Wert steht.

Damit zu handeln wäre nicht islamkonform.

Mit Aktienfonds hingegen erwirbt

man Beteiligungen an Unternehmen. Die

Aktien haben einen echten Gegenwert,

daher ist das in Ordnung. Wir bieten

über verschiedene Depotbanken unterschiedliche

Aktienfonds an, so können

unsere Kundinnen und Kunden selbst

entscheiden, in welche Unternehmen

sie investieren möchten und in welche

nicht. Abgesehen davon muss man auch

die eigene Intention hinterfragen, denn

auch in der Finanzwelt gilt die islamische

Überlieferung: Die Taten entsprechen

den Absichten. Ist meine Absicht, an der

Börse zu zocken, so ist das nicht halal.

Will ich aber mittel- oder langfristig mit

Aktien in ein Unternehmen investieren,

ist das mit den Vorschriften des Islam

vereinbar.

Dieser Text ist in der Sommer- Ausgabe des QAMAR

Magazin erschienen. QAMAR ist das erste muslimische

Magazin in Österreich, der Artikel erscheint im Rahmen

einer Kooperation.

Entgeltliche Einschaltung

GLOSSAR:

ISLAMIC FINANCE

Amanah

Treuhänderschaft

Gharar

Verträge mit hoher Unsicherheit, sprich Spekulation

Ijara

Leasingvertrag

Kafala

Garantie bzw. Bürgschaft

Mudaraba

islamkonformes Modell der Investition in Unternehmen,

vergleichbar mit einer stillen Gesellschaft

Musharaka

eine Art Joint Venture, bei dem beide Vertragspartner Kapital

einbringen und am Gewinn/Verlust beteiligt sind

Diminishing Musharaka

Vertragspartnerschaft mit sukzessivem Eigentumsübergang

von einem Partner auf den anderen

Shape your

future

Kevin Jaindl, Europameister Maurer, 2014 / Lisa Janisch, Europameisterin

Maler & Beschichtungstechnikerin, 2016 / Melanie Seidl, Europameisterin

Steinmetz, 2012 / Birgit Haberschrick, Europameisterin Floristik, 2014 /

Manfred Zink, Weltmeister Möbeltischler, 2015

Permanent Musharaka

Vertragspartnerschaft mit gleichbleibenden Eigentumsanteilen

beider Partner

Quard Hassan

wohltätiges Darlehen ohne Gewinnaufschlag

Ribā

Zinsen

Sukuk

Anleihe, bei der keine Zinsen auf das angelegte Kapital

gezahlt werden

Takaful

Versicherung mit Solidaritätsprinzip

Ujra

Gebühr für Dienstleistungen

Wakala

Vermittlungs- oder Vertretungsvertrag

Waqf

Stiftung

Zakāt

im Islam verpflichtende Abgabe eines Einzelnen für das

Gemeinwohl

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Die Zukunft braucht Menschen mit Kompetenz und

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