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Verzicht hat im Islam zwar eine hohe
Bedeutung, das sieht man im Ramadan.
Aber gläubig zu sein heißt nicht, asketisch
leben zu müssen. Allah hat Zinsen
verboten, aber Handel erlaubt. Musliminnen
und Muslime dürfen und sollen sogar
Unternehmen gründen, Waren produzieren,
Geld verdienen – weil sie so der
Gesellschaft einen Mehrwert bieten, weil
sie so Arbeitsplätze schaffen. Außerdem
sind wir als Musliminnen und Muslime
alle verpflichtet, die Zakāt zu zahlen. Also
ist es ja toll, wenn wir vielen Kundinnen
und Kunden dabei helfen können, Vermögen
aufzubauen, weil davon am Ende
viele profitieren, auch arme Menschen.
Welche Rückmeldungen bekommen Sie
auf Ihre Arbeit, etwa auch von anderen
deutschen Banken?
Das ist sehr gemischt. Viele Menschen
finden spannend, was wir machen,
weil es ihnen ähnlich geht wie mir am
Anfang: Sie haben ein Problem mit der
Gier im kapitalistischen Finanzsystem.
Aber wir begegnen ab und an auch groben
Vorurteilen, bis hin zur Islamfeindlichkeit
seitens deutscher Unternehmen.
Ich glaube trotzdem, dass wir mit
unserem Unternehmen Brücken bauen
können. Wir haben am Anfang überlegt,
ob wir uns Islamic Finance überhaupt auf
die Fahnen schreiben sollen. Ob wir nicht
einfach ein ganz allgemein „ethisches“
FinTech [Finanztechnologie-Unternehmen,
Anm.] sein wollen. Wir haben
uns dann bewusst für das Branding
als islamkonform entschieden, weil wir
hoffen, damit Dialog und Verständnis zu
fördern. Wenn Menschen sehen, dass
wir gute Arbeit leisten, dann assoziieren
sie in Zukunft vielleicht auch uns mit
„dem Islam“ und nicht nur die negativen
Vorstellungen, die sich in den letzten
zwanzig Jahren breitgemacht haben.
48 / KARRIERE /
Spekulationsgeschäfte
mit
Wertpapieren
wären nicht islamkonform,
da hinter
diesen Produkten
kein physischer
Wert steht. Beteiligungen
an Unternemen
sind aber
durchaus möglich.
Eine konventionelle Bank verdient ihr
Geld mit Kontogebühren und Zinsen. Wie
machen Sie Gewinn?
Wenn wir für jemanden Gold kaufen,
dann nehmen wir für diese Dienstleistung
ein Entgelt, eine sogenannte Wakala-Gebühr.
Das ist islamkonform: Für
unseren Service haben wir eine Gegenleistung
verdient, die Kosten dürfen nur
nicht exzessiv sein. Bald werden wir auch
eine Immobilienfinanzierung anbieten.
Dafür gibt es verschiedene Modelle, wir
setzen auf das Prinzip, das Diminishing
Musharaka genannt wird. Das heißt: Eine
Kund:in und wir kaufen gemeinsam ein
Objekt. Die Kund:in nutzt die Immobilie
und zahlt uns für unseren Anteil Miete.
Darüber hinaus kauft die Kund:in Monat
für Monat Anteile am Haus dazu. Somit
reduziert sich unser Mietanteil, bis das
Eigentum vollständig auf die Kund:in
übergeht. Wir berechnen in den Mietanteilen
einen Aufschlag, der uns als Profit
zusteht.
Aber ist das dann nicht das Gleiche wie
ein Darlehen, das eine Kund:in monatlich
tilgt, mit einem Aufpreis, den man
normalerweise Zinsen nennt?
Nein, wir sind gemeinsam
Eigentümer:innen eines Objekts. Somit
gibt es keine Geldleihe, sondern beide
Parteien beteiligen sich aktiv am
Geschäft. Des Weiteren kalkulieren wir
auf einer ganz anderen Basis, die losgelöst
vom Marktzins ist.
Neben dem Goldsparplan bieten Sie
auch ETF-Sparpläne an, also Sparpläne
mit Aktienfonds, die einen Börsenindex
abbilden. Damit ist INAIA dann doch im
klassischen kapitalistischen Börsenhandel
unterwegs. Wie passt das zu dem,
was Sie am Anfang gesagt haben – dass
Sie mit Zockerei und Spekulation nichts
zu tun haben wollen?
Hier muss man sich bewusst machen:
An der Börse werden unterschiedliche
Produkte gehandelt. Sehr spekulative,
wie Wertpapiere, die nur Kursschwankungen
abbilden, ohne dass dahinter
ein tatsächlicher, physischer Wert steht.
Damit zu handeln wäre nicht islamkonform.
Mit Aktienfonds hingegen erwirbt
man Beteiligungen an Unternehmen. Die
Aktien haben einen echten Gegenwert,
daher ist das in Ordnung. Wir bieten
über verschiedene Depotbanken unterschiedliche
Aktienfonds an, so können
unsere Kundinnen und Kunden selbst
entscheiden, in welche Unternehmen
sie investieren möchten und in welche
nicht. Abgesehen davon muss man auch
die eigene Intention hinterfragen, denn
auch in der Finanzwelt gilt die islamische
Überlieferung: Die Taten entsprechen
den Absichten. Ist meine Absicht, an der
Börse zu zocken, so ist das nicht halal.
Will ich aber mittel- oder langfristig mit
Aktien in ein Unternehmen investieren,
ist das mit den Vorschriften des Islam
vereinbar.
Dieser Text ist in der Sommer- Ausgabe des QAMAR
Magazin erschienen. QAMAR ist das erste muslimische
Magazin in Österreich, der Artikel erscheint im Rahmen
einer Kooperation.
Entgeltliche Einschaltung
GLOSSAR:
ISLAMIC FINANCE
Amanah
Treuhänderschaft
Gharar
Verträge mit hoher Unsicherheit, sprich Spekulation
Ijara
Leasingvertrag
Kafala
Garantie bzw. Bürgschaft
Mudaraba
islamkonformes Modell der Investition in Unternehmen,
vergleichbar mit einer stillen Gesellschaft
Musharaka
eine Art Joint Venture, bei dem beide Vertragspartner Kapital
einbringen und am Gewinn/Verlust beteiligt sind
Diminishing Musharaka
Vertragspartnerschaft mit sukzessivem Eigentumsübergang
von einem Partner auf den anderen
Shape your
future
Kevin Jaindl, Europameister Maurer, 2014 / Lisa Janisch, Europameisterin
Maler & Beschichtungstechnikerin, 2016 / Melanie Seidl, Europameisterin
Steinmetz, 2012 / Birgit Haberschrick, Europameisterin Floristik, 2014 /
Manfred Zink, Weltmeister Möbeltischler, 2015
Permanent Musharaka
Vertragspartnerschaft mit gleichbleibenden Eigentumsanteilen
beider Partner
Quard Hassan
wohltätiges Darlehen ohne Gewinnaufschlag
Ribā
Zinsen
Sukuk
Anleihe, bei der keine Zinsen auf das angelegte Kapital
gezahlt werden
Takaful
Versicherung mit Solidaritätsprinzip
Ujra
Gebühr für Dienstleistungen
Wakala
Vermittlungs- oder Vertretungsvertrag
Waqf
Stiftung
Zakāt
im Islam verpflichtende Abgabe eines Einzelnen für das
Gemeinwohl
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