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„Erzähl mir deine Geschichte“
Asylwerber und ihr Leben in Wien
Von Hannah Jutz. (Fotos: Lisa Leutner und Zoe Opratko)
Zuhören, diskutieren und mitfühlen: BIBER begrüßte im Rahmen
der diesjährigen Summer-School drei Asylwerber, die mit den
insgesamt rund dreißig Schüler*innen über Flucht, das Leben in
der alten und der neuen Heimat sprachen.
50 / KARRIERE /
Mittwoch Vormittag, zehn Uhr:
Ein Dutzend junger Journalismus-Talente
lauschen in der
BIBER Redaktion gespannt der Geschichte
von Omid. In einem kurzen Video
erzählt der Asylwerber von seinen Erlebnissen
auf der Flucht und dem Leben in
Wien. Omid ist 25 Jahre, verheiratet und
lebt seit fünf Jahren hier. Bereits vier Mal
hat er schon einen negativen Asylbescheid
bekommen. Was die Lage noch
bitterer für ihn macht: Seine Frau, mit
der er zusammen in Wien lebt, hat einen
positiven Bescheid erhalten.
Das Video mit Omid ist eines von
insgesamt fünf Videos, das die Summer-
School Teilnehmer und Teilnehmerinnen
an diesem Vormittag ansehen. Sie wurden
von biber mit freundlicher Unterstützung
des „Fonds Soziales Wien“ gedreht.
In den Videos erzählen Asylwerber vom
Krieg, lassen ihre Flucht Revue passieren
und gewähren den Jugendlichen einen
privaten Einblick in ihr Leben in Österreich
und die Hoffnungen und Ängste,
die daraus resultieren.
Omid wartet seit 5 Jahren auf einen
positiven Asylbescheid. Seine Ehefrau
hat ihn schon.
Soza Jan (rechts) und Omid Sadeghi (kniend davor) erzählten über ihre Flucht und das
Leben in Österreich.
OMIDS BRIEFE AN KURZ
UND VAN DER BELLEN
Wenn Omids Asylverfahren mit einem
negativen Bescheid endet, muss er
Österreich verlassen und nach Afghanistan
zurückkehren, obwohl er dort
nur fünf Jahre seines Lebens gelebt
hat. Aufgewachsen ist er im Iran, wo er
als Mensch zweiter Klasse behandelt
wird. Omids Wunsch ist es, eine Heimat
zu finden, in der er in Freiheit leben
kann. Um diesen Wunsch zu erfüllen,
hat er schon Mails an Bundespräsident
Alexander Van der Bellen und Bundeskanzler
Sebastian Kurz geschrieben.
Seine emotionale Geschichte löst bei
den Teilnehmer*innen Überraschung
und Unverständnis aus: „Ich dachte,
dass Asylverfahren gerechter ablaufen
und es nicht normal ist, sein Recht auf
Asyl vor Gericht erstreiten zu müssen“,
so eine anwesende Jungjournalistin.
Eine andere Jugendliche ist derselben
Meinung: „Ich hätte mir nie erwartet,
dass man als Flüchtling so schlecht lebt.“
Andere Teilnehmer*innen der Summer
School fühlen sich in ihren Erfahrungen
bestätigt: „Die Videos bestätigen nur,
wie ungerecht die Justiz mit Geflüchteten
umgeht.“ Unvorstellbar ist für viele
dieses Gefühl der Ohnmacht und die
Tatsache, nichts an der eigenen Situation
ändern zu können.
Die Videos lassen die Beteiligten
tief betroffen zurück und sorgen auch
für Aufklärung: „Es wurden Vorurteile,
die ich mir bisher nicht eingestehen
wollte, aufgebrochen“, so eine Teilnehmerin.
Nach den Videos diskutieren die
Teilnehmer*innen der biber-Summer-
School mit Kamerafrau und Videoproduzentin
Soza Jan und den anwesenden
Asylwerbern über die gezeigten Videos,
stellen Fragen und räumen Vorurteile aus
dem Weg.
Soza Jan ist syrische Kurdin und
kennt die Lebenswelten der Asylwerber.
Gemeinsam mit ihnen hat sie die Videos
aufgenommen, geschnitten, bearbeitet.
Die Porträt-Videos gewähren private Einblicke
und geben den Zuseher*innen die
Möglichkeit, die Lebenswelt der Geflüchteten
zu verstehen. Das kommt gut an:
„Nach diesen Einblicken ist es ein wenig
leichter, sich in die Lage der Betroffenen
zu versetzen. Ich persönlich konnte mir
davor schlecht vorstellen, wie das Leben
einer geflüchteten Person aussieht und
wie man sich dabei fühlt. Aber nun habe
ich ein gewisses Feingefühl dafür und für
die Menschen vermittelt bekommen“, so
eine betroffene Zuseherin.
„
Ich hätte mir nie
erwartet, dass man
als Flüchtling so
schlecht lebt.
“
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