657 p Die Schweiz ist ein Einwanderungsland, ist ein Auswanderungsland Frankreich Deutschland Italien Norwegen Grossbritannien Belgien Irland 53653 p 95253 p Spanien Monaco Dänemark 41530 p Österreich-Ungarn Schweden Malta 12859 p 66281 p 454 p 28241 p 200 p 121<strong>04</strong> p 127 p 1<strong>01</strong> p 6714 p 4491 p 100 p 890 p 4 p Europa 51.1% 12 p Übrige Länder Ceylon (Sri Lanka) Vereinigte Staaten f 88621 Argentinien f 12100 Amerika 46.1% Asien 0.3% Australien 1% Afrika 1.5% 6 p 36 p 91 p Japan Britisch-Indien (Indien) f 4588 Kanada Brasilien f 2243 f 128 Wo lebten die Auslandschweizer 1880? 234<strong>04</strong>5 Schweizer lebten 1880 im Ausland, die meisten von ihnen in den USA und in Frankreich. Umgekehrt gab es nur knapp zehn Prozent weniger Ausländer in der Schweiz, praktisch alle kamen aus den Nachbarländern. Quelle: Leo Schelbert (Josef Durrer) 2300 p Niederländisch-Indien (Indonesien) Chile f 91 Peru 3024 p 412 p 16 p 4 p f 9 Jamaika, St. Nevis, Falklandinseln Algier (Algerien) Ägypten Mauritius Lagos (Nigeria)
MOBILITÄT Jährlich verlassen über 27 000 Schweizerinnen und Schweizer unser Land, um sich irgendwo im Ausland niederzulassen, sei es für immer, sei es für einige Jahre im Auftrag eines multinationalen Unternehmens oder um sich aus- und weiterzubilden. Wie sah es im 19.Jahrhundert aus? Andreas Schiendorfer, Redaktion Bulletin Ohne Kaffeepausen steht der Kopf still, insbesondere wenn man sich an ein Thema wie die schweizerische Auswanderung heranwagen will. Ulrich Pfister, früherer Leiter des Ressorts Public Affairs der Credit Suisse Group und immer noch Präsident der Soliswiss, nutzt die Gelegenheit und zieht, zufällig hat er es im Hosensack, das Buch «Über den Tellerrand hinaus» von Philipp Dreyer hervor. Es enthält 20 Lebensgeschichten von Auslandschweizerinnen und Auslandschweizern. Eine Buchbesprechung? Unmöglich. Aber ich verspreche ihm, darin zu blättern, die interessante Geschichte von Hans Keller zu lesen, dessen noch junge Existenz als Hotelier in Ägypten durch den Terroranschlag in Luxor zerstört wurde und der dankbar für die Entschädigung war, die ihm die Soliswiss aus ihrem Solidaritätsfonds für Auslandschweizer ausbezahlte. Immer dieses Ägypten. Mit Genuss erinnere ich mich einmal mehr der köstlichen Lektüre des «ägyptischen Heinrichs» von Markus Werner, des «Munzinger Pascha» von Alex Capus. Hat aber Ägypten in der schweizerischen Auswanderung je eine Rolle gespielt? Der Auslandschweizerdienst auf der Homepage des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA) gibt auch hierüber Auskunft: Heute leben in Afrika nur gerade 17 602 Schweizerinnen und Schweizer, die meisten davon in Südafrika (8809, Tendenz steigend), Ägypten (1065), Tunesien (913), Marokko (861) und Kenia (797). Früher waren es deutlich weniger. Eine beachtliche Kolonie gab es in Algier (3024 Personen im Jahr 1880). Es lockt Frankreich, es lockt Amerika Sprechen wir von Auswanderung, egal zu welchem Zeitpunkt, so gilt es zunächst zu beachten, dass die grösste Schweizerkolonie stets in Europa lebte. Gegenwärtig sind es dort 381695 Auslandschweizer, davon 96 Prozent in den EU-Staaten, insbesondere in Frankreich (163034), Deutschland (69619), und Italien (44 544). Beträgt der europäische Anteil an der Fünften Schweiz – so nennt man die Auslandschweizerkolonie – jetzt gut 62 Prozent, so erreichte er unmittelbar vor dem Zweiten Weltkrieg mit 80 Prozent seinen Höchststand. Im Laufe des 19. Jahrhunderts hingegen war er bis auf 51 Prozent (1880) zurückgegangen – eine Auswirkung der Überseeauswanderung, die also auch statistisch fassbar wird und in drei Wellen um die Spitzenjahre 1817, 1854 und 1883 erfolgte, als in Europa jeweils Missernten und Konjunkturkrisen zusammenfielen. 1850 lebten erst 72 500 Schweizer im Ausland, davon 28 Prozent in Amerika. Bis 1880 stieg die Zahl gesamthaft auf fast 235 000. Gleichzeitig nahm der Anteil Amerikas auf 46 Prozent zu, wie wir Leo Schelberts Standardwerk «Einführung in die schweizerische Auswanderungsgeschichte der Neuzeit» entnehmen. Von den Auslandschweizern in Nord- und Südamerika lebten rund 88 600 in den USA, 12 100 in Argentinien, 4600 in Kanada, 2200 in Brasilien sowie ein paar wenige in Chile und Peru. Die Kolonie in den USA war damit sogar grösser als die französische, jene in Argentinien entsprach der italienischen, und Kanada konnte mit Österreich-Ungarn einigermassen Schritt halten (siehe auch Grafik auf Seite 16). Zwischen 1868 und 1883 wanderten im Jahresdurchschnitt 5365 Personen nach Übersee aus. Gut drei Viertel zogen nach Nordamerika und knapp ein Sechstel nach Südamerika. Die übrigen Destinationen – Afrika, Zentralamerika, Australien und Asien – spielten eine marginale Rolle. Weniger Auswanderer, dafür kaum Rückkehrer Heute umfasst die Fünfte Schweiz rund 612 562 Personen (2003), also deutlich mehr als 1880. Dies hängt nicht zuletzt mit der Bevölkerungsentwicklung zusammen; 1880 lebten in der Schweiz «nur» 2,8 Millionen Menschen. Auch war die <strong>Mobilität</strong> nicht vergleichbar mit heute – die Reise nach Übersee dauerte länger, kostete mehr und war gefährlich. Vor allem aber wollte der Entscheid wohl überlegt sein: Im Normalfall gab es aus Übersee keine Rückkehr mehr. Während heute 70 Prozent der Auslandschweizer Doppelbürger ihrer alten und neuen Heimat sind, erhielten die Einwanderer früher oft das neue Bürgerrecht, ohne den Schweizer Pass zu behalten beziehungsweise behalten zu dürfen. Heute bezeichnen sich deshalb rund eine Million Amerikaner als schweizstämmig; den Pass besitzen aber gerade mal 70 994. «Meine Vorfahren sind um 1855 aus Mollis nach Wisconsin ausgewandert», erklärt, auf ihren Glarner Namen angesprochen, auch Karen Ciucci-Zwicky, Übersetzerin bei der Credit Suisse. «Meines Wissens sind alle meine Verwandten Amerikaner. Ich selbst bin 1976 erstmals im Rahmen eines AFS-Austauschjahres in die Schweiz gekommen. Ich wohnte ein Jahr lang bei einer Familie in Solothurn, mit der ich anfänglich französisch redete. Nach meiner Heirat ist die alte Heimat meiner Familie zu meiner persönlich neuen Heimat geworden.» Unterwegs geboren, gestorben, kaum gelebt Wenn wir heute in acht Stunden um die halbe Welt nach New York fliegen, so fällt es schwer, sich vorzustellen, dass dies vor nicht allzu langer Zeit eine wirkliche Weltreise darstellte. Noch im Jahre 1711 benötigten Berner Auswanderer bis nach Virginia 177 Tage, wovon sie jedoch nicht weniger als deren 93 mit Warten in Rotterdam, Newcastle und im amerikanischen Shields zubrachten. Im Laufe des 19. Jahrhunderts wurde die Auswanderung professionalisiert, so dass zumindest die lästigen und teuren Aufenthalte minimiert wurden. Zudem verkürzten die technischen Fortschritte die Überseefahrt erheblich. Während die «Santa Maria» des Kolumbus 1492 noch 71 Tage gesegelt Credit Suisse Bulletin 1-<strong>04</strong> 15