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Credit Suisse bulletin, 2004/01
Credit Suisse bulletin, 2004/01
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WEALTH MANAGEMENT TOPICS<br />
Vom Reden und Denken<br />
über Europa<br />
Den ersten Anlauf zur gemeinsamen Verfassung hat die Europäische Union abgebrochen. Ob und<br />
wann der zweite folgt, ist offen. Mit zunehmender Grösse stellt sich für die EU die Frage nach<br />
der künftigen Zusammenarbeit. Zeit für Worte und Gedanken. Hans-Peter Wäfler, Economic & Policy Consulting<br />
Er legte zuerst eine Denkpause ein. Valéry<br />
Giscard d’Estaing hatte über ein Jahr lang<br />
den EU-Reformkonvent geleitet, am Verfassungsentwurf<br />
gearbeitet und diesen termingerecht<br />
den Mitgliedstaaten vorgelegt. Nur<br />
zwei Tage dauerte es dann am EU-Gipfel<br />
im letzten Dezember, bis es hiess: Anlauf<br />
abgebrochen, Einigung gescheitert am Widerstand<br />
Polens und Spaniens gegen eine<br />
Neuverteilung der Stimmen im Ministerrat.<br />
Danach wartete Giscard vier Tage, bis er sich<br />
öffentlich äusserte. Er sprach von einer<br />
«verpassten Chance» und empfahl Europa<br />
für 20<strong>04</strong> ebenfalls eine Phase des Nachdenkens.<br />
Das Wort «Krise» macht die Runde. Nichts<br />
überstürzen will deshalb der irische Premier<br />
Bertie Ahern. Irland übernahm Anfang Jahr<br />
die EU-Präsidentschaft; seitdem loten irische<br />
Diplomaten hinter den Kulissen die Haltung<br />
der EU-Partner aus. Bis Ende März soll eine<br />
Standortbestimmung im Verfassungsstreit<br />
vorliegen. Irland will alles dafür tun, die Verhandlungen<br />
vorwärts zu treiben. Aber nur,<br />
wenn Erfolgschancen bestehen. Dem Europäischen<br />
Parlament, das auf eine schnelle<br />
Einigung pocht, sagte Ahern bei seinem<br />
Antrittsbesuch: «Ein neuer Misserfolg hätte<br />
sehr ernste Folgen.»<br />
Foto: Bernd Arnold/VISUM<br />
Die EU funktioniert noch<br />
Noch läuft aber alles in geregelten Bahnen.<br />
Am 1. Mai 20<strong>04</strong> treten zehn neue Mitgliedstaaten<br />
bei – ob die EU bis dann eine Verfassung<br />
haben wird oder nicht. Fixiert ist<br />
auch der Verteilschlüssel für die Stimmen<br />
der Länder im Ministerrat. Und zwar bis<br />
2009. Daran würde selbst die Verfassung<br />
nichts ändern. Zuerst gilt für die Beitrittsländer<br />
das gleiche Stimmschema wie für die<br />
EU-15 (siehe Abbildung auf Seite 44). Am<br />
Credit Suisse Bulletin 1-<strong>04</strong> 45