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Credit Suisse bulletin, 2004/01
Credit Suisse bulletin, 2004/01
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Die Pokerrunde am Streckenrand<br />
Von Saison zu Saison mischen die Formel-1-Teams jeweils die Karten neu. Mit neuer<br />
Motorenpower, neuen Fahrern und einem neuen Windkanal hält auch Sauber Petronas<br />
ein paar Trümpfe in der Hand. Andreas Thomann, Redaktion Bulletin<br />
Auf dem Circuit de Catalunya erreicht der<br />
Lärm schon am Morgen die Dezibelwerte<br />
eines Interkontinentalflughafens. Nicht<br />
weniger als acht Teams haben sich an<br />
diesem Januartag im Norden von Barcelona<br />
eingefunden, um zu testen, was das Zeug<br />
hält. 47 Tage vor Beginn der Weltmeisterschaft<br />
scheint die Formel-1-Saison bereits<br />
lanciert. Entsprechend geladen ist die<br />
Atmosphäre an diesem grossen Test-Happening.<br />
Praktisch in jeder Kurve krachts,<br />
und die Buchhalter müssen hilflos mit ansehen,<br />
wie übermütige Fahrer sechsstellige<br />
Löcher ins Teambudget reissen.<br />
Auch verbal gibts den einen oder andern<br />
Crash. Ins Fadenkreuz der Gegner geraten<br />
ausgerechnet die Leute von Sauber Petronas,<br />
gewöhnlich nicht bekannt für provokatives<br />
Benehmen. Dennoch bringt offenbar<br />
der neue C23 den Jordan-Chefdesigner,<br />
John McQuilliam, dermassen in Rage, dass<br />
er jegliche britische Zurückhaltung ablegt.<br />
Keine Eigenentwicklung, sondern eine<br />
blosse Kopie des letztjährigen Ferrari,<br />
schimpft McQuilliam über den C23. Sein<br />
3 emagazine liefert Bilder und Infos zum neuen<br />
Sauber-Windkanal. www.credit-suisse.com/f1<br />
Sauber Petronas C23: Das ist neu<br />
Chassis | Der C23 ist deutlich kompakter ausgefallen als sein Vorgänger und<br />
besitzt daher auch eine bessere aerodynamische Effizienz.<br />
Motor | Zum ersten Mal dreht im Sauber der aktuelle Triebwerkstyp von Ferrari.<br />
Gemäss dem neuen Reglement muss für das ganze Rennwochenende mit<br />
dem gleichen Motor gefahren werden.<br />
Vorderradaufhängung | Die vorderen unteren Querlenker sind jetzt nicht mehr<br />
an zwei, sondern nur noch an einem zentralen Anlenkpunkt befestigt.<br />
Motorabdeckung | Wegen einer Reglementsänderung musste die Motorabdeckung<br />
in der Seitenansicht deutlich grösser werden.<br />
Heckflügel | Das neue Reglement schreibt statt drei nur noch zwei obere Elemente<br />
vor. Damit wird der maximale Abtrieb spürbar reduziert.<br />
Getriebe | Bisher hat Sauber ein eigenes Getriebe eingesetzt. Neu benutzt man<br />
das Siebenganggetriebe von Ferrari.<br />
Gegenspieler bei Sauber, der technische<br />
Direktor Willy Rampf, lässt den Fehdehandschuh<br />
liegen. Schliesslich ist es für den<br />
Ingenieur aus Bayern keine Beleidigung,<br />
wenn seine Schöpfung dem Klassenbesten<br />
ähnelt. Rampf gibt denn auch zu: «Es war<br />
eine logische Entscheidung, sich dem Konzept<br />
des besten Autos im Feld anzunähern.»<br />
Logisch, weil Sauber in dieser Saison<br />
erstmals den identischen Motor wie die<br />
Italiener benutzt – in den vergangenen<br />
Jahren war es jeweils eine modifizierte Version<br />
des letztjährigen Aggregats. Zudem<br />
sind die Hinwiler heuer auch mit dem gleichen<br />
Getriebe wie Ferrari unterwegs.<br />
Verständlich, wenn bei so viel Eintracht<br />
zwischen Maranello und Hinwil die Gegner<br />
etwas nervös werden und die Gerüchte<br />
ins Kraut schiessen. Der Eindruck, Sauber<br />
lasse seine Rennwagen nun von Ferrari<br />
anfertigen, ist dennoch falsch. Was die<br />
Aerodynamik anbelangt, ist der C23 nach<br />
wie vor «Made in Hinwil». Dabei liessen<br />
die Zürcher Oberländer wie immer keinen<br />
Stein auf dem andern. «Ausser den Radmuttern<br />
sind alle Bauteile neu», versichert<br />
Willy Rampf. Das schlage sich, so Rampf,<br />
in einer besseren aerodynamischen Effizienz<br />
Foto: Sauber Motorsport AG<br />
60 Credit Suisse Bulletin 1-<strong>04</strong>