LE-4-2021
LOGISTIK express Ausgabe 4/2021 - INNOVATIONEN DER LOGISTIK
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LOGISTIK express 4/<strong>2021</strong> | S6<br />
ist eng mit den Batterien verknüpft. So kommt<br />
beispielsweise Kobalt in großer Menge<br />
aus der Demokratischen Republik Kongo.<br />
Dass die Führungsriege dort nicht unbedingt<br />
das gleiche Demokratieverständnis hat wie<br />
hierzulande, dürfte inzwischen weithin bekannt<br />
sein. Auch sind die Sicherheitsstandards<br />
im Bergbau nicht überall gleich hoch,<br />
wenngleich es nicht jedes „kleine“ Unglück<br />
in die internationalen Schlagzeilen schafft.<br />
Doch keine Sorge, die Lösung naht: die<br />
Global Battery Alliance (GBA), die immerhin<br />
70 internationale Mitglieder zählt, plant bis<br />
Ende 2022 die Entwicklung und Einführung<br />
eines Qualitätssiegels für faire Batterien – den<br />
„Battery Pass“. Dieser soll die Einhaltung festgelegter<br />
Umwelt-, Sozial-, Governance- und<br />
Lebenszyklusanforderungen beweisen. Bestechung<br />
natürlich ausgeschlossen.<br />
Problem #2: Halbleiter<br />
Wer noch nicht von der Problematik der weltweit<br />
mangelnden Halbleiter/Chips gehört<br />
hat, lebt entweder unter einem Stein oder<br />
hat eine Wahrnehmungsstörung. Halbleiter<br />
sind Hauptbestandteil von Mikroprozessoren,<br />
die in Autos beispielsweise dem Steuern von<br />
Antrieb, Airbags oder Assistenzsystemen dienen.<br />
Gibt es keine Chips, steht also die Automobilproduktion<br />
und mit einer Entspannung<br />
ist Brancheninsidern zufolge erst in 2023 oder<br />
2024 zu rechnen. Aber warum eigentlich?<br />
Es gibt mehrere Gründe. Chips braucht man<br />
nicht nur für Autos, sondern auch für andere<br />
Elektrogeräte. Dank Corona-Pandemie<br />
kauften Menschen vermehrt Unterhaltungselektronik<br />
und machten so der Automobilbranche<br />
Konkurrenz, die teilweise zu voreilig<br />
Bestellungen stornierte. Hinzu kommt, dass<br />
die kleinen Teile (man glaubt es kaum) eine<br />
Art MHD besitzen und darum nicht auf Vorrat<br />
gehalten werden. Fehlt noch ein geopolitisch<br />
besonders brisanter Grund: einer der größten<br />
Chipproduzenten sitzt in Taiwan. Taiwan<br />
Semiconductor Manufacturing Co. (TSMC)<br />
ist weltweit die Nummer drei hinter Samsung<br />
und Intel und gleichzeitig der größte Auftrags-<br />
Fertiger von Chips und Wafern (Grundplatten<br />
für elektronische Halbleiter, Anm.) weltweit.<br />
Das international noch immer nicht anerkannte<br />
Taiwan durfte auf Betreiben Chinas<br />
keine eigenen Lieferverträge für Covid-Impfstoffe<br />
abschließen und kämpft daher mit den<br />
Folgen der Pandemie. Um international Druck<br />
aufzubauen, kündigte das Unternehmen an,<br />
keine Aufträge mehr annehmen zu können…<br />
Zwar wurde inzwischen eine Lösung auch<br />
ohne Zustimmung Festland-Chinas für die<br />
Lieferung von Impfstoffen nach Taiwan gefunden,<br />
die Produktionsausfälle wirken aber<br />
noch nach. Die Konsequenz des Chipmangels:<br />
das globale Beratungsunternehmen<br />
AlixPartner prognostiziert einen Rückgang<br />
der internationalen Automobilproduktion um<br />
vier Millionen Fahrzeuge fürs Jahr <strong>2021</strong>. Aus<br />
Klimapolitischer Sicht eine gute Nachricht –<br />
aus wirtschaftlicher natürlich ein herber Verlust.<br />
Immerhin lag der Branchenumsatz bei<br />
den Halbleitern im Jahr 2019 bei rund 412<br />
Milliarden US-Dollar.<br />
Chips aus Europa?<br />
Niemand ist gerne abhängig, und die Pandemie<br />
hat deutlich gemacht, dass Produzenten<br />
in Österreich, Deutschland – eigentlich ganz<br />
Europa – ohne Lieferungen aus Asien und<br />
den USA „aufgeschmissen“ sind. Das möchte<br />
die Europäische Union natürlich nicht auf sich<br />
sitzen lassen und treibt die digitale Unabhängigkeit<br />
im Zuge ihres „2030 Digital Compass“<br />
voran. Das ambitionierte Ziel: bis 2030 ein Fünftel<br />
der weltweiten Halbleiter zu produzieren<br />
und zudem binnen der nächsten fünf Jahre<br />
einen eigenen Quantencomputer zu entwickeln.<br />
Quantentechnologie gilt u.a. als<br />
Schlüssel zur Entwicklung neuer Medikamente<br />
und schnellerer Genomsequenzierung. So kündigte<br />
am 15. September <strong>2021</strong> EU-Kommissionspräsidentin<br />
Ursula von der Leyen den Aufbau<br />
eines eigenen europäischen Wirtschaftssystems<br />
für Mikrochips an, um den Mangel auszugleichen<br />
und die Unabhängigkeit zu stärken.<br />
In Zukunft fahren wir also Elektroautos mit<br />
Chipbauteilen aus Europa und zertifizierter<br />
Batterie aus kinderarbeitsfreien Rohstoffen.<br />
Zumindest bis zum nächsten Supermarkt,<br />
denn so wie der Ausbau der nötigen Ladeinfrastruktur<br />
voranschreitet, sollte man von<br />
einer Spritztour quer durch die EU eher absehen.<br />
Aber das ist wieder ein ganz anderes<br />
Kapitel…. (AG)