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L. Zagrosek: Dann hätte man diesen Druck nicht gehabt, <strong>de</strong>r die Musik geschichte so<br />
vorangetrieben hat. Kraus spielt die Emotionen nicht. Wenn Sie sich Aeneas’ Zögern ansehen,<br />
wird klar, wir schwer eigenes Entschei<strong>de</strong>n ist.<br />
A. N. Herbst: Können wir sagen, dass die Götter und ihre Interessen bei Kraus<br />
Spiegelungen <strong>de</strong>r menschlichen Interessen und Handlungen sind?<br />
L. Zagrosek: Na ja, es ist ein Umbruch – aber noch nicht die Götterdämmerung.<br />
A. N. Herbst: Kraus liebte Gustav III., <strong>de</strong>m er so vieles verdankte.<br />
L. Zagrosek: Das Attentat auf <strong>de</strong>n schwedischen König hatte für ihn furchtbare Folgen,<br />
nicht zuletzt die, dass seine Musik bis heute vergessen wur<strong>de</strong>. Kraus war am damaligen<br />
Rand Europas tätig, das muss man sehen. Stockholm war nicht Wien.<br />
A. N. Herbst: Das ist es heute noch nicht.<br />
L. Zagrosek: Und Gustavs Nachfolger hatte überhaupt kein Interesse an <strong>de</strong>r Oper. Die<br />
Ermordung Gustavs III. erzählt übrigens Verdis »Maskenball«.<br />
A. N. Herbst: Könige und Götter: Wenn wir jetzt mal an <strong>de</strong>n Streit zwischen Juno<br />
und Venus <strong>de</strong>nken ... Also das Interessante ist doch, dass die Menschen etwas tun, das<br />
die Götter so nicht wollen. Wobei es hier etwas ziemlich Bizarres hat, ausgerechnet<br />
Venus sich gegen ein Liebesverhältnis wen<strong>de</strong>n zu sehen, während es <strong>de</strong>r Hüterin von<br />
Ehe und Heim, Juno, gar nicht mehr drauf ankommt, dass Dido eigentlich jemand<br />
an<strong>de</strong>rem versprochen ist.<br />
L. Zagrosek: Die bei<strong>de</strong>n Damen haben sich nie gut verstan<strong>de</strong>n ...<br />
A. N. Herbst: Schon. Aber jetzt verstehen sie sich auf <strong>de</strong>n jeweils entgegengesetzten<br />
Seiten nicht. Sie scheinen ganz an<strong>de</strong>re Motive zu haben als die, für die sie als Symbol<br />
stehen.<br />
L. Zagrosek: Auch das ist natürlich aufklärerisch, dass unter die Oberfl ächen geschaut<br />
wird.<br />
A. N. Herbst: Man kann das sogar politisch nennen.<br />
L. Zagrosek: Aber ja! Dennoch bleibt das Hauptinteresse bei <strong>de</strong>n menschlichen<br />
Figuren. Und dass dies hier eine solche Musik wur<strong>de</strong>, macht die Oper für einen sehr<br />
großen Liebhaberkreis interessant. Wie es mein ehemaliger Intendant Schnei<strong>de</strong>r gesagt<br />
hat: »Die Musik ist für die Menschen da.«<br />
22 Aktuell Oper konzertant<br />
Aktuell: Musik mit Mahler<br />
»… eine schöne Welt?«<br />
– Musik mit Mahler<br />
von Jens Schubbe<br />
Noch vor einem halben Jahrhun<strong>de</strong>rt gehörten<br />
Auff ührungen Mahlerscher Werke eher<br />
zu <strong>de</strong>n Raritäten im Konzertleben. Zwölf<br />
Jahre Nazidiktatur und die Verheerungen<br />
<strong>de</strong>s 2. Weltkrieges genügten, um Mahlers<br />
Werk ins Abseits und an <strong>de</strong>n Rand <strong>de</strong>s Vergessens<br />
zu drängen.<br />
Erst seit etwa 1960 – vor allem getragen durch<br />
Gustav Mahler<br />
engagierte Interpreten wie Hermann Scherchen,<br />
1860 –1911<br />
Dimitri Mitropoulos, Leonard Bernstein, Vaclav<br />
Neumann, Rafael Kubelik, Bernhard Haitink,<br />
Georg Solti, Kurt San<strong>de</strong>rling und zusätzlich beför<strong>de</strong>rt<br />
durch das Erscheinen von Theodor W.<br />
Adornos Mahler-Monographie – wur<strong>de</strong> eine<br />
Renaissance eingeleitet, <strong>de</strong>ren Wirkung so nachhaltig<br />
war, dass Mahler zu einem <strong>de</strong>r nunmehr<br />
meistgespielten Komponisten avancierte.<br />
Seine Werke sind im Konzertleben präsent<br />
und auf Tonträgern in einer Vielzahl von Aufnahmen<br />
greifbar. Eine Fülle von Publikationen Ahnungen von künftigen<br />
durchleuchteten Leben und Werk <strong>de</strong>s Kompo- Erschütterungen<br />
nisten. Seine Musik taugte zum Soundtrack diverser<br />
Filme. Viscontis »Der Tod in Venedig« machte das Adagietto aus Mahlers Fünfter<br />
zu <strong>de</strong>ssen »greatest hit«. Selbst zum Kinohel<strong>de</strong>n avancierte <strong>de</strong>r Komponist – etwa in Ken<br />
Russels umstrittenem Film »Mahler« von 1974. »Meine Zeit wird kommen«, hatte Mahler<br />
einst prophezeit – eine Vorhersage, die längst Realität gewor<strong>de</strong>n ist.<br />
Wenn Mahlers Musik in so außeror<strong>de</strong>ntlichem Maße auf breite Resonanz stößt, hat das<br />
mit Eigenarten seiner musikalischen Sprache zu tun. In seiner Musik hallen kollektive<br />
menschliche Erfahrungen wi<strong>de</strong>r: Lei<strong>de</strong>n, Sehnsüchte, Visionen von Erlösung, aber auch<br />
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