db-WEB 1-2022
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Schutzfrisur für Eierwerfen.<br />
Ostern<br />
Das lange unter dem Einfluss vom protestantischen<br />
Nassau-Oranien stehende südliche Siegerland bildete<br />
eine entschlossene Diaspora im ansonsten<br />
katholischen Sayn-Wittgenstein. Karneval kannten wir in<br />
unserer calvinistisch geprägten Gegend nicht. Ostern war<br />
der erste religiöse Höhepunkt des Jahres. Christliche Bräuche<br />
bestimmten den Ablauf.<br />
Am Palmsonntag ging es ja noch heiter zu mit dem Einzug<br />
Jesu in Jerusalem. Die Karwoche war dann richtig drückend.<br />
Das brachte uns niemand bei. Das wurde so gelebt.<br />
Spätestens beim Essen war es unübersehbar. Gründonnerstag<br />
kam Spinat auf den Tisch, im Luxusfall mit Spiegelei,<br />
Kartoffeln sowieso. Mit Kartoffeln wurden wir groß. Dass<br />
„Gründonnerstag“ von „greinen“ kommt, war uns nicht bewusst.<br />
Eine andere Erklärung als farbliche Bestimmung<br />
kannten wir nicht. Wir kannten nämlich keine.<br />
Karfreitag gab es kein Fleisch. Fischgerichte waren<br />
wenig gebräuchlich. Weitere Vorgaben bestanden nicht. Es<br />
musste nur einfach sein. Schließlich wurde Jesu Tod betrauert.<br />
Samstag gab es ohnehin Eintopf, der kochte sich<br />
alleine während des Hausputzes und der Vorbereitungen<br />
Gesellschaft<br />
Kinderfrühling<br />
Fotos: Archiv Schöllchen<br />
für das Festtagsessen. Aber am Sonntag, dem Tag der<br />
Auferstehung Jesu, da wurde geschlemmt!<br />
Wir Kinder suchten Ostereier. Die Hühner legten<br />
seit einiger Zeit wieder. Verstecke für die bunten Begehrlichkeiten<br />
boten die heimischen Gärten in Buchsbaumbegrenzungen<br />
der Beete, in Astgabeln, an Zäunen,<br />
hinter Gartengeräten, auf Mauern. Nachmittags trafen<br />
wir uns auf der Sayn’schen Bitze zum Eierwerfen. Die<br />
von Moos gepolsterten Wiesen dämpften den Aufprall.<br />
Die meisten Eier blieben heil. Wer den weitesten Wurf<br />
geschafft hatte, war Tagessieger.<br />
Ich nahm im zarten Alter von fünf Jahren erstmals<br />
an diesem Wettstreit teil. Wie alle kleinen Kinder holte<br />
ich nicht zum klassischen Schlagwurf aus – mit Ausfallschritt<br />
und langem Armzug. Ich konnte nur Schockwurf<br />
– den Arm von hinten unten schnell nach vorne<br />
führen und loslassen. In diese Technik legte ich alle<br />
Kraft und mein Ei flog, als hätte es Flügel. Ich verlor<br />
es aus den Augen. Staunend über meine außergewöhnlichen<br />
Fähigkeiten stand ich mich selbst bewundernd<br />
still und wartete, ob mein Wurfgeschoss es bis an den<br />
Wiesenrand, vielleicht sogar bis zur Kirche tragen<br />
würde. Da brach das Unglück über mich herein. Mein<br />
wunderschön gefärbtes Ei brach den Höhenrekord, änderte<br />
seine Flugbahn um 180° und nahm den kürzesten<br />
Weg zurück. Eine zeitgemäße Hochfrisur in Form eines<br />
Nestchens auf dem Oberkopf dämpfte den Aufprall und<br />
verhinderte den möglichen Dachschaden. Allein, das Ei<br />
überstand den Crash nicht, gab allen Widerstand auf, zerbrach<br />
mit einem schwachen Seufzer und ergoss sein flüssig<br />
gelbes Innenleben über meine Schläfe.<br />
Einschulung<br />
Nach den Osterferien kam die Einschulung. Erst Mitte<br />
der 60er Jahre verlegte man den Schuljahreswechsel auf<br />
die Sommerferien. Wir wurden fein rausgeputzt, trugen<br />
zum ersten Mal einen „Ranzen“ – Rindleder, in der Regel<br />
ein „Erbstück“. Die Schiefertafel, das wichtigste Utensil,<br />
verbarg sich im Inneren wie Fibel und Rechenbuch. Außen<br />
baumelten, an langen Häkelbändern befestigt, unsere Standeskennzeichen:<br />
Schwamm und Tafellappen. Wir platzten<br />
fast vor Stolz. Gleich in der ersten Woche lernten wir den<br />
ersten Buchstaben: das i . „Rauf, runter rauf. Pünktchen<br />
oben drauf.“ Jetzt konnte uns niemand mehr etwas vormachen!<br />
Gesellschaft<br />
Der 1. Mai<br />
Der erste Mai wurde gefeiert. Kein Kind wäre auf die<br />
Idee gekommen, dass es ich um den „Tag der Arbeit“ handelt.<br />
Die Natur erwachte, alles grünte, Diehls Hans-Werner<br />
hatte einen verletzten Magolwes gefunden, den er aufpäppelte.<br />
Noldens Karin wurde als Maimann in frische Birkenreiser<br />
gewickelt. (Allergien waren selten. Wir stärkten<br />
unser Immunsystem mit homöopathisch dosierten Dreckportionen.<br />
Nicht dass das Absicht gewesen wäre. Es passierte<br />
einfach und schützte mehr als Nutella.) Sie nahm in<br />
einem hölzernen Bollerwagen Platz und wurde von Haustür<br />
zu Haustür gezogen, Berliner Hof, Sayn’scher Hof,<br />
Nassauischer Hof.<br />
Wir sangen Mailieder, für die wir mit „Schluch“ belohnt<br />
wurden. Schließlich lag Neujahr schon wieder vier<br />
Monate zurück.<br />
Pfingsten<br />
Zu Pfingsten gab es keine Geschenke, klar. Was Pfingsten<br />
bedeutete wussten wir genau so wenig zu erklären wie<br />
die meisten Menschen heute auch. Es musste aber schon<br />
etwas Besonderes sein, denn es gab einen Feiertag zusätzlich<br />
und einen Ferientag obendrein. Außerdem schien die<br />
Sonne und Gottesdienst wurde im Freien abgehalten. Wir<br />
trugen unsere besten Kleider und weiße gestrickte Baumwollkniestrümpfe<br />
- die mit Durchzugstunnel für Gummiband<br />
und den Mausezähnchen oben am Abschluss. So<br />
ausgerüstet schlossen wir uns der Sonntagsschule an, die<br />
nach dem Mittagessen, begleitet vom Posaunenchor, aufbrach,<br />
um unterhalb der Wachholderheide an der Gambach<br />
den Pfingstgottesdienst zu feiern.<br />
Mudersbachs Robert führte uns durch die Alte Burbach<br />
mit seinem Posaunenchor im Schlepptau über die Alte<br />
Mainzer Landstraße entlang dem Lauf der Burbach bis<br />
zur Kugelfichte in der Wachholderheide. Die Musiker bewiesen<br />
bemerkenswerte Kondition. Sie bliesen bergauf (!)<br />
erbauliches Liedgut. Wir sangen, auch wenn es schlecht<br />
marschierbar war: „Jesus geh voran auf der Leberbahn.“<br />
Der Text konnte so nicht stimmen und wir korrigierten<br />
nach bestem Wissen und Gewissen „auf der Reeperbahn“.<br />
Tilla-Ute Schöllchen<br />
Erster<br />
Schultag mit<br />
allen Standeszeichen<br />
einschließlich<br />
Tafelläppchen.<br />
SIEGERLANDHALLE – kleine Räume ganz groß<br />
Denkt man an die Siegerlandhalle, so denkt man an<br />
den Großen Saal. Vielleicht auch noch an den Leonhard-Gläser-Saal.<br />
Konzerte, Shows, Messen und Ausstellungen,<br />
Galas, Firmen-, Familien- und Jubiläumsfeierlichkeiten<br />
haben sich vor der Corona-Pandemie<br />
hier die Türklinke sprichwörtlich in die Hand gegeben.<br />
Schaut man aber genauer hin, hat das größte Veranstaltungszentrum<br />
Südwestfalens noch viel mehr<br />
zu bieten: Hüttensaal, Atriumsaal, Westfalenzimmer,<br />
Spandauer Saal, Foyersaal, Eintrachtsaal, Galerie<br />
zum Park, Siegerland-, Club- und Konferenzzimmer<br />
sowie das Restaurant.<br />
Räume zwischen 40 und 450 qm – teilweise kombinierbar<br />
und alle multifunktional. Jeder Raum wird<br />
individuell nach Kundenwunsch ausgestattet, ob in<br />
Reihen- oder Tischbestuhlung, Stuhlkreis, parlamentarisch<br />
oder Bankett, Einzelstühle oder Einzeltische<br />
– z.B. für Klausuren/Prüfungen.<br />
Die Corona-Pandemie hat das Abstand halten<br />
eingefordert. Seminare, Schulungen, Versammlungen,<br />
Vorträge, Sitzungen, Podiumsdiskussionen,<br />
Weiterbildungen, Wohnungseigentumversammlungen,<br />
Jahreshauptversammlungen, Selbsthilfegruppen,<br />
Vorstandsbesprechungen – das überwiegende<br />
Nutzungsportfolio der „kleinen“ Räume. Aufgrund<br />
der Raum-Flexibilität können alle derartigen Veranstaltungen,<br />
sofern nach CoronaSchVO grundsätzlich<br />
gestattet, in entsprechend größere Räume verlegt<br />
werden. Ein absoluter Vorteil, selbst wenn schon die<br />
Teilnehmerinnen und Teilnehmer eingeladen wurden.<br />
Die Location bleibt, nur im Haus ein anderer Raum.<br />
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