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Von Feen und Fröschen<br />

Wer erklärt uns das Wetter<br />

Froggy, der kleine freche Wetterfrosch, war einige Jahre<br />

mein Liebling, der den Nutzern von Smartphones die<br />

Prognosen „to go“ auf dem kleinen Bildschirm servierte.<br />

Der grüne Frosch war immer dem Wetter entsprechend<br />

draußen unterwegs, er schwitzte unter der Sonne und ging<br />

baden. Bei Schmuddelwetter spazierte er mit Schirm durch<br />

die herbstlichen Wälder. Im Winter bibberte er im Schnee.<br />

Seit Corona trug auch mein Lieblingsfrosch auf seinen Spaziergängen<br />

plötzlich Maske. Doch mit meinem neuen Smartphone<br />

war der goldige Froggy plötzlich weg. Die Wetter-App<br />

war für mich uninteressant geworden. Ich musste also wieder<br />

selbst vor die Tür gehen und das Wetter checken. Oder wieder<br />

im Radio und Fernsehen den Berichten, so wie früher, folgen.<br />

Ihr Lachanfall ist Legende. Seit 1992 moderierte Maxi Biewer<br />

bei RTL das Wetter. Erst als Urlaubsvertretung. Dann wurden<br />

über 15.000 Wettervorhersagen daraus und die Wetterfee<br />

gewann die Herzen der Zuschauerinnen und Zuschauer. Weg<br />

vom oberlehrerhaften Dozieren mit Zeigestock und Tafel hin<br />

zur lockeren Information und zur Muntermacherin am frühen<br />

Morgen. Und bei ihr, der ersten Frau als Wettermoderatorin<br />

im deutschen Fernsehen, war immer gute Laune inklusiv. Als<br />

Schauspielerin arbeitete sie sich in das Thema ein. Denn meist<br />

waren nur studierte Meteorologen oder ausgebildete Nachrichtensprecher<br />

vor der Kamera. Eine Ausnahme war auch der<br />

österreichische Schauspieler und Moderator Elmar Gunsch<br />

in den 80-iger Jahren beim ZDF, der das Wochenendwetter<br />

präsentierte. Vor allem die Zuschauerinnen verzauberte er mit<br />

seiner sonoren, weichen Bassstimme – egal ob er Hundstage<br />

oder Schmuddelwetter ankündigte.<br />

Jörg Kachelmann, geboren im deutsch-schweizer Grenzgebiet<br />

entschied sich noch während seines Studiums der<br />

Meteorologie schnell für den Beruf als Journalist, später als<br />

Radio- und Fernsehmoderator.1989 errichtete er im Kanton<br />

St. Gallen eine eigene Wetterstation und gründete seine eigene<br />

Firma Meteomedia, die den Medien visuell aufbereitete<br />

Wetterdaten und Karten lieferte. Auch mit der ARD arbeitete<br />

er erfolgreich zusammen und seit 1994 präsentierte er<br />

nun selbst das Wetter. Mit seiner lässigen, coolen Art traf er<br />

den Geschmack seiner Zeit. Später moderierte er auch beim<br />

MDR die Talkshow „Riverboat“. Leider geriet der beliebte<br />

Wettermann 2010 in einen Vergewaltigungsskandal, der<br />

in den Medien hohe Wellen schlug und die Klatschspalten<br />

füllte. Er wurde freigesprochen, doch zog er sich erstmal<br />

aus der Öffentlichkeit weitgehend zurück. Sein flapsiger<br />

und unkonventioneller Stil ist aber unvergessen.<br />

Sogar Siegen bekam eine eigene Meteomedia Wetterstation,<br />

die 2003 persönlich von Jörg Kachelmann und Bürgermeister<br />

Stötzel eröffnet wurde. Willi Bürger, Lehrer an<br />

der Realschule am Oberen Schloss, ließ nicht locker: Mit<br />

einer Projektgruppe wollte er die Wetterstation an seine<br />

Graphik: Matthias Neuser<br />

Schule holen und betreuen. Er nahm viele Hürden und mit<br />

viel Sponsorengeldern wurde die Station schließlich eingerichtet.<br />

Kachelmann ließ es sich nicht nehmen, selbst eine<br />

Schulstunde zum Thema Wetter zu halten. Seitdem lieferte<br />

die Schule mit ihrem hohen Mast und den genormten Messgeräten<br />

Wetterdaten nach Berlin in die Zentrale und versorgte<br />

auch die Siegener Zeitungen mit den aktuellen Prognosen.<br />

1999 holte Kachelmann Donald Bäcker in sein Team, der<br />

von 1990 bis 97 die Wetterwarte in Neuruppin leitete. Eigentlich<br />

wollte Bäcker gar nicht vor die Kamera, doch bei<br />

Kachelmann lernte er das Handwerk des „Medienmeteorologen“.<br />

Seine Wetterprognosen werden bis heute im Morgenmagazin<br />

bei ARD gesendet. Interessanter als im Studio<br />

ist es natürlich, wenn der Wetterbericht draußen stattfindet:<br />

eine Spezialität von Donald Bäcker. Wenn ihm die Haare<br />

zu Berg stehen und der Sturm ihm fast das Mikro aus der<br />

Hand weht, etwa auf einem Leuchtturm an der Nordsee, ist<br />

er in seinem Element. Ob in den Alpen im tiefen Schnee, in<br />

Badehose im Schwimmbad oder im Elefantenhaus überall<br />

macht der sportliche Medienmeteorologe eine gute Figur.<br />

Seit 1999 hat Claudia Kleinert im 1. Programm und<br />

verschiedenen dritten Programmen viele Fans. Mal sexy in<br />

knallrot oder pink mit langen blonden Haaren, mal seriös im<br />

schwarzen Outfit mit hochgesteckten Haaren. Immer wird<br />

diese gut gelaunte Wetterfee auf dem Bildschirm gern gesehen.<br />

Perfekt sind ihre Gestik und Mimik, ihre positive Ausstrahlung,<br />

ihre angenehme Stimme. „Ein hübsches Gesicht<br />

reicht nicht“ schreibt sie in ihrem Buch „Unschlagbar Positiv“<br />

von 2016. Sie setzt sich mit der „Charisma-Formel“ auseinander<br />

und gibt Tipps, wie man erfolgreich kommuniziert. Und<br />

sie berichtet, wie es ihr geschickt gelungen ist, selbst Karriere<br />

zu machen. Inzwischen ist Kleinert ein viel gebuchter Coach<br />

in Sachen Karriere und Beruf. Gern wird sie auch als Moderatorin<br />

für Galas von Unternehmen gebucht. Doch sie hat auch<br />

eine andere Seite. Sie engagiert sich für Menschen mit Behinderung.<br />

2012 wurde ihr hierfür der Medienpreis BOBBY der<br />

Bundesvereinigung Lebenshilfe verliehen. Nicht mit Mitleid,<br />

sondern voller Respekt und Natürlichkeit sei ihr Umgang mit<br />

Menschen mit Behinderung. Ihr Bruder Stephan lebt mit einem<br />

Handicap und sie bewundert, wie kraftvoll er sein Leben<br />

meistert. Er begleitete sie zur Preisverleihung.<br />

Umwelt<br />

Cover me in Sunshine hieß ein Hit im oft verregneten<br />

Sommer 2021. Die Sehnsucht nach Sommer, Sonne und<br />

Strand bleibt auch in der kalten, nebligen und nassen Jahreszeit.<br />

Es ist die Zeit von Nebelschwaden, kalten Nächten<br />

und Dauerniesel. Macht uns das depressiv, verloren und<br />

melancholisch? Oder ist es für uns die Zeit des fröhlichen<br />

Mausgrau – frei nach Loriot – wo wir auf Weihnachten, den<br />

Jahreswechsel und ein gutes neues Jahr <strong>2022</strong> warten. Benjamin<br />

Stöwe, der Wettermoderator im ZDF, hatte wohl eher<br />

einen positiven, ironischen Blick, als er mit einem T-Shirt<br />

mit dem Caspar David Friedrich Motiv „Der Wanderer über<br />

dem Nebelmeer“ seine Sendung augenzwinkernd moderierte.<br />

Wer hat schon 30 verschiedene kitschige bis scheußliche<br />

Weihnachtspullover auf der Kleiderstange? Benjamin Stöwe.<br />

Im Advent überrascht er seine Zuschauer jeden Tag neu. Der<br />

Hammer war im Dezember ein Modell mit einem eingestickten<br />

Raumschiff. Am Tag vor Silvester zeigte er sich diesmal<br />

aber ganz korrekt im schwarzen Dreiteiler, Oberhemd, und<br />

froschgrüner Fliege. Stöwe, ein ausgebildeter Schauspieler,<br />

begeistert seine Zuschauer mit seiner lässig-coolen Art. Und<br />

bei ihm gibt es immer MOMA-Tassen für besonders gelungene<br />

Wetter-Fotos der Zuschauer zu gewinnen.<br />

Sven Plöger, ein Dipl. Meteorologe, ist ein weiterer Publikumsliebling.<br />

Unermüdlich erklärt er seinen Zuschauern<br />

möglichst anschaulich und mit einer Prise Humor Wetterphänomene.<br />

Er will uns immer wieder die Fachbegriffe<br />

der Meteorologie wie von Isobaren, Orkanen, Tornados,<br />

Zyklonen oder der Stratosphäre vermitteln. Manchmal<br />

sind spezielle Wetterdarstellungen wie etwa Strömungsfilme<br />

einfach nur schön anzusehen in blau grün und türkis<br />

– wie Kunstwerke. Natürlich lässt ihn die Klimakrise nicht<br />

kalt. Mit seinem Bestseller von 2020 „Zieht euch warm<br />

an, es wird heiß“ setzt er sich fundiert mit dem komplexen<br />

Thema Klimawandel auseinander und will einem breiten<br />

Publikum die Augen öffnen, was passiert, wenn wir nicht<br />

handeln. Einen „Vorgeschmack“ hat ja für Deutschland die<br />

Flutkatastrophe im Sommer 2021 an der Ahr oder auch am<br />

Königssee gegeben.<br />

Ob als App, im Radio, Fernsehen oder in der guten alten<br />

Zeitung – ohne Wettervorschau läuft gar nichts. Wir wüssten<br />

ja gar nicht, was wir anziehen sollen. Tessie Reeh<br />

Foto: Rita Petri<br />

Foto: Wikipedia Commons<br />

Foto: Patrice Venne<br />

Foto: Wikipedia Commons<br />

Der Wetterfrosch Willi Bürger schrieb viele Jahre<br />

Wetterberichte für die Siegener Presse.<br />

Claudia Kleinert, stets gut gelaunte Wetterfee im<br />

1. Programm und in verschiedenen 3. Programmen.<br />

Maxi Biewer moderiert seit über 25 Jahren auf symphatische<br />

Weise auch schlechtes Wetter beim RTL.<br />

Sven Plöger, Dipl. Meteorologe, der seinen Zuschauern<br />

Wetterphänomene mit Humor erklären kann.<br />

62 durchblick 1/<strong>2022</strong><br />

1/<strong>2022</strong> durchblick 63

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