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db-WEB 1-2022

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Ferien auf Djerba<br />

Die Wüste lebt<br />

Bild: Sibylle Kreuser<br />

In der Zeitschrift „Die Zeit“ fand ich ein Ferienangebot<br />

über ein von einem deutschen Architekten erbautes<br />

Haus im arabischen Stil auf der Insel Djerba.<br />

Das Haus wurde von der Witwe des Architekten<br />

samt einem arabischen „Diener-Koch“, der ürigens<br />

nur französisch sprach, an Feriengäste vermietet. Die<br />

Aufgaben dieses Kochs waren: Zubereitung der Mahlzeiten,<br />

Sauberhalten des Hauses, Wäsche waschen<br />

(mit Waschmaschine natürlich).<br />

Meine Familie – Vater, Mutter, zwei Töchter im<br />

sogenannten Backfischalter – war begeistert von<br />

diesem originellen Angebot, und wir flogen zusammen<br />

auf die Insel Djerba, wo wir viele interessante<br />

Abenteuer erlebten.<br />

Besonders in Erinnerung ist mir ein später<br />

Nachmittag, an dem die untergehende Sonne die Wüste,<br />

die ja tagsüber mit ihren verschiedenen Abstufungen<br />

von sandfarbenem Beige nicht gerade eine farbliche<br />

Augenweide ist, in ein unfaßbar schönes Farbenspiel<br />

Haus im arabischen Stil auf Djerba<br />

Foto: Wikipmedia Commons<br />

von Gold – Erika – Schwarz und Braun tauchte. Die<br />

ältere Tochter und ihr Vater hatten sich wieder einmal<br />

zum Reiten verabredet. Die jüngere und ich waren<br />

morgens auf Kamelen geritten. Durch den holprigen<br />

Gang der Tiere taten uns Po und Oberschenkel weh.<br />

Wir beschlossen daher, auf einem Spaziergang<br />

durch die Wüste das wunderbare Farbenspiel zu genießen.<br />

Wir stolperten also begeistert und unbekümmert<br />

durch den Sand und vergaßen Ort und Zeit.<br />

Plötzlich stellten wir beide fest, dass wir uns nicht<br />

erinnern konnten, aus welcher Richtung wir gekommen<br />

waren. Wir hatten uns also verlaufen! Hinzu kam<br />

noch, daß wir uns an eine Warnung erinnerten, die<br />

Dunkelheit bricht sehr schnell über die Wüste ein!<br />

Was tun ?<br />

Wir suchten beide den Horizont rundum nach<br />

möglichen Hinweisen ab. Da erblickten wir plötzlich<br />

eine Reitergruppe am Horizont, die auf uns zuritt.<br />

„Oh weia – die werden uns überfallen!“ meinte meine<br />

Tochter. „Hör nur – jetzt reiten sie leiser, pirschen sich<br />

an uns heran!“<br />

Der vordere Reiter ritt nun auf mich zu, senkte<br />

sein Haupt entlang dem Pferdehals und flüsterte mir<br />

ins Ohr: „Wir sind leise angeritten, um schöne junge<br />

Damen nicht zu erschrecken!“ Meine Tochter reagierte<br />

mit prustendem Gelächter, befreit von Furcht und<br />

schlimmen Gedanken. Ich sagte: „Du siehst, immer<br />

positiv denken ist das Beste für Dich.“ Sie: „Nein,<br />

Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste.“<br />

Wie dem auch sei. Die zunächst so gefürchtete Reitergruppe<br />

wußte natürlich, wo das Haus des Architekten<br />

stand und konnte uns die Richtung dahin zeigen,<br />

so daß unser abendlicher Wüstenspaziergang doch<br />

noch ein gutes Ende nahm. <br />

Addy Knabe<br />

Neulich suchte ich auf der Video-Plattform<br />

„You Tube“ nach einem Beitrag über unbebaute<br />

Ländereien. Unter den vorgeschlagenen<br />

Filmen stach mir einer mit dem Titel „Die Wüste<br />

lebt – Skorpionen-Tanz“ besonders ins Auge. Ich<br />

klickte das kurze Filmchen an und sah, wie ein Skorpion<br />

einen zweiten aus dem Sand grub und wie dann<br />

beide gemeinsam hin und her kreisend eine Art Tanz<br />

vorführten. Nicht zuletzt durch die sonore Stimme<br />

des Kommentators, der den Vorgang teilweise sogar<br />

gereimt begleitete, fiel mir längst Vergessenes wieder<br />

ein. Ich hatte ein regelrechtes Déjà-vu-Erlebnis.<br />

Es muss wohl so um das Jahr 1955 gewesen sein.<br />

Unsere Klassenlehrerin kündigte uns gegen Ende<br />

der Deutschstunde an, dass wir anderntags ins Hotel<br />

Nassau – dem örtlichen Lichtspieltheater – zu einer<br />

Filmvorführung gehen würden. Dass es strahlende<br />

Gesichter im Klassenraum gab, lässt sich denken.<br />

Der Film heiße „Die Wüste lebt“ und er sei sehr lehrreich<br />

und außerdem aus Amerika. Damit war alles<br />

gesagt, denn was aus Amerika kam, musste ja ganz<br />

einfach hervorragend sein.<br />

Und tatsächlich war das Werk aus dem Hause<br />

Disney – was ich freilich erst viel später erfuhr<br />

– 1953 mit einem Oskar für den besten Dokumentarfilm<br />

ausgezeichnet worden. Bis dahin hatte sich<br />

Walt Disney ja eher einen Namen mit Zeichentrickfilmen<br />

gemacht. Nun also wollte er seine Kasse mit<br />

einem Stoff jenseits von Mickey und Donald füllen.<br />

Und hierzu hatte er ein Team tatsächlich nicht an<br />

einen Zeichentisch, sondern in eine richtige Wüste<br />

geschickt. Zwar nicht in die Sahara, wie unsereins es<br />

sich gedacht hatte. Stattdessen kamen die spektakulären<br />

Ausnahmen aus den riesigen Wüsten zwischen<br />

Texas und Kalifornien.<br />

Und so wurden wir mit einer malerischen Landschaft<br />

vertraut gemacht, die auf den ersten Blick vor<br />

allem Steine und Sand und nicht zuletzt kolossale<br />

Felsformationen offenbarte. Unglaublich öde und<br />

trostlos! Aber dann lernten wir – getreu dem Filmtitel<br />

– die tierischen Bewohner kennen. Dabei gab es<br />

eine Artenvielfalt, die sich keiner so vorgestellt hatte.<br />

Die Wüste lebte wahrhaftig. Von manchen wunderlichen<br />

Exemplaren hatten wir noch nie etwas gehört.<br />

Auch dank der großartigen Nahaufnahmen erfuhren<br />

wir sehr viel über sie.<br />

Zumeist bestimmte die Nahrungssuche ihren<br />

Tagesablauf. Amüsante Passagen wichen gelegentlich<br />

der harten Wirklichkeit des Überlebenskampfes.<br />

Die Kleinsten wurden von den etwas größeren<br />

Wüstenbewohnern gefressen und diese kurz darauf<br />

von den noch größeren. Vor allem hielt ein tödliches<br />

Duell zwischen einer Vogelspinne und einer Wespe<br />

alle jungen Zuseher minutenlang in Atem. Von dieser<br />

Sequenz abgesehen sorgte das vom Sprecher<br />

enthusiastisch und zumeist humorvoll begleitete<br />

Geschehen im Kinosaal immer wieder einmal für<br />

Gelächter. Wir freuten uns über die tollen Bilder<br />

und konnten beim Aufsatz, den es anderntags natürlich<br />

zu schreiben galt, viele Zeilen über die noch<br />

nie dagewesenen Naturaufnahmen füllen.<br />

Auf den Gedanken, dass Disney – wie bei ihm<br />

üblich – der Tierwelt menschliche Charaktereigenschaften<br />

zuwies, kamen wir damals nicht und – ehrlich<br />

gesagt – es hätte uns auch nicht interessiert.<br />

Aus heutiger Sicht freilich gäbe es vor allem bei den<br />

Kommentaren zu den Geschehnissen so manches zu<br />

kritisieren. Aber auch in puncto Dokumentation sind<br />

wir inzwischen ganz anderes gewohnt. Dennoch: Für<br />

mich ist und bleibt „Die Wüste lebt“ eine liebe Erinnerung<br />

an die Schulzeit.<br />

Ulli Weber

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