db-WEB 1-2022
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Aus der Region<br />
Aus der Region<br />
Bad Berleburger Schüler beim Anlegen des Schieferpfads.<br />
würde zu weit führen, diese hier alle aufzuführen. Generell<br />
gilt als Hauptmotto „Natur erleben, Landschaft genießen“.<br />
Ähnlich wie beim TÜV erfolgt die nächste Prüfung für den<br />
Beibehalt des Wandersiegels nach drei Jahren.<br />
Die Auszeichnung „Premiumweg“ verleiht das von Rainer<br />
Brämer und einigen Mitstreitern gegründete Deutsche<br />
Wanderinstitut in Marburg. Und der allererste Weg, der das<br />
Premium-Prädikat erhält, ist – natürlich – der Rothaarsteig.<br />
Inzwischen – Stand Herbst 2021 – sind in Deutschland<br />
alleine 658 Rundwanderwege mit diesem Qualitätssiegel<br />
zertifiziert.<br />
Nach der Eröffnung des Rothaarsteigs häufen sich<br />
die Anfragen beim hiesigen Touristikverband. Wanderer<br />
suchen nach weiteren Wanderwegen in der Region.<br />
Schließlich wird im Kreishaus beschlossen, dass jede der<br />
elf Si-Wi-Kommunen Fördermittel für das Anlegen eines<br />
Wanderwegs beantragen kann. Es verursacht in einigen<br />
Orten Probleme, jemanden zu finden, der das Anlegen eines<br />
Wegs in die Hand nimmt. Nicht so in der Stadt an der<br />
Odeborn. Hier gibt es ja einen Naturliebhaber, der bereits<br />
über die nötige Erfahrung verfügt. Rüdiger Grebe übernimmt<br />
wie selbstverständlich die Aufgabe.<br />
Es entsteht ein 20,8 km langer Pfad rund um die Ederschleifen<br />
zwischen Arfeld und Schwarzenau mit der Bezeichnung<br />
„Via Adrina“ (Ederweg). Er ist als „Siamesischer<br />
Zwillingsweg“ gestaltet. Im Naturschutzgebiet<br />
„Honert“ verbindet ihn und den „Schieferpfad“ nämlich ein<br />
knapp 300 Meter langer gemeinsamer Abschnitt. Die „Verwachsung“<br />
dient dazu, dass man beide Rundwege ohne<br />
Foto: Rüdiger Grebe<br />
Unterbrechung in einem Zug erwandern kann. Dazu gibt<br />
es die Möglichkeit, die Via Adrina auch in zwei „Kurztouren“<br />
– „Arfelder-“ und „Schwarzenauer-Runde“ genannt<br />
– von jeweils etwa 12 Kilometer zu absolvieren. Im Jahr<br />
2009 erhält der Weg nicht nur das Prädikat „Premium-<br />
Wanderweg“, sondern wird dazu noch als drittschönster<br />
Wanderweg Deutschlands ausgezeichnet. In der durchblick-Ausgabe<br />
Nr. 1/2015 steht Näheres zur Via Adrina.<br />
Eine neue Auszeichnung<br />
Es sind einige Jahre vergangen, als vom Wanderinstitut<br />
eine neue Auszeichnung aus der Taufe gehoben wird.<br />
Die im Schwarzwald gelegene Gemeinde Bad Peterstal-<br />
Griesbach darf seit 2017 für sich in Anspruchen nehmen,<br />
der erste „Wanderort“ in Deutschland mit einer entsprechenden<br />
Zertifizierung zu sein. Gleich fünf Premium-<br />
Rundwanderwege verhelfen der Kommune zu dieser Qualitätsgarantie.<br />
Drei Wege hätten hierfür bereits ausgereicht.<br />
Etwa zeitgleich entsteht in der Kurstadt an der Odeborn<br />
die Idee, nach dem Schieferpfad und der Via Adrina in deren<br />
Nähe einen dritten Wanderweg anzulegen. Die Frage,<br />
die in der Nachbarstadt Schmallenberg einst zur Realisierung<br />
des Rothaarsteigs geführt hat, beschäftigt auch die<br />
Touristiker in Bad Berleburg: „Wie schafft man es, eine<br />
durch die schlechte Verkehrsanbindung benachteiligte<br />
Region für Besucher attraktiv zu machen?“ Und die Auszeichnung<br />
„Wanderort“ bietet – nicht zuletzt wegen ihrer<br />
Seltenheit – einen ausschlaggebenden Anreiz für Wanderer,<br />
die einen mehrtägigen Urlaub in einen Gebiet mit ausgezeichneten<br />
Rundwanderwegen planen.<br />
Dass ein Vollblut-Wanderer wie Rüdiger Grebe von all<br />
dem nicht unbeeindruckt bleibt, lässt sich denken. Tatsächlich<br />
beschäftigt ihn das Thema schon länger. Nach dem<br />
Schieferpfad auf der linken Ederseite und der Via Adrina<br />
auf beiden Seiten des jungen Flusses ist der Gedanke naheliegend,<br />
einen vorwiegend auf der rechten Seite verlaufenden<br />
Wanderweg anzulegen.<br />
Das große Ziel wird erreicht<br />
Die Aufgabe des Dotzlarers besteht vor allem darin, detaillierte<br />
Konzepte für die Wege und die Infrastruktur zu<br />
erarbeiten. Für deren Umsetzung ist neben der Stadtverwaltung<br />
die BLB-Tourismus-Gesellschaft verantwortlich. Und<br />
es ist ein wahrer Glücksfall, dass in dieser außergewöhnlich<br />
engagierte und kompetente Personen die „Schalthebel bedienen“.<br />
An der Spitze steht mit dem Geschäftsführer Andreas<br />
Bernshausen ein zielstrebiger und dynamischer „Mann<br />
der Tat“. Er greift die Idee eines „Premium-Wanderorts“<br />
spontan auf und macht sich an die Umsetzung. Dass die<br />
große Aufgabe letztlich gelingt, ist auch ein Verdienst von<br />
Klaus Erber. Er ist beim Wanderinstitut als 1. Vorsitzender<br />
der Nachfolger von Rainer Brämer und half zuverlässig als<br />
ständiger Ansprechpartner. Rüdiger Grebe ist sich sicher:<br />
„Ohne seinen Sachverstand und sein Engagement hätten wir<br />
das Projekt nicht schultern können.“<br />
Und weil auch die Verwaltung mit Bürgermeister Bernd<br />
Fuhrmann an der Spitze vorbildlich „mitzieht“ und vor allem<br />
die zahlreichen amtlichen Aufgaben zeitnah erledigt,<br />
erreicht man das große Ziel. Es entsteht zunächst der Weg<br />
„Via Celtica“ (Zertifizierung 2019) und rasch danach auch<br />
noch „Bei de Hullerkeppe“ (2020). Dass dazu auch noch<br />
mit der „Märchenspur“ der erste Spazier-Wanderweg in<br />
weitem Umkreis zertifiziert wird (2020), setzt als „Sahnehäubchen“<br />
dem Ganzen eine Krone auf. Rüdiger Grebe<br />
resümiert: „Dass alle Routen so gut ‚in Schuss‘ sind, ist<br />
ein Verdienst der Stadt, aber auch der ehrenamtlichen<br />
Wegepaten, die sich permanent um einen optimalen<br />
Zustand der Strecken bemühen.“<br />
Allgemein wird bei der etwa 15 Kilometer langen Via<br />
Celtica der hohe Anteil der Pfade gelobt. Sie sind teilweise<br />
recht anspruchsvoll angelegt. Dazu zählen die beeindruckenden<br />
Felsformationen und die tollen Aussichtspunkte<br />
mit Ausblicken auf Dotzlar und das Edertal zu den Orten,<br />
die das Wandern zu einem Genuss machen. Die „Bezwingung“<br />
der einsam in der Landschaft stehenden Ringwallanlage<br />
– von den Dotzlarern „Keltenburg“ genannt – ist in jeder<br />
Beziehung der unbestrittene Höhepunkt der Wanderung.<br />
Leider sorgt ein Olper Archäologe noch vor der Einweihung<br />
für einen unwillkommenen Dämpfer. Er stellt generell<br />
in Zweifel, dass die Kelten im Wittgensteiner Land<br />
heimisch gewesen sind. Den Wanderweg „Via Celtica“ zu<br />
nennen, sei ein grober Fehler. Die Anfechtung sorgt eine<br />
Zeitlang für gewisse Irritationen. Ob Wittgenstein – wie<br />
die benachbarten Regionen – tatsächlich ein Teil der keltischen<br />
Kultur war oder nur eine Kontaktzone, kann und<br />
soll hier nicht untersucht werden. Rüdiger Grebe jedenfalls<br />
freut sich vor allem darüber, dass der Weg auf Anhieb<br />
den großen Zuspruch der Wandernden findet.<br />
Ein Alleinstellungsmerkmal<br />
Endlich ist sie da, die Wanderort-Urkunde. V.lks.: Rüdiger<br />
Grebe, Andreas Bernshausen und Bernd Fuhrmann.<br />
Probleme mit dem Wegnamen gibt es „Bei de Hullerkeppe“<br />
(Bei den Wacholderköpfen) nicht. Gegen die seit<br />
alters her gepflegte Mundart lässt sich nicht anstinken. Der<br />
rund 19 Kilometer lange Weg führt von Dotzlar aus bis in<br />
die Nähe von Hemschlar. Einen großen Anteil an dessen<br />
Zustandekommen hat der in Bad Berleburg und Umgebung<br />
bekannte Wanderführer Frank Fischer. Im Gedächtnis<br />
bleiben auch hier imposante Felsformationen und urige<br />
Wacholderheiden. Mit der Burgrunde (7,2 km), der Eisensteinrunde<br />
(11,6 km) und der Kellerrunde (6,7 km) lässt<br />
sich der Weg auch in drei Etappen absolvieren.<br />
Weiter oben habe ich von einem „Siamesischen Zwillingsweg“<br />
geschrieben. Weil auch die beiden jüngsten<br />
Wege miteinander und dazu mit den beiden schon länger<br />
vorhandenen verbunden sind, kann man ungezählte Variationen<br />
durchgehend auf Premium-Niveau absolvieren.<br />
Rüdiger Grebe sagt stolz: „Es ist ein Alleinstellungsmerkmal!“<br />
Er empfiehlt freilich, jeden Weg erst einmal für sich<br />
zu erwandern: „Wegen des jeweiligen Themas.“<br />
Bleibt noch eine kurze Vorstellung des Spazier-Wanderwegs<br />
„Märchenspur“. Laut dem Wanderinstitut sind<br />
Spazierwege kurze Rundwanderwege (zwischen 3 bis 7<br />
km) mit einem besonders hohen Erlebniswert. Diesem Anspruch<br />
wird die knapp sechs Kilometer lange Märchenspur<br />
vollauf gerecht. Die an sechs Stationen erlebbaren Geschichten<br />
der Gebrüder Grimm und vor allem das Schloss<br />
und der Schlosspark stellen alleine für sich schon ein kleines<br />
Wanderparadies – nicht nur für Kinder – dar.<br />
Vegetarisch – Kulinarisch<br />
Um aufzuzeigen, mit welchen „Feinheiten“ sich die Touristiker<br />
befassen müssen, möchte ich abschließend noch einige<br />
interessante Kriterien nennen, die unabdingbar für die<br />
Zertifizierung eines Premium-Wanderorts sind. So muss<br />
monatlich mindestens eine Wanderung zu naturkundlichen<br />
oder kulturhistorischen Themen angeboten werden. Befragungen<br />
der Wandergäste durch das Wanderinstitut müssen<br />
unterstützt werden. Der Wanderort muss über ein flächendeckendes<br />
Angebot von wanderfreundlichen Gastgebern mit<br />
verlässlichen Öffnungszeiten verfügen. Gastronomische<br />
Betriebe müssen Personal beschäftigen, das die Wanderwege<br />
kennt und die Gäste beraten kann. Auf der Speisekarte<br />
müssen mindestens zwei regionaltypische und zwei<br />
vegetarische Gerichte vorhanden sein. Sollten Sie sich<br />
demnächst oder später auf den Weg ins Wanderparadies<br />
machen, dann lassen Sie es sich schmecken – und zwar in<br />
jeder Beziehung.<br />
Ulli Weber<br />
Foto: BLB-Tourismus<br />
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