db-WEB 1-2022
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Em Janewar woar ech nochemoal em Hesse bi nem<br />
Freund ze Besooch, on wie dat e osem Ahler so giert, et<br />
lees sech net vermeire, dat mr werrer moal ob dat Thema<br />
Krankheire ze schwätze koame. Hä meinde, en Grond zom<br />
Kla hädde hä ömmer, awer et es leider net ömmer einer doa, dä<br />
einem och doabi zohört, on da notzt dat ganze lamendiern jo<br />
och nix. Dä eine häd kä Zitt zom Zohörn, dä anger säd:<br />
„Stell dech net so ah, bewäj dech moal e besselche“. En<br />
ganz schlaue gore Freundin säd: „Du moßt emoal gäje dech<br />
goa“. Dat si awer alles nur domme Schwädde va Lüh, dännet<br />
momendan wat besser giert wie osereinem. Dr Dieter verzahlde<br />
mir da bi nem Köbbche Kaffee, darre sech körzlech<br />
bi nem Facharzt amelln woll. Am Telefon kreje da Bescheid,<br />
darre am 8. Abrel, also erschd e sewe Woche ’n Termin krijje<br />
könn. Doa härre sech wahne dröwer objeräjt on jeroofe:<br />
„Mädche, bes doahe sin ech verlechds alt dourt“, on da dr<br />
Hörer objeknallt. Awer doabet woar sin Problem jo och noch<br />
net jelöerst. Sin Frou beheelt de Rouh, reef och nochemaol<br />
ah, on doa so, als wörne se Privatbaziende, wat nadürlech<br />
net stömmde. On plötzlech sädde dat Mädche va dr Rezepzioa<br />
zuckersöß, dat öwermorn ömme zeh noch’n Termin frejj<br />
wör. Doa häd mr doch kä Worde meh, worr. Wo läwe mir<br />
da? Hä häd nadürlech dän Abreltermin net ajenomme, on<br />
schmeert ser dt Krüzze bet Arnikasalw on Redderspetz eh.<br />
Mundart<br />
Bim Dogder<br />
Ka si, et helft e besselche. On wie mr so am Lälln woarne,<br />
goaw hä nochn Erlebnis bim Urologen zom Besde. Et woar<br />
net jerad de modernsde Praxis. Dr Dieter wur objeforert, de<br />
Botze moal rungerzeloaße on sech öwer de Ungersuchungslieje<br />
ze böaje. Dä Dogder koam bet sinnem Stohl hinger dm<br />
Schrifdesch römjefahrn, on machde so die übleche Tastungersöchung.<br />
Wie’e da ferdech woar on zeröggefahrn woll,<br />
ging dat net so god, weil de Rolln va däm Stohl sech em<br />
Dieter sinne Botzedräjern verfonke hadde. Beire kreje roure<br />
Köbbe, on schweißnasse Häng bi däm Versuch, dat ganze<br />
ze entwirren. Se koame net vananger, on dn Stohl ahierwe<br />
ging och net. Irjendwann herrschde awer werrer Ordnung, dr<br />
Dogder soaß werrer hinger sinnem Schrifdesch, on dr Dieter<br />
häd va Arztbesuche erschdemoal de Nas voll.<br />
Ech hadde da och noch’n kleine Jeschechde va wäje Privatbaziend<br />
ze verzahln. Dän Rest Kaffee us dm Köbbche<br />
dronk ech us on sädde: „Ech kenn da och’n vörnähme Frou,<br />
die woar och privatversechert, on krej jerekt am nächsde<br />
Daach’n Termin. Se wur ungersöcht, on dr Dogder digdierde<br />
dr Sekretärin e paar lange ladinsche Wörder för de Kardei.<br />
Die Frou froawde bet zerrernder Stömm: „Herr Dogder,<br />
es et da en sälene Krankheit a der ech liere“?<br />
Doa säd dr Dogder drüjj: „Lewe Frou, dat ka mr so net sä.<br />
Os Kerfich lejjt voll drva.“ Bruno Steuber, Littfeld<br />
Cavalleria Rusticana<br />
Schwiegermütter und Schwiegertöchter in spé<br />
Als ich nach etwa sechs Jahren aus der großen weiten<br />
Welt ins Siegerland zurückkehrte, fühlte ich mich so,<br />
als hätte ich bereits so viel erlebt, dass ich 100 Jahre<br />
Leben damit füllen könne. Ich fühlte mich außerirdisch,<br />
wenn es darum ging, mit meiner Umwelt zu kommunizieren.<br />
Ich war Mitte Zwanzig. In diesem Zeitraum schaut man sich<br />
noch nach Liebesmenschen und Abenteuern um. Oft verstand<br />
ich aber die Reaktionen der Männer nicht.<br />
Nr. 1<br />
Schon mein erster „Lieblingsmensch“ – den hatte ich<br />
direkt nach meiner Rückkehr ins Siegerland kennengelernt<br />
– nannte mich immer „Mona Lisa“.<br />
Er hielt mich offensichtlich für unergründlich.<br />
Nr. 2<br />
Ich treffe einen flüchtigen Bekannten von früher. Wir<br />
gehen einen Kaffee trinken, danach etwas bummeln. Wir<br />
kommen an seinem Elternhaus vorbei. Dort steht die Mutter<br />
am Gartenzaun. Wir grüßen einander. Ich sehe, wie sie<br />
versucht, mich einzuordnen. Später wird sie in meinem Beisein<br />
zu ihrem Sohn sagen: „Dat loa?“. Damit meint sie mich,<br />
spricht aber nicht weiter. Einige Begegnungen später sagt<br />
sie zu ihrem Sohn: „Dat hät emmer Locke!“. Wieder etwas<br />
später dann: „Dat setzt gewess d'r ganse Daach bim Friseur<br />
röm. Jonge, Jonge! Onn du mosst dat da späer emoah alles<br />
bezahln“.<br />
Mir hatte zwar der liebe Gott die Locken mit in die Wiege<br />
gelegt und ich brauchte nie dafür zu zahlen. Aber er war<br />
ein gehorsamer Sohn. Kurz darauf heiratete er ein Mädchen<br />
mit „stracke Hoor“<br />
Nr. 3<br />
Ich arbeite in einem namhaften Industriebetrieb für einen<br />
Abteilungsleiter. Er muss immer wieder Verkäuferschulungen<br />
in ganz Deutschland durchführen. Manchmal war es<br />
notwendig, Unterlagen an seinen Heimatort zu schicken.<br />
Um sich diesen Umweg in sein Büro zu ersparen nahm er<br />
die Bundespost zu Hilfe. Wir arbeiteten gut zusammen. Die<br />
Arbeit machte großen Spaß. Auch deshalb, weil er mir viele<br />
Kompetenzen überließ. Ich war hier nicht nur eine Befehlsempfängerin<br />
wie andere Sekretärinnen in dieser Zeit.<br />
Als Team waren wir sehr erfolgreich. Seine 70jährige<br />
Mutter, mit der er in einer Wohnung zusammen lebte, spürte<br />
das ganz offensichtlich und wurde sehr eifersüchtig. Eines<br />
Tages rief sie mich an und schimpfte gleich los: „Siiiiiiie<br />
senn doch kenn Frau net. Minnem Jong Bömmcher schenge<br />
onn Zeddel enn Stenographie doazoo schriewe!“ Ich hatte<br />
wieder einmal die Post an ihn geschickt. Diesmal aber einen<br />
Gratis-Traubenzucker aus der Apotheke im Erdgeschoß<br />
Gesellschaft<br />
dran geklebt und einen Zettel in Stenographie mit dem<br />
frommen Wunsch „Viel Erfolg“. Er konnte Steno lesen.<br />
Wegen der Eifersucht der „Mama“ war diese Episode<br />
auch bald beendet.<br />
Nr. 4<br />
Über meine Freundin hatte ich einen jungen Mann<br />
kennengelernt, der gerade seine Ingenieurprüfung abgelegt<br />
und sich bereits für seine erste Arbeitsstelle beworben hatte.<br />
Er war stolzer Besitzer eines Goggomobil. Damit fuhren<br />
wir an Wochenenden manchmal „ins Grüne“ oder auch „ins<br />
Blaue“. Es kam die Zeit, dass er mich seinen Eltern vorstellen<br />
wollte. Als der Termin feststand, sorgte ich für einen<br />
entsprechenden Blumenstrauß. Meine Mutter hatte mir eingeschärft,<br />
mich zum Abtrocknen anzubieten. So vorbereitet<br />
kam ich dort an. Die Mutter hatte „bunte Schnittchen“ gemacht,<br />
dekoriert mit hartgekochten geviertelten Eiern, Tomaten<br />
und Petersilie. Dazu gab es einen Grog. Kaum hatten<br />
wir uns hingesetzt und ich hatte an meinem Grog genippt,<br />
schoss sie den ersten Giftpfeil ab: „Na, das Trinken sind<br />
Sie ja dann wohl gewöhnt!“. Danach kam eine Gemeinheit<br />
nach der anderen. Ihr Sohn hatte ihr wohl erzählt, dass ich<br />
aus dem Hotelfach komme, was sie wohl als „Bordellfach“<br />
empfand. Ohne zu zögern unterstellte sie mir, dass ich mit<br />
blankem Hinterteil an Stangen herumtanze und Männer<br />
zum Trinken animiere. Und als ich mich nach Tisch zum<br />
Abtrocknen anbot, zischte sie mich an: „Lassen Sie das, Sie<br />
zerbrechen nur mein Geschirr“.<br />
Ich war sprachlos.<br />
In England wäre derartiges nie passiert. Ich sehnte mich<br />
wieder einmal zurück nach England, zurück in mein gemütliches<br />
Zimmer in der Kendalstreet, zurück nach meinem<br />
dortigen Freundeskreis.<br />
Meine weiteren Reisen führten mich in so manchen „Hafen“,<br />
den der Ehe aber konnte ich vermeiden.<br />
<br />
Erna Homolla<br />
Mit dem Goggomobil „ins Grüne“<br />
Foto: Wikipmedia Commons<br />
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