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Flensburg Journal - 241 Oktober 2022

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Flensburg ist bei Gewerbesteuer und Grundsteuer absolute Spitze in Schleswig-Holstein. Das wiederum

ist für viele eine finanzielle hohe Belastung und ggfs. ein Grund, aus Flensburg wegzugehen. Sind

Sie bereit, den Standort wieder attraktiver zu machen und wenn ja, wie?

Dr. Fabian Geyer:

Es wird einen Rückgang der Gewerbesteuereinnahmen geben, gerade wenn

die Rezession auch unsere Region treffen wird. Eine Möglichkeit zur Absenkung

des Steuersatzes sehe ich nicht. Wir werden mit der Politik prüfen und

entscheiden müssen, welche Ausgaben Priorität haben. Das sind für mich

die Daseinsvorsorge, mit den Schwerpunkten Kindeswohl und Klimawandel,

und der Lebenswert für die Menschen. Ich werde mich für einen engeren

Austausch zwischen Wirtschaft und den Hochschulen sowie die duale Ausbildung

und Berufsorientierung einsetzen. Unsere Zukunft sehe ich bei der

grenzüberschreitenden Zusammenarbeit; z. B. bei der Energieerzeugung,

Logistik und Mobilität sowie der Kooperation auf Augenhöhe mit den Umlandgemeinden.

Simone Lange

Flensburg ist in den vergangenen 6 Jahren gewachsen. Wir haben einen Zuwachs

an Einwohner*innen von etwa 1000 Menschen pro Jahr. Einzige Ausnahme war das

Coronajahr. Viele Unternehmen konnten angesiedelt werden, einige Flensburger Unternehmen

sind stark gewachsen. Die Gewerbesteuer ist seit 8 Jahren eingefroren

und ich halte eine Erhöhung auch für den völlig falschen Weg. Auch die Grundsteuer,

die seit 5 Jahren fest steht, darf meiner Meinung nach nicht erhöht werden. Die

Flensburger Unternehmen haben sich trotz Pandemie erfolgreich entwickelt. Beleg

dafür ist, dass die Gewerbesteuereinnahmen in den vergangenen 6 Jahren von 46

Mio auf ein Allzeithoch von 57 Mio EUR gestiegen sind.

Wir konnten neue Unternehmen ansiedeln, alle Gewerbeflächen, die wir zur Verfügung

gestellt haben, wurden schnell gefüllt. Jetzt stehen wir vor der Aufgabe,

weitere Gewerbeflächen zur Verfügung zu stellen und bereiten das bereits vor. Das

Hafenostufer zum Bespiel bietet ein großes Potential an Gewerbeflächen, das Gebiet

an der Westerallee und der Bereich Peelwatt ebenfalls. Flensburg ist ein attraktiver

Standort, weshalb uns in der aktuellen Bevölkerungsprognose weiterhin ein starkes

Wachstum vorausgesagt wird. Die gelebte Partnerschaft mit Dänemark ist dabei

genauso wichtig, wie die sehr gute Stadt-Umland-Kooperation, die sich in meiner

Amtszeit besonders gut entwickelt hat. **

Die Stadtwerke als kommunaler Versorger schaffen es durch die Energie-Krise nicht ohne deutliche

Preiserhöhungen, obwohl selbst Energie erzeugt wird. Wie kann das sein? Und wann hat der Flensburger

Bürger die Möglichkeit auch im Bereich der Fernwärme frei entscheiden zu können, wer ihn zukünftig

beliefert? Und vor allem: Haben Sie die „neue Formel“ zur Preisberechnung verstanden?

Dr. Fabian Geyer:

Die Stadt ist Gesellschafter und daher haben Verwaltung und Politik unmittelbaren

Einfluss auf die Strategie, den Auftrag der Daseinsvorsorge und die

Preisgestaltung der Stadtwerke. Viele Menschen haben aufgrund des Schreibens

mit der Kündigung der Verträge und der „Formel“ – die ich ebenfalls

nur mit Hilfe von Fachleuten einigermaßen verstanden habe – Vertrauen in

„ihre“ Stadtwerke verloren. Wenn in der Überschrift „Transparenz“ steht,

sollte diese durchgehalten werden, auch wenn eine seröse Preiskalkulation

derzeit nicht möglich ist. Der Grundpreis erscheint mir zu hoch, der Anreiz

zum Einsparen von Wärme zu niedrig. Andere Wärmequellen zu nutzen wird

absehbar wohl nur durch eine autarke Versorgung gelingen.

Die Innenstadt hat nicht durch Corona, sondern bereits in den Jahren zuvor an Attraktivität verloren.

Welche Maßnahmen wollen Sie ergreifen oder fördern, um die Stadt wieder „voll zu machen“?

Dr. Fabian Geyer:

Das ist leider wahr. Dafür gibt es viele Ursachen. In den letzten Jahren

wurde kein Konzept gefunden, um die Potentiale von Flensburg stärker zu

nutzen – etwa unsere einzigartigen Höfe. Ob die dänischen Kunden weiter

so kommen wie bisher ist keinesfalls sicher. Sauberkeit, Sicherheit und öffentliche

Toiletten sind immer wieder bemängelte Punkte. Dann muss die

Aufenthaltsqualität, zum Beispiel auf der Schiffbrücke, verbessert werden.

Ein ganzjähriges, auf Flensburg zugeschnittenes Veranstaltungskonzept und

eine skandinavische Markthalle als Leuchtturm im Stadtzentrum würden

wichtige neue Impulse bringen.

Simone Lange

Die Stadtwerke sind im Strom-Grundversorgungstarif derzeit einer der günstigsten

Versorger Schleswig-Holsteins. Auch die Fernwärme-Preise sind im Vergleich zu den

Heizkosten mit Gas im Umland moderat.

Der Preisanstieg von Gas, Kohle und CO2-Zertifikaten kommt natürlich auch bei

den Stadtwerken an und beeinflusst die Produktionskosten. Werden Gas und Kohle

teurer, steigen auch die Produktionskosten. Außerdem wollen wir mit unseren

Stadtwerken ein guter Arbeitgeber sein und gute Beschäftigungsverhältnisse bieten.

Und wir haben den Anspruch, die Stadtwerke klimaneutral zu machen. Die Herausforderungen

könnten größer nicht sein. Auch unsere Stadtwerke sind seit Monaten

im Krisenmodus. Die unermüdliche Arbeit der Stadtwerke hat erreicht, dass die Energieversorgung

für Flensburg im kommenden Winter gesichert ist. Das ist vor dem

Hintergrund der offenen Energiefragen in Europa enorm wichtig.

Die Stadtwerke Flensburg sind auf der Grundlage eines Gestattungsvertrags mit der

Stadt Flensburg seit vielen Jahren zuverlässig unser Fernwärmeversorger. Eine Änderung

ist nicht geplant.

Es geht weniger darum, die Formel zu verstehen, sondern darum, dass die Stadtwerke

durch die Preisgleitklausel Preisveränderungen automatisch anpassen. Das ist

wichtig, damit auch Preissenkungen automatisch bei uns ankommen. Das war in

der Vergangenheit nicht so. Aktuell verändern sich die Marktpreise leider nach oben.

Damit kommen die Preiserhöhungen automatisch bei uns Verbraucher*innen an.**

Simone Lange

Anders als in der Fragestellung angedeutet erlebt die Innenstadt nach Corona

wieder einen Aufschwung. Mit Innenstadtmanagement, einem engagierten Beirat

und tüchtigen Kaufleuten stehen die Zeichen gut. Aachener, Events wie den

Verkaufsoffenen Sonntag und Menschen, die sich in ihrer Innenstadt wohlfühlen,

setzen wir der aktuellen Krise etwas entgegen.

Wir haben viele verschiedene Maßnahmen ergriffen, die wir konsequent weitermachen

sollten. Wir haben seit mehr als 1 Jahr einen Innenstadtmanager, durch

ihn konnten wir Fördergelder für die Innenstadt nach Flensburg holen und damit

können wir z. B. Leerstände beseitigen und die Innenstadt attraktiver gestaltet.

Die Besucherzahlen sind bereits wieder auf dem Vor-Corona-Niveau. **

** Antwort leicht gekürzt. Vollständige Antwort auf flensburgjournal.de nachlesbar.

FLENSBURG JOURNAL • 10/2022

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