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Flensburg Journal - 241 Oktober 2022

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Flensburg, Auto- und Radfahrer, Klimapakt. Es gibt hier viele Reibungspunkte und noch kein klar erkennbares

Konzept für den Bürger selbst. Was machen z.B. dänische Städte und Kommunen besser, die

fahrradfreundliche Innenstädte entwickelt haben? Was geht schief in der Flensburger Verkehrs- und

Stadtplanung und wie kann man es zukünftig besser machen und die Erfahrungen skandinavischer

Städte aufgreifen?

Dr. Fabian Geyer:

Flensburg hat ein jahrealtes Klimaschutzkonzept und einen „Masterplan Mobilität“,

die darauf warten umgesetzt zu werden. Es dauert alles zu lange

und die Interessengruppen zerren an ihren Enden. Dieses Gegeneinander

muss aufhören. Wir werden weder den Autoverkehr von heute auf morgen

aus der Innenstadt vertreiben noch können wir ignorieren, dass der Fahrradverkehr

zunimmt und vermehrte Sicherheitsanforderungen und gute Wegeführungen,

z. B. auf Kopfsteinpflaster, benötigt. Ich möchte auch nicht

nur von „fahrradfreundlich“ sprechen, sondern von mehr Rücksichtnahme

insgesamt und einer konsequenten Verfolgung verkehrswidriger Situationen,

besonders in Gefahrenbereichen wie Parken auf Radwegen oder Fahren ohne

Licht. Erfahrungen anderer Städte, auch aus Skandinavien, sind dabei hilfreich.

Simone Lange

Ich glaube Dänemark hat verstanden, dass der Weg zur nachhaltigen Stadt

mit hoher Lebensqualität über die Verkehrspolitik bzw. für eine fahrradgerechte

Stadt führt und zieht, man schaue sich beispielsweise Kopenhagen

an, das konsequent durch.

Dabei hat sich Kopenhagen auf die Themen Stadtleben, Komfort, Geschwindigkeit

und Sicherheit konzentriert und auf Bicycle-Accounts um Schlüsselprobleme

festzustellen. Kopenhagen hat in den letzten 10 Jahren 50 Mio.

EUR allein in die Fahrradinfrastruktur investiert und den Autoverkehr konsequent

aus der Innenstadt herausgenommen. Kopenhagen wurde konsequent

zur fahrradgerechten Stadt entwickelt. Der Autoverkehr wurde dort ebenfalls

konsequent umgestaltet. Auch Sonderburg ist den Weg der autofreien Innenstadt

gegangen.

Flensburg hat mit dem Masterplan Mobilität einen Masterplan mit über 200

Maßnahmen, die in die gleiche Richtung gehen. Es gilt, die genauso konsequent

umzusetzen, wie unsere dänischen Nachbarn.

Flensburg ist eine Stadt mit vielen politischen Gruppen und anderen (wirtschaftlichen) Interessengemeinschaften.

Wie wollen Sie es schaffen, dass diese gemeinschaftlich an einem Strang ziehen, was

für die Entwicklung der Stadt so wichtig wäre?

Dr. Fabian Geyer:

Simone Lange

Das vielfältige Engagement der Menschen in unserer Stadt zeichnet Flensburg

aus, ich begrüße das sehr. Viele dieser Gruppen eint ihre Unzufriedenheit

und empfundene Ohnmacht. Hier gilt es anzusetzen, durch einen

intensiven Dialog mit allen Gruppierungen und dem Angebot, bei Sachfragen

und Vorschlägen unvoreingenommen und zielführend zu vermitteln. Ich fühle

mich weder einer Partei verpflichtet noch einer Interessengruppe. Bei fast

jeder gibt es praktische und wertvolle Anregungen und Argumente, die ich

bis zum Beweis des Gegenteils nicht ausschließe. Diese Offenheit und der

Respekt fehlen mir häufig, was ich im Sinne der Demokratie und Mitsprache

ändern möchte. Da helfen mir die Erfahrung und Fähigkeit zum Kompromiss

aus über 150 Tarifverhandlungen.

Mit 9 Fraktionen ist die Ratsversammlung so vielfältig wie nie. Mit diesem

Trend sind wir nicht allein. Alle Städte erleben diesen Trend. Die politische

Arbeit in den Fachausschüssen erlebe ich konstruktiv. Die notwendigen

Beschlüsse werden stets gut diskutiert und abgewogen und schlussendlich

demokratisch abgestimmt. Während meiner Amtszeit gab es zwar hier und

da auch hitzige Debatten. Letztendlich haben wir, Stadtverwaltung und Politik,

aber immer ein gut abgestimmtes Ergebnis erreichen können. Ohne

diese vertrauensvolle Zusammenarbeit wäre die Projekte auch nicht so weit

entwickeln worden, wie wir es jetzt erleben.

Flensburger schauen nicht erst seit kurzem neidisch auf Sonderburg. Die Stadt entwickelt sich prächtig.

Kultur, Shopping, Lifestyle, Bildung, Freizeit, Verkehr und Infrastruktur. Überall punktet die im Vergleich

zu Flensburg viel kleinere Stadt am Alsensund. Wie kann man hier Ideen für Flensburg übernehmen?

Dr. Fabian Geyer:

Es ist völlig richtig bei anderen Städten und Regionen zu schauen, ob es Impulse

und Beispiele gibt, die für Flensburg in Frage kommen. Sonderburg taugt dafür

allerdings trotz der Nähe nur bedingt. Was mir imponiert, ist die Dynamik, die

planerische Geschwindigkeit und Umsetzung. Aus einem Tal der Tränen entstand

durch Fleiß, Anpacken, Gemeinsinn, Mittel des Staates und vor allem der Initiative

und Partnerschaft zu Danfoss eine Perle an der Ostsee mit Ausstrahlung

weit über die Stadtgrenze hinaus. Uns fehlt bereits vielfach die Bereitschaft

einen Partner aus der Wirtschaft zu akzeptieren. Lieber wird nach staatlichen

Fördermitteln geschaut, mit den bekannten bürokratischen Herausforderungen

und langen Zeiträumen. Da sollten wir eine größere Offenheit haben und den

Mehrwert für die Menschen erkennen, ohne die Kontrolle über Stadtentwicklung

aufzugeben.

Simone Lange

Sonderburg hat es geschafft, die Uferpromenade autofrei zu machen. Die

Aufenthaltsqualität ist dadurch enorm gestiegen. Ich bin regelmäßig in Sonderburg

und sehr regelmäßig beim Bürgermeister in Sonderburg. Durch diese

enge Zusammenarbeit unterstützen wir uns gegenseitig. Erik Lauritzen sieht

in unserer Hafenostuferentwicklung eine große Chance und hat uns ermutigt,

diesen Weg weiter zu gehen. Sonderburg hat diesen Weg hinter sich und

eine sehr spannende Entwicklung an der dortigen Förde gemacht.

FLENSBURG JOURNAL • 10/2022

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