Flensburg Journal - 241 Oktober 2022
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Lektorat:
Peter Feuerschütz
Redaktionsschluss
nächste Ausgabe:
15. Oktober 2022
Erscheinungstermin
nächste Ausgabe:
Ende Oktober 2022
Druck:
PerCom
Vertriebsgesellschaft mbH
Printed in Germany
Rechtsanwälte
Fachanwälte
Notare
Ihr gutes Recht.
Vorsorgevollmachten auch über den Tod hinaus
Immer mehr Personen jeglichen Alters
haben inzwischen Vorsorgevollmachten
in privatschriftlicher oder auch
notarieller Form erstellen lassen, in
denen sie ihnen vertraute und nahestehende
Personen als Bevollmächtigte
in vermögensrechtlichen und persönlichen
Angelegenheiten einsetzen,
für den Fall, dass sie infolge Alters,
Krankheit, eines Unfalls, Geschäftsunfähigkeit
oder aus sonstigen Gründen
nicht handlungs- und entscheidungsfähig
sind.
Während früher vorwiegend ältere
Leute das Thema Vorsorgevollmachten
ansprachen, aus Sorge, bei einer möglicherweise
später eintretenden Demenz
oder Krankheit einen gerichtlich
bestellten Betreuer zugewiesen zu bekommen,
anstatt selbst festzulegen,
welche gewünschte nahestehende
Person wichtige Entscheidungen für
sie treffen soll, wissen jetzt auch immer
mehr junge Leute, die beispielsweise
eine Immobilie erworben oder
(Mit-)Gesellschafter eines Unternehmens
sind, wie wichtig auch in jungen
Jahren eine Vorsorgevollmacht ist, da
auch in jungen Jahren plötzlich durch
Unfall oder Krankheit eine zeitweise
oder sogar vollständige Handlungsund
Entscheidungs- bzw. Geschäftsunfähigkeit
eintreten kann. Das kann
zur Handlungsunfähigkeit des Unternehmens
führen, und Geschäfte über
Immobilien und mit den Banken sind
dann nicht mehr möglich, wenn der
Miteigentümer geschäftsunfähig geworden
ist. Ohne Vorsorgevollmacht
muss dann ein Betreuer durch das
Gericht bestellt werden. Auch für
die Kündigung von Verträgen, auch
Mietverträgen, der Auflösung der
Wohnung, des Abschlusses neuer Verträge,
z. B. mit Pflegeheimen, für die
Tätigung von Banküberweisungen,
Auflösung von Konten oder der Korrespondenz
mit Krankenkassen sind
entsprechende Vollmachten erforderlich.
All diese Befugnisse sind in der
Regel in gut ausformulierten Vorsorgevollmachten
enthalten. Neben diesen
Bereichen Vermögensverwaltung,
Rechtsgeschäfte in Vermögens- und
Grundstücks- sowie Firmenangelegenheiten
sollten in der Vorsorgevollmacht
auch Vollmachten für die
Bereiche Aufenthalts- und Wohnungsangelegenheiten
(auch zur Frage freiheitsentziehender
Maßnahmen), Postund
Fernmeldeverkehr, Internet und
für Behörden und Gerichte detailliert
geregelt sein.
Sinnvoll ist, wenn der Bevollmächtigte
Untervollmachten erteilen und dadurch
z. B. Steuerberater oder Rechtsanwälte
bevollmächtigen kann. Wichtig ist
auch, dass Vorsorgevollmachten nicht
mit dem Tod des Vollmachtgebers erlöschen,
sondern über seinen Tod hinaus
postmortal wirksam bleiben.
Denn nach dem Tod des Vollmachtgebers
bis zur Eröffnung seines Testamentes
durch das Gericht und bis zur
Feststellung der Erben des verstorbenen
Vollmachtgebers durch Testament
oder ohne Testament durch Erbschein
vergehen oft viele Monate, in denen
eine Handlungsunfähigkeit über das
Vermögen, die Verträge und Geschäfte
des Verstorbenen bestünde, gäbe es
keine postmortale Vollmacht.
In dieser Zeit, in der noch kein Erbschein
vorliegt, der die zukünftigen
Erben ausweist und legitimiert bzw.
ein notarielles Testament noch nicht
eröffnet worden ist, hilft die Vorsorgevollmacht
weiter, wenn sie nicht
durch den Tod der betreffenden Person
erlischt, sondern darüber hinaus
postmortal wirksam ist. So können
z. B. noch Banküberweisungen von
den Konten des Verstorbenen veranlasst
und Verträge des Verstorbenen
gekündigt werden.
Mit Hilfe dieser auch postmortal wirksamen
Vorsorgevollmacht, sofern sie
in notarieller Form beurkundet oder
beglaubigt ist, können auch nach dem
Tod des Vollmachtgebers z. B. noch
Immobilienkaufverträge geschlossen,
Grundbuchanträge auf Eigentumsumschreibung
gestellt und Anmeldungen
im Handelsregister beantragt werden.
Die Wichtigkeit dieser Vorsorgevollmachten
zur Handlungsfähigkeit auch
in dieser Zeitspanne zwischen Tod bis
zur endgültigen Klärung und Feststellung
der Erbensituation ist nicht zu
unterschätzen.
Da im Außenverhältnis, also im Rechtsverkehr
mit Banken, Grundbuchämtern
und Behörden, diese weitreichenden
Vollmachten sofort mit ihrer Errichtung
wirksam sind und der Bevollmächtigte
sofort handeln kann, also
auch eine Missbrauchsgefahr besteht,
ist ein absolutes Vertrauensverhältnis
des Vollmachtgebers zu der von ihm
bevollmächtigten Person unerlässlich.
Rechtsanwältin und Notarin
Ulrike Czubayko
Fachanwältin für Erbrecht
Fachanwältin für Familienrecht
in der Kanzlei KH&S Dr. Kruse,
Hansen & Sielaff Rechtsanwälte
Partnerschaft mbB,
Rechtsanwälte, Fachanwälte, Notare,
Stuhrsallee 35, 24937 Flensburg
Tel. 0461 - 5 20 77 0
(Diesen Beitrag sowie alle früheren
Beiträge können Sie unter
www.khs-flensburg.de nachlesen)
94 FLENSBURG JOURNAL • 10/2022