vsao Journal Nr. 5 - Oktober 2022
Form - Rechnen, fliegen, gestalten Politik - Gesperrte Betten – Handeln tut not Diabetes - Neue Therapieformen Vitamine/Mineralstoffe - Ernährung bei Diabetes mellitus
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Fokus<br />
liert, gibt ein Logo Halt. Man erkennt es<br />
wieder, erinnert sich und weiss: Hier bin<br />
ich richtig, das kenne ich, da gehöre ich<br />
hin. Ein Teil der Wirkung eines Logos liegt<br />
also alleine darin, dass es existiert. Und<br />
dies über eine längere Zeitspanne. Dazu<br />
braucht es noch keine Designerinnen und<br />
Designer – das erledigt schon der Erdenlauf.<br />
Der wichtigere Teil der Wirkung liegt<br />
aber darin, dass es das richtige Logo ist.<br />
Bloss, was ist richtig? Und was hat das mit<br />
Design zu tun? Hier lohnt eine kurze Begriffsklärung.<br />
Der bekannte Designer Dieter<br />
Rams formulierte in den 1970er Jahren<br />
seine wegweisenden Thesen für gutes<br />
Design, die noch heute Gültigkeit haben.<br />
Kurz zusammengefasst: Gutes Design ist<br />
nicht Zufall oder Willkür, die Form wird<br />
von der Funktion bestimmt. Dementsprechend<br />
wird ein Logo-Design nicht daran<br />
gemessen, wie es gefällt, sondern daran,<br />
wie gut es zur Marke passt und ob es die<br />
richtige Wirkung auf die Betrachtenden<br />
hat. Bevor sich Gestalterinnen und Gestalter<br />
der Form zuwenden, müssen sie also<br />
erst ergründen, mit welchem Inhalt sie es<br />
zu tun haben.<br />
Hier setzt unsere Arbeit als Logo<br />
Designer an. Wir hören zu und stellen sehr<br />
viele Fragen, auch unbequeme. Gleichzeitig<br />
analysieren wir unvoreingenommen<br />
aus der neutralen Perspektive eines<br />
Aussenstehenden. Darauf aufbauend entwickeln<br />
wir gemeinsam mit unseren Auftraggeberinnen<br />
und Auftraggebern eine<br />
Strategie für ihre Marke: die gewünschte<br />
Positionierung im Markt und eine gewinnende<br />
Grundidee, welche die Marke von<br />
anderen differenziert und ihr Relevanz<br />
verleiht. Diese Idee formulieren wir in<br />
Form von Markenversprechen und einer<br />
Markenpersönlichkeit. Man nennt es in<br />
feinstem Marketing-Denglisch auch «Marken-DNA».<br />
Und erst wenn diese inhaltliche<br />
Beschreibung feststeht, wenn wir<br />
wirklich in jede Ecke geleuchtet haben<br />
und uns sicher sein können, dass wir unser<br />
Gegenüber mit seinem Angebot, seinem<br />
Markt und seinem Publikum richtig<br />
verstanden haben, machen wir uns an die<br />
Gestaltung der Form.<br />
Unverwechselbar, eingängig und<br />
anpassungsfähig<br />
Jetzt geht es darum, ein Logo zu entwickeln,<br />
das der Markenstrategie ideal entspricht.<br />
Weckt es Assoziationen, die zur<br />
Marken-DNA passen? Verorte ich es in der<br />
korrekten Branche? Ist es eigenständig genug<br />
oder könnte ich es mit anderen verwechseln?<br />
Dazu muss man sich natürlich<br />
auch die Logos der Wettbewerber anschauen.<br />
Obendrein sind mitunter umfangreiche<br />
rechtliche Abklärungen notwendig.<br />
Denn Verwechslungsgefahr mit<br />
anderen geschützten Markenzeichen erschwert<br />
nicht nur den Schutz der eigenen<br />
Marke, sondern birgt ganz akutes Konfliktpotenzial.<br />
Das kann sehr unangenehm<br />
werden.<br />
Wir müssen uns also von der romantischen<br />
Vorstellung verabschieden, die Gestaltung<br />
eines Logos sei ein von profanen<br />
Überlegungen unbeflecktes Kunsthandwerk.<br />
Aber trotzdem gilt es eine Menge<br />
handwerklicher Kriterien zu beachten:<br />
Kann ich die Form schnell erfassen und<br />
den Namen gut lesen? Auch auf grosse<br />
Entfernung oder stark verkleinert auf einem<br />
Bleistift? Funktioniert es als kreisrundes<br />
Profilbild in sozialen Medien? Sind<br />
die gewählten Farben barrierefrei im Web<br />
zu gebrauchen? Kann ich es auch in reinem<br />
Schwarz-Weiss reproduzieren? Und<br />
vor allem: Ist die Form einfach genug? Als<br />
ultimativer Test dient uns hier ein einfaches<br />
gedankliches Experiment: Könnte<br />
ich das Logo mit dem grossen Zeh in den<br />
Sand zeichnen? Bei vielen der erfolgreichsten<br />
Marken geht das tatsächlich.<br />
Man denke an die olympischen Ringe, das<br />
geschwungene M von Mc Donald’s, den<br />
Mercedes-Stern, das Roche-Hexagon, den<br />
Nike-Swoosh oder die gekreuzten C von<br />
Chanel.<br />
Der kreative Prozess ist im Logo<br />
Design nicht anders als in der Architektur,<br />
im Möbeldesign oder in der Mode: entwerfen,<br />
verwerfen, verfeinern. Von Hand und<br />
computergestützt. In einer Realität, die<br />
immer mehr im virtuellen Raum stattfindet,<br />
selbstredend auch animiert und<br />
immer öfter mit einem markentypischen<br />
akustischen Signal dazu.<br />
Für die Auftraggeberinnen und Auftraggeber<br />
ist dieser Prozess der schrittweisen<br />
Annäherung meist intensiv und<br />
manchmal auch sehr emotional. Gerade<br />
weil wir so nah an der Marken-DNA operieren,<br />
geht es schnell an die Substanz.<br />
Darum ist es wichtig, dass die relevanten<br />
Personen in den kreativen Prozess eingebunden<br />
sind, und dass man ihnen die<br />
Möglichkeit gibt, nicht nur aufgrund ihres<br />
persönlichen Geschmacks, sondern auch<br />
anhand rationaler und objektivierbarer<br />
Kriterien zu urteilen. Idealerweise werden<br />
Logo-Entwürfe im realen Umfeld betrachtet.<br />
Auf einer Website. Als Profilbild bei<br />
Twitter. Als Fotomontage auf einer Verpackung<br />
oder einer Gebäudefassade. Gerade<br />
so, wie es die jeweilige Aufgabe erfordert.<br />
Perfekte Form gefunden?<br />
Wenn das Logo dann seine endgültige<br />
Form gefunden hat, verlangt dessen Einführung<br />
erneut Fingerspitzengefühl. Mitarbeitende,<br />
die das Logo mit Stolz tragen<br />
und die Marke repräsentieren sollen,<br />
möchten die Idee dahinter kennen. Kunden,<br />
Geschäftspartner und Öffentlichkeit<br />
wollen mit der Marke vertraut gemacht<br />
werden und wissen, wofür sie steht. Das<br />
braucht nicht nur gute Leistungen, sondern<br />
auch geschickte Kommunikation<br />
und Ausdauer.<br />
Ob man mit seinem neuen Logo Erfolg<br />
hat, kann man mittels Marktforschung<br />
herausfinden. Regelmässige Messungen<br />
im Ein- oder Zweijahresrhythmus<br />
zeigen, wie sich Bekanntheit, Vertrautheit<br />
und die Zuschreibung gewünschter Qualitäten<br />
mit der Zeit entwickeln. Sogar der<br />
finanzielle Wert einer Marke ist messbar.<br />
Zuletzt wurde Coca-Cola mit über 50 Milliarden<br />
Dollar bewertet, Apple sogar mit<br />
über 400 Milliarden. Diese astronomischen<br />
Summen beziehen sich natürlich<br />
nicht allein auf das Logo, aber was wäre<br />
Apple ohne sein Apfel-Logo? Die Investition<br />
in eine perfekte Form hat sich auf jeden<br />
Fall gelohnt.<br />
<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 5/22 29