vsao Journal Nr. 5 - Oktober 2022
Form - Rechnen, fliegen, gestalten Politik - Gesperrte Betten – Handeln tut not Diabetes - Neue Therapieformen Vitamine/Mineralstoffe - Ernährung bei Diabetes mellitus
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Diabetes - Neue Therapieformen
Vitamine/Mineralstoffe - Ernährung bei Diabetes mellitus
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Perspektiven<br />
nale Niereninsuffizienz hinauszögern und<br />
die Mortalität verringern [42], sowie Albuminurie<br />
und HbA1c verbessern [47].<br />
Eiweisse sind bezüglich ihrer Wirkung<br />
wahrscheinlich noch heterogener<br />
als die anderen Makronährstoffe. Dies<br />
betrifft neben dem Effekt auf Mortalität<br />
und Morbidität auch die unmittelbare<br />
Insulinausschüttung nach Ein nahme, die<br />
30 % und mehr der von Glukose entsprechen<br />
kann [43]. Auch die postprandiale<br />
Thermoge nese und Ausschüttung von<br />
Sättigungshormonen, die Magenentleerungsrate<br />
sowie die Stimulation der<br />
Muskelproteinsyn these hängt von der<br />
Zusammensetzung der Aminosäuren ab.<br />
Eine besondere Rolle scheint hierbei der<br />
Gehalt an Leucin zu spielen, welches in<br />
Molke (Whey) in höchster Konzentration<br />
vorkommt. Leucin fungiert als «Triggersubstanz»<br />
für viele der postulierten Mechanismen<br />
[43, 48]. Eine Zusammenfassung<br />
der Vor- und Nachteile von Eiweiss<br />
in Diabetesprävention und -therapie<br />
bietet Tabelle 4.<br />
Alkohol<br />
Obwohl moderater Alkoholkonsum mit einem<br />
niedrigeren Diabetes-Risiko verbunden<br />
ist, muss die Einnahme stets gut abgewogen<br />
und kontrolliert werden, zumal der<br />
Zusammenhang J-förmig ist, mit einem<br />
Anstieg des Risikos ab ca. 30 g Alkohol<br />
/ Tag. Selbst geringer Konsum (1 – 2 Getränke<br />
täglich à 10 g Alkohol) birgt Gesundheitsrisiken<br />
und bringt unter dem<br />
Zusammenfassung<br />
Was für die Allgemeinbevölkerung als ausgewogene Ernährung angeschaut wird, gilt im<br />
Grundsatz auch für Personen mit Diabetes. Die dürftige wissenschaftliche Evidenzlage<br />
rechtfertigt keine dogmatische Haltung mit strikten Ge- und Verboten von Nährstoffen<br />
oder Lebensmitteln. Vielmehr sind in einer ausgewogenen Ernährung alle Makronährstoffgruppen<br />
vertreten, wobei eine Reduktion der Kalorienzufuhr gleichermassen erfolgreich<br />
über Kohlenhydrate oder Fette passieren kann. Ideal sind Produkte hoher Qualität<br />
sowie mit geringer und schonender Verarbeitung wie faserreiche Stärkeprodukte und<br />
kaltgepresste pflanzliche Öle. Der Nutzen einer erhöhten Proteinzufuhr bezüglich Diabetesmanagement<br />
und Gewichtskontrolle kristallisiert sich zunehmend. Als Quellen sollten<br />
jedoch eher pflanzliche oder Milchprodukte herangezogen werden als rotes oder<br />
verarbeitetes Fleisch. Die mediterrane Ernährungsweise und Konzepte mit vergleichbarem<br />
wissenschaftlichem Fundament erfüllen am ehesten die Kriterien einer «geeigneten»<br />
Ernährung für Diabetespatienten. Obwohl Alkohol dicht ist an leeren Kalorien,<br />
spricht nichts dagegen, den Genuss darin eingebettet zu tolerieren. Angesichts der individuell<br />
unterschiedlichen Stoffwechselreaktion auf gleiche Lebensmittel und unter<br />
Berücksichtigung der dürftigen Beweislage ist eine personalisierte Herangehensweise<br />
angebrachter denn je.<br />
Abstract: Which diet is appropriate for patients with<br />
diabetes mellitus?<br />
What is considered a balanced diet for the general population is in principle also true<br />
for people with diabetes. The scarce scientific evidence does not justify a dogmatic<br />
attitude with strict rules and bans on nutrients or foods. Rather, all macronutrient<br />
groups are represented in a balanced diet, whereby a reduction in calorie intake can be<br />
equally successful via carbohydrates or fats. Ideal are products of high quality and with<br />
low and gentle processing, such as starch products rich in fibre and cold-pressed vegetable<br />
oils. The benefits of increased protein intake in terms of diabetes management and<br />
weight control are becoming increasingly clear. However, plant-based or dairy products<br />
should be used as sources rather than red or processed meat. The Mediterranean diet<br />
and concepts with a comparable scientific basis are most likely to meet the criteria of a<br />
“suitable” diet for diabetes patients. Although alcohol is dense with empty calories,<br />
there is no reason not to tolerate the consumption embedded in such a diet. In view of<br />
the individually different metabolic reactions to the same foods and taking into account<br />
the scarce evidence, a personalised approach is more appropriate than ever.<br />
Tabelle 4. Vor- und Nachteile von Eiweiss in der Ernährung bei Diabetes mellitus.<br />
Vorteile<br />
+ Eiweisszufuhr durch pflanzliche Quellen und teilweise<br />
auch über Milchprodukte und weisses Fleisch und Fisch ist<br />
tendenziell mit einem reduzierten Sterberisiko verbunden<br />
+ Eiweisse bewirken einen deutlich geringeren Insulinanstieg<br />
als Kohlenhydrate und schneiden auch bezüglich Thermogenese,<br />
Sättigungsparameter, Gewichtskontrolle, NAFLD / NASH besser ab<br />
+ V.a. Molkeprotein eignet sich gut um – zusammen mit<br />
Widerstandstraining – den Verlust von Muskelmasse zu verlangsamen<br />
+ Ein Teil der Energie aus Eiweissen geht in Form von Harnstoff<br />
mit dem Urin «verloren»<br />
+ Umwandlung in Glukose und Fett ist aufwändig und ineffizient<br />
Nachteile<br />
– Mögliche Erhöhung des Diabetesrisikos und der<br />
Mortalität, v. a. bei Zufuhr an rotem Fleisch und<br />
daraus hergestellten Produkten.<br />
– Rein tierische Quellen liefern keine Fasern<br />
– Stickstoff kann bei Vulnerablen Leber und Nieren<br />
belasten<br />
– Insulinotrope Wirkung muss je nach Quelle<br />
berücksichtigt werden<br />
Quintessenz Eiweisse<br />
• Die Zufuhr sollte 0.8 g / kg / d nicht unterschreiten, selbst bei Vorliegen einer Nephropathie.<br />
• Hinweise für Vorteile einer höheren Zufuhr (1.2 – 1.6 g / kg / d) bei normaler Nierenfunktion verdichten sich.<br />
• Rotes Fleisch und verarbeitetes Fleisch sollten gemieden werden zugunsten von wenig verarbeiteten pflanzlichen Quellen<br />
(Hülsenfrüchte inkl. Soja, Nüsse, Samen, Kerne, eiweissreiche Stärkebeilagen) und ungesüssten Milchprodukten.<br />
• Leucin-reiche Eiweissquellen wie Molke und andere Milchprodukte haben besondere positive Eigenschaften bezüglich<br />
Gewichtskontrolle und Muskelerhalt, beeinflussen den Insulinspiegel aber auch stärker.<br />
42<br />
5/22 <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong>