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männer* | III/22

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Geschlechtsinkongruenz – gefangen im<br />

„falschen“ Körper<br />

Das Gefühl, im „falschen“ Körper gefangen zu<br />

sein, ist für die betroffenen Personen meist<br />

mit einem massiven Leidensdruck verbunden,<br />

der sich in alle Lebensbereiche ausweiten<br />

kann. Die Diskrepanz zwischen biologischem<br />

Ursprungsgeschlecht und empfundener<br />

Geschlechtszugehörigkeit wird heute als<br />

Geschlechtsinkongruenz bezeichnet. Leidet<br />

eine Person dauerhaft unter dieser Diskrepanz<br />

und der häufig als falsch empfundenen<br />

Wahrnehmung des eigenen Geschlechts durch<br />

andere, wird von einer Geschlechtsdysphorie<br />

(GD) gesprochen.<br />

Für manche reduziert sich der Leidensdruck<br />

schon, wenn sie in einer frei gewählten<br />

Geschlechterrolle leben können. Bei einem Teil<br />

der Betroffenen tritt der Wunsch nach einer<br />

körperlichen Geschlechtsangleichung auf. Entsprechende<br />

Behandlungen wie die Hormontherapie<br />

oder chirurgische Eingriffe ermöglichen<br />

es heutzutage, den eigenen Körper so weit<br />

wie möglich an das gewünschte Geschlecht<br />

anzupassen. Die Hormontherapie ist dabei<br />

einer der wichtigsten Schritte. Die Therapie<br />

mit kontrasexuellen Hormonen wird von den<br />

Trans*Patient:innen oftmals als befreiend und<br />

identitätsstiftend empfunden.<br />

Die geschlechtsangleichende<br />

Hormontherapie<br />

Diagnostik und Therapie einer Geschlechtsinkongruenz<br />

sollten immer interdisziplinär erfolgen.<br />

Neben einer entsprechenden Begleitung<br />

und Begutachtung durch Psychiater:innen oder<br />

Psychotherapeut:innen, ist vor allem zu Beginn<br />

der Hormontherapie eine engmaschige ärztliche<br />

Betreuung durch eine:n Endokrinolog:in,<br />

Gynäkolog:in oder Urolog:in erforderlich. Diese:r<br />

sollte ebenso wie die psychologische Betreuung<br />

Erfahrungen auf dem Gebiet der Transidentität<br />

haben. Da die Hormone in der Regel mitunter<br />

ein Leben lang eingenommen werden, sind<br />

klinische und labormedizinische Verlaufskontrollen<br />

sowie gynäkologische und urologische<br />

Früherkennungsuntersuchungen dauerhaft<br />

notwendig.<br />

Die Therapie mit kontrasexuellen Hormonen<br />

wird immer individuell gestaltet, je nach<br />

Wunsch der Patient:innen, Gesundheitszustand,<br />

Risiko und Nutzen der Medikamente sowie der<br />

sozialen und wirtschaftlichen Situation. Vor<br />

dem eigentlichen Therapiebeginn findet neben<br />

ausführlichen Informations- und Beratungsgesprächen<br />

ein sogenanntes prätherapeutisches<br />

Risikoscreening statt, bei dem anhand einer<br />

ausführlichen Familien- und Eigenanamnese,<br />

einer körperlichen Untersuchung sowie einer<br />

Blutuntersuchung geprüft wird, ob die Behandlung<br />

mit Hormonen gesundheitlich unbedenklich<br />

ist. Zu den möglichen Kontraindikationen<br />

einer Hormontherapie zählen unter anderem<br />

schwere thrombembolische Vorerkrankungen,<br />

hormonsensible Tumore und unkontrollierte<br />

chronische Vorerkrankungen wie Epilepsie oder<br />

arterielle Hypertonie.<br />

Eine geschlechtsangleichende Hormontherapie<br />

(GAHT) führt in der Regel zu deutlichen,<br />

teilweise unwiderruflichen körperlichen<br />

Veränderungen. Durch den massiven Eingriff<br />

in den Hormonhaushalt besteht außerdem ein<br />

nicht unerhebliches Risiko für unerwünschte<br />

Nebenwirkungen. Vor der Entscheidung für eine<br />

derartige Therapie sollten sich die Trans*Patient:innen<br />

deshalb sehr viel Zeit nehmen und<br />

alle Schritte, Vorteile und Risiken sorgfältig<br />

überlegen. Selbsthilfegruppen bieten hier<br />

die Möglichkeit, sich auszutauschen und mit<br />

anderen Trans*Personen persönlich zu reden.<br />

Auch eine Trans*Beratungsstelle kann neben<br />

den betreuenden Psychotherapeut:innen und<br />

Ärzt:innen wertvolle Unterstützung leisten.<br />

Voraussetzungen für die geschlechtsangleichende<br />

Hormontherapie<br />

Voraussetzung für die Hormontherapie ist immer<br />

eine vorangehende psychotherapeutische<br />

Betreuung sowie eine psychosoziale Einschät-<br />

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