Andrássy Nachrichten Nr. 23 (2022/2)
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Andrássy Nachrichten / Wintersemester 2022 / Seite 17
beit mit einem Land, das so autoritär
regiert wird, fortgesetzt werden
könne. Johannes Schmidt entgegnete,
dass Wissenschaftsdiplomatie
Kulturdiplomatie par excellence sei.
Wo normale Diplomatie nicht mehr
helfe, könne die Kulturdiplomatie
Türen öffnen. Durch einen Austausch
zwischen Studierenden und
Forschenden über Grenzen hinweg
könne die Bedeutung von akademischer
Freiheit erklärt und gestärkt
werden. Das fördere auch die Zivilgesellschaft
und sei in einer entpolitisierten
Gesellschaft wie der russischen
besonders notwendig.
Helena Kern, die an der Europa-
Universität Viadrina in Frankfurt/
Oder studiert, zeigte sich entsetzt
über ein Aussetzen der Zusammenarbeit.
Austausch und Kooperation
seien elementare Bestandteile der
Wissenschaft und russischen Studierenden,
die nach Deutschland oder
ins Ausland kommen wollen, sollte
diese Möglichkeit erhalten bleiben.
Schüle betonte dass
gerade jetzt kulturdiplomatische
Fähigkeiten
gefragt seien,
um eine friedlichere
Welt zu schaffen
Tanissa Conradi berichtete über ihr
Auslandssemester in Russland, für
das sie sich entschieden hatte, um
Russland wirklich kennen zu lernen.
Man dürfe allerdings auch die persönlichen
Sicherheitsrisiken nicht
vergessen, die mit der Entsendung
von Studierenden und Forschenden
nach Russland verbunden sind.
Sicherheitspolitik brauche jetzt
mehr denn je Menschen mit kulturdiplomatischen
Fähigkeiten, Fähigkeiten
zur Sicherheitskommunikation
und Kenntnissen über die
osteuropäischen Staaten, so Schüle
abschließend. Die Studierenden
der Andrássy Universität, so Schüle
weiter, seien ein gutes Beispiel dafür.
Durch ihr Studium würden sie
darauf vorbereitet, eine freiere und
friedlichere Welt zu schaffen.
Eldaniz Gusseinov, Schilan Stach
Fotos: Zoltán Adrián/ kepszerk.hu
Das Judentum zwischen Religion und Politik
Im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Religion und
Diplomatie“ des Zentrums für Diplomatie der AUB begrüßte
Dr. Kreft am 3. März den Rektor des Abraham
Geiger Kollegs an der Universität Potsdam, Rabbiner
Walter Homolka zu seinem Vortrag mit dem Thema
„Das Judentum zwischen Religion und Politik“.
Die von der Hanns-Seidel-Stiftung geförderte
Veranstaltungsreihe stellt sich das Ziel, die Rolle
des Staates inmitten einer pluralisierten Gesellschaft,
sowie Rolle und Aufgaben der verschiedenen Religionsgemeinschaften
im umfassenden historischen,
gesellschaftlichen, politischen Kontext zeitgemäß darzustellen.
Die Vortragsreihe will die historisch-politisch
begründete Komplexität sowie die Verantwortung
von Staat und Gesellschaft in der Beziehung von Staat
und Religionsgemeinschaften, mithilfe von namhaften
Referenten darstellen und dadurch Ansatzpunkte zum
kreativen, verantwortungsvollen Weiterdenken des
Themas bieten.
Unsere Gesellschaft säkularisiert sich nicht, sie pluralisiert
sich, betonte Homolka. So sei sie zum Ort der
Begegnung geworden; Mehrheiten könnten nur noch im
Konsens mit Minderheiten gewonnen werden und jede
Orientierungsfrage müsse neu ausgehandelt werden –
auch im Wissen um Wahrheitsgewissheiten und -ansprüche,
die eine gegenseitige Anerkennung und einen
Konsens womöglich behindern.
Es gebe keinen Weg zurück in eine nicht-pluralisierte,
in eine homogene Gesellschaft. Und die Aufgabe heutiger
und künftiger Generationen werde es sein, diesen
Pluralismus zu managen, so der Referent.
Was ist die Rolle des Staates inmitten einer solchen
Diversität von Religionen, Weltanschauungen und
Wertesystemen in ein und derselben Gesellschaft? Was
ist die Rolle des Staates angesichts der Koexistenz von
religiösen und säkularen Diskursen? Wie können Religionsgemeinschaften
ihre Stimmen in diese Diskurse
einbringen? Rabbiner Walter Homolka zeigte an einigen
jüdischen Beispielen, wie nah sich Religion und Diplomatie
heute sein können.
Der Referent gab einen umfassenden historischen
Überblick mit konkreten Beispielen für das Zusammenwirken
von Staat und jüdischer Religionsgemeinschaft.
Er erläuterte dabei im Rahmen dieser historischen Zeitreise
die jüdische Position, sowie die Errungenschaften
dieser Gemeinschaft auf dem Weg zur Gleichstellung in
der deutschen Gesellschaft.
Der Vortrag beschäftigte sich auch mit der Rolle des
Staates und der Gesellschaft in einem modernen, pluralisierten
Zeitalter, wo Mehrheit und Minderheit sich
ständig neu definieren müssen und ihr konstruktives