Andrássy Nachrichten Nr. 23 (2022/2)
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Andrássy Nachrichten / Wintersemester 2022 / Seite 41
sellschaft erwähnt. In Ungarn zum
Beispiel heiße es in der Präambel des
Vierten Gesetzes von 1990 ausdrücklich,
dass „Kirchen, Konfessionen
und Religionsgemeinschaften in Ungarn
Institutionen von herausragender
Bedeutung sind, die Werte und
Gemeinschaften schaffen können“.
In der Präambel des Abkommens
zwischen Lettland und dem Heiligen
Stuhl aus dem Jahr 2000 werde u.a.
der Beitrag der katholischen Kirche
zur religiösen und moralischen Entwicklung,
zur sozialen Rehabilitation
und zur Wiedereingliederung der Republik
Lettland anerkannt.
Erdö schloss mit einer der Schlussfolgerungen,
dass angesichts der
neuen Herausforderungen viele der
Meinung seien, dass wir eine so genannte
nachhaltige Entwicklung
anstreben sollten, nicht nur im wirtschaftlichen
Bereich und nicht nur
zur Vermeidung von Umweltzerstörung.
Auch im Bereich der Wissenschaft
können die Ergebnisse ohne
rechtliche und moralische Kontrolle
eher zur Zerstörung der Menschheit
beitragen als zu ihrem Glück. Sie beruhe
auch auf dem Gefühl oder dem
Glauben, dass es für die Menschheit
besser sei, zu existieren als nicht zu
existieren. Aus diesem Grund sei es
wichtig, dass die Gesellschaft sich
um eine religiöse und moralische
Reflexion über neue Situationen und
wissenschaftliche Entdeckungen bemühen
solle, auch wenn dies mit einiger
Verzögerung geschehe.
Dem Vortrag folgte eine interessante
und informative Diskussion
zwischen dem Publikum, dem Moderator
und dem Referenten über
die Vereinbarkeit christlicher Werte
mit modernen europäischen Werten.
Alle Anwesenden wurden von
der Hanns-Seidel-Stiftung zu einem
Empfang eingeladen, um die Diskussion
über die angesprochenen Themen
fortzusetzen.
Eldaniz Gusseinov
Die Andrássy Universität Budapest
dankt der Hanns-Seidel-Stiftung
für die großzügige Unterstützung
dieser Veranstaltungsreihe.
Eine Aufzeichnung der Veranstaltung
finden Sie hier.
Zum Bedeutungsverlust
der professionellen Diplomatie
Der ehemalige Leiter des Lehrstuhls
für Diplomatie I und österreichische
Diplomat Dr. Ferdinand
Trauttmansdorff bot Interessierten
Einblicke in die „Kunst der Diplomatie“
und deren Herausforderungen
im Zeitalter der Digitalisierung.
Im Rahmen der Ringvorlesungsreihe
zur Kunst der Diplomatie sprachen
bisher der Schweizer Botschafter
über Carl Lutz, Dr. Heinrich Kreft
über die Außenpolitik von Gustav
Stresemann sowie der belgische Botschafter
über die belgische Außenpolitik.
Am 23. Mai schließlich hielt Dr.
Ferdinand Trauttmansdorff, österreichischer
Diplomat und der ehemalige
Leiter des Lehrstuhls Diplomatie I der
Andrássy Universität, einen Vortrag.
Es sei ihm eine besondere Ehre, so
Rektor Prof. Dr. Zoltán Tibor Pállinger
in seiner Begrüßungsrede, den
folgenden Vortrag anzukündigen. In
gewissem Sinne mache dieser nämlich
ein Versäumnis gut, da Trauttmansdorff
während der Pandemie
nicht angemessen habe verabschiedet
werden können. Ein richtiger
Abschied sei dies jedoch auch nicht,
denn Trauttmansdorff bleibe der
Universität noch in vielerlei Hinsicht
erhalten.
Trauttmansdorff ging am Abend der
Frage nach, ob es in der heutigen Zeit
überhaupt noch DiplomatInnen brauche.
Vorweg betonte er jedoch, dass
er sich freilich nicht dafür einsetzen
werde, die professionelle Diplomatie
abzuschaffen. Einen Blick hinter die
Kulissen wolle er aber dennoch bieten.
Ihm sei es immer ein Anliegen gewesen,
Theorie und Praxis miteinander
zu verbinden.
Man könne derzeit davon ausgehen,
dass ein grundlegender Strukturwandel
internationaler Kommunikation
bestehe und die professionelle Diplomatie
einen Bedeutungswandel und
wahrscheinlich auch eine Bedeutungsreduktion
erlebe. Die Definition
professioneller Diplomatie, so wie sie
dem Vortrag zugrunde liege, beinhalte
die Elemente Staatlichkeit, eine erhöhte
Aufnahmeschwelle, eine hohe Anforderung
an Ausbildung, den Einbau
ins System des öffentlichen Dienstes
des jeweiligen Staates, eine Tätigkeit
in offiziellen Vertretungsbehörden mit
diplomatischem bzw. konsularischem
Status, das Generalistenprinzip sowie
die staatliche Vertretung bei internationalen
Organisationen. Darüber hinaus
fänden heute in den verschiedensten
Bereichen diplomatische Kontakte
statt, ob nun in professioneller Form
oder nicht. Zudem gebe es zahlreiche
internationale Akteure, die es vor einigen
Jahrzehnten noch gar nicht gegeben
habe. Charakteristisch sei hier
eine wesentliche Verdichtung und
Digitalisierung der Kommunikation
bspw. durch internationale Direktkontakte
oder Kontakte zwischen spezialisierten
Regierungsstellen.
Trauttmansdorff stellte nachfolgend
die externen wie internen Faktoren
des Bedeutungsverlusts der profes