Andrássy Nachrichten Nr. 23 (2022/2)
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Andrássy Nachrichten / Wintersemester 2022 / Seite 5
Prof. Dr. Ellen Bos und Prof. Dr. Zoltán Tibor Pállinger
beim Wahlabend an der AUB
Foto: Zoltán Tuba/ kepszerk.hu
schaften und Konsulaten oder nicht
an ihrem Wohnort (Umgemeldete)
abgegeben haben (206.980), haben
dagegen tendenziell die Oppositionsparteien
gestärkt.
Der mit dem neuen Wahlgesetz von
2011 eingeführte Kompensationsmechanismus
(sowohl Verlierer- als
auch Gewinnerkompensation) hat
wie schon 2014 und 2018 Fidesz-KD
NP zusätzliche Mandate gebracht.
Ohne die fünf durch die Gewinnerkompensationsstimmen
(Töredékszavazatok)
erzielten Mandate hätte
Fidesz-KDNP (wie auch 2014 und
2018) keine Zweidrittelmehrheit erreicht.
Ohne die Briefwahlstimmen
und die Gewinnerkompensation
hätte Fidesz-KDNP anstelle von 48
sogar nur 41 Listenmandate bekommen.
Die vereinte Opposition hätte
dagegen 43 statt 38 und Mi Hazánk
8 statt 6 Mandate erzielt.
Vor dem Hintergrund dieser Tatsache
lassen sich die großen Differenzen
zwischen den Wahlprognosen,
die durchgängig von einem knapperen
Sieg der Regierungsparteien
ausgegangen waren, und dem Wahlergebnis
schon eher erklären. Denn
die Effekte der Kompensationsstimmen
sind im Vorhinein kaum absehbar.
Die letzten Prognosen vor den
Wahlen hatten Fidesz-KDNP durchgängig
drei bis sechs Prozentpunkte
schwächer eingeschätzt, die Liste der
vereinten Opposition dagegen zwischen
fünf und zwölf Prozentpunkte
stärker. Auch das Resultät für Mi
Hazánk wurde zwischen zwei und
vier Prozentpunkten unterschätzt.
Der in dieser Höhe nicht erwartete
Sieg von Fidesz-KDNP lässt sich
auch auf den nicht vorhersehbaren
Effekt des Krieges in der Ukraine
zurückführen. Hat doch die erfolgreiche
Reaktion der Regierungskommunikation
auf den Krieg in der
Ukraine es Viktor Orbán ermöglicht,
sich als einzigen Garanten für
Frieden und Sicherheit und somit
auch als Bewahrer des Wohlstands
Ungarns zu präsentieren und damit
verunsicherte und unentschiedene
WählerInnen für sich zu gewinnen.
Hinzu kommt, dass die Regierungsparteien
in der Wahlkampagne
dominiert hatten, da sie über unverhältnismäßig
mehr Ressourcen als
die Opposition verfügten. Überdies
hat die Regierung Wahlgeschenke in
großem Maßstab verteilt: Unter anderem
wurde eine 13. Monatsrente
ausbezahlt und junge Erwachsene
und Familien wurden steuerlich entlastet.
Fidesz-KDNP hat wie bei den
drei vorherigen Wahlen auf die Ausarbeitung
eines Wahlprogramms
verzichtet und die Kampagne ganz
auf die Person von Viktor Orbán
zugeschnitten. Er wurde als erfahrener
Staatsmann präsentiert, der
schon so manche Krise gemeistert
hat. Die Kampagne der Regierungsseite
appellierte an den wirtschaftlichen
Eigennutz der BürgerInnen.
Sie betonte die positive Entwicklung
der Wirtschaft vor der COVID-19