Andrássy Nachrichten Nr. 23 (2022/2)
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Andrássy Nachrichten / Wintersemester 2022 / Seite 47
Seite an Seite. Wenn es je Zweifel gab
an der eigenen nationalen Identität der
Ukraine – der Angriff Russlands hat
sie beseitigt, so Wenninger.
In der anschließenden Diskussion
betonte Wenninger die zentrale
Rolle Kunst- und Kulturschaffender
gerade auch im Exil, um die ukrainische
Kultur zu verbreiten. Auch
lobte er die Rolle der westlichen Berichterstattung,
die sich seit der Annexion
der Krim deutlich verbessert
habe und nicht mehr russischer Propaganda
aufsitze. Eine Revolution
in Russland sieht er aktuell nicht als
wahrscheinlich an, da die wenigen
Protestierenden verhaftet werden
und sowohl das Militär als auch der
Geheimdienst hinter Putin stehen.
Möglicherweise könnten die Mütter
der vielen getöteten Soldaten hier einen
Unterschied machen, sollten sie
sich zusammenschließen, aber das ist
aktuell nur Spekulation.
Frauke Mogli Seebass
Political Communication in Southeast Europe –
Informing or Influencing the Public
Am 10. Juni lud das internationale und interuniversitäre Netzwerk Politische
Kommunikation (netPOL) unter Leitung von Dr. Christina Griessler ForscherInnen
und DoktorandInnen zu einem interaktiven Workshop ein.
Ziel des Workshops war es, aktuelle
Entwicklungen in Südosteuropa
zu diskutieren und
Einblicke in die Besonderheiten der
politischen Kommunikation zu gewinnen
und die aktuellen Entwicklungen
in diesem Bereich zu analysieren: In
welchen Formen und mit welchen Mitteln
kommunizieren PolitikerInnen
mit der Bevölkerung? Welche Rolle
spielen die Medien bei der Vermittlung
spezifischer politischer Botschaften
und gelten sie als frei und unparteiisch
in ihrer Berichterstattung? Auf welche
Weise wird politische Kommunikation
in den Ländern der Region genutzt
und missbraucht? Wie tragen die Medien
zur Polarisierung innerhalb der
Gesellschaft oder zur Überbrückung
gesellschaftlicher Unterschiede bei?
Sind Medien in der Lage, die demokratischen
Prozesse in den Ländern zu
unterstützen, indem sie auf Fehlverhalten
von Politikern hinweisen? Wie
funktioniert die politische Kampagnenarbeit
in der Region? Diese und
viele weitere Fragen wurden von den
Teilnehmenden des Workshops aufgegriffen
und diskutiert.
Nach einigen Willkommensworten
stellte Dr. Christina Griessler,
wissenschaftliche Mitarbeiterin am
AUB-Lehrstuhl für Vergleichende
Politikwissenschaft mit Schwerpunkt
Mittel- und Osteuropa in der EU, das
Netzwerk netPOL vor und bot einen
Rückblick auf dessen zehnjährige Geschichte
in Budapest. Es folgten drei
Paneldiskussionen, in denen die eingeladenen
AkademikerInnen die Ergebnisse
ihrer aktuellen Forschungen
präsentierten und mit dem Publikum
sowie untereinander debattierten.
Siniša Atlagić von der Politikwissenschaftlichen
Fakultät der Universität
Belgrad (Serbien) begann mit
einem Vortrag mit dem Titel „Public
sphere and symbolic politics in contemporary
Serbia“, in dem er zeigte,
wie die politischen Eliten in Serbien
seit 1990 mit Hilfe von Symbolpolitik
und einem stark zentralisierten
Mediensystem den öffentlichen Diskurs
so manipulieren, dass kein echter
Wandel stattfinden kann. Auch
soziale Medien hätten nur bedingtes
Mobilisierungspotenzial, zumal die
öffentlichen politischen wie zivilgesellschaftlichen
Institutionen sehr
schwach seien, erläuterte er weiter.
Reina Zenelaj, Leiterin der Fakultät
für Politikwissenschaft und internationale
Beziehungen an der Epoka-Universität
Tirana, stellte im Anschluss
ihre Fallstudie zu Effekten von Medien
auf Konfliktformationen vor, in der
sie die politische Krise in Albanien im
Frühjahr 2019 betrachtete. Dazu nutzte
sie das Konzept des Friedensjournalismus
von Alicia Prager und Michael
Hameleers, das sich mit der Frage beschäftigt,
wie Journalismus zur Friedensbildung
beitragen kann. Zenelajs
Studie zeigte, dass die Medien zwar
während der gesamten Eskalation
eine aktive Rolle einnahmen, jedoch
kaum versuchten, zwischen den Konfliktparteien
und deren Narrativen zu
vermitteln. Da Medien aber gerade
in Krisen eine zentrale Rolle spielen,
forderte sie gezielte Fortbildungsprogramme
für JournalistInnen.
Schließlich zeigten Suzana Jurin
und Daniela Kruzić von der Universität
Rijeka erste Ergebnisse einer
neurolinguistischen Studie zu den
psychologischen Effekten politischer
Schlagwörter in kroatischen Medien.
Diese sprechen demnach direkt die
Emotionen der RezipientInnen an und
lenken den Blick auf eine bestimmte
politische Agenda bzw. ihre Ziele.
Außerdem kreieren sie übergreifende
Themen für politische Kampagnen,
um Parteimitglieder und bestimmte
WählerInnengruppen anzusprechen.
Es handelt sich also um kurzfristig angelegte
Überzeugungsarbeit, die eher
der Meinungs- als der tatsächlichen
Wissensbildung dient. Das Panel wurde
moderiert von der netPOL/AUB-
Doktorandin Anastasiia Hraur.
Das zweite Panel widmete sich Medien
und Journalismus und brachte
gleich drei netPOL-Doktorandinnen
der AUB zusammen: Franziska
Döhring, die online zugeschaltet war,
verglich die Medienentwicklung der
Postkonfliktgesellschaften im Libanon
und Kosovo und zeigte, welche
Auswirkungen dieses spezielle Setting
und insbesondere auch der internati