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Das Magazin für Popkultur
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Platten<br />
DAS NEUE ALBUM<br />
+ FANBOX<br />
VON LINA<br />
Frittenbude<br />
Apokalypse wow<br />
Nachti<br />
AB <strong>03</strong>.<strong>03</strong><br />
ÜBERALL IM HANDEL<br />
ELEKTROPUNK Holt die<br />
Jeansjacken aus dem Keller<br />
und macht euch ein Dosen -<br />
bier auf – Frittenbude sind<br />
zurück! Während sich<br />
andere Bands bei Parole-<br />
Songtext-Vergleichen auf<br />
das XLR-Kabel getreten<br />
fühlen, verlangen die Wahlberliner sogar nach stumpfen Parolen<br />
(„Suchen/Finden“). Eine Welt, die seit dem letzten Frittenbude-Album<br />
„Rote Sonne“ (2019) radikal beschissener geworden ist, braucht<br />
vielleicht einfach radikal stumpfere Mitgrölparolen. Doch neben den<br />
großen hat es auch kleinere Erschütterungen gegeben: Johannes<br />
Rögner und Jakob Häglsperger stehen inzwischen nur noch zu zweit<br />
an der Fritteuse und sind spürbar älter geworden. So findet neben all<br />
den Krawallen („Orchidee“, „Schlagstock“) und Saufeskapaden<br />
(„Das Glas“, „Sandradome“) auch ein unbeschwerter Humor zurück<br />
in die lakonischen Texte der Band, der das „Ficken über 40“ feiert<br />
(„Marx & Biggie“). Diese Momente schlittern nur knapp am peinlich<br />
alternden Punkgestus vorbei, doch das wissen die beiden selbst am<br />
besten. Und mit „Apokalypse wow“ auf den Ohren, einem dicken<br />
Schädel und einer Ibu400 im System geht’s dann zur Revolution. fe<br />
HOLLEY-DI-HOLLEY-DA<br />
Lonnie Holley<br />
Oh me oh my<br />
Jagjaguwar<br />
EXPERIMENTAL Lonnie<br />
Holley ist 73, doch erst<br />
seit weniger als zwei<br />
Jahrzehnten als Musiker<br />
aktiv. Ursprünglich ist das<br />
Urgestein aus Atlanta als<br />
bildender Künstler be -<br />
kannt geworden, der<br />
Skulpturen aus Alltags -<br />
gegenständen baut. Dieser Ansatz spiegelt sich in Holleys Musik:<br />
Er nimmt Fragmente, die uns bekannt vorkommen, darunter Jazz,<br />
Blues, Ambient und Funk, und setzt sie so zusammen, dass sie etwas<br />
völlig Neues ergeben. Dazu spricht er seine assoziativen Lyrics wie ein<br />
Wanderprediger. Auf „Oh me oh my“ klingt das manchmal mystischabstrakt,<br />
wie im Titeltrack, in dem er uns auffordert: „I suggest you all<br />
go as deep as you can.“ Dann wieder erzählt er sehr konkret von seiner<br />
Jugend im rassistischen Süden der USA („Mount Meigs“). Auffallend<br />
ist dabei nicht nur die Liste der illustren Gäste, sondern auch die souveräne<br />
Art, mit der Holley sie einsetzt: Michael Stipe darf nur das titelgebende<br />
Mantra wiederholen, auch Justin Vernon und Sharon Van<br />
Etten beschränken sich auf Hintergrundgesang. Die große Ausnahme<br />
ist Moor Mother, Holleys Schwester im Geiste, die sogar auf zwei<br />
Songs zu Wort kommt. mj<br />
34 | <strong>kulturnews</strong>