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SMZ Liebenau Info 02_2015

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GESUNDHEITSPOLITIK: LEITARTIKEL<br />

IN SUMME SIND WIR ALLE DEN<br />

LEBENSBEDINGUNGEN GEWISSERMASSEN<br />

„AUSGELIEFERT“ UND MÜSSEN UNS<br />

DIE AUFGEZWÄNGTE SELBSTOPTIMIERUNG<br />

SELBST AUSGESUCHT HABEN<br />

8<br />

<strong>SMZ</strong> INFO DEZEMBER <strong>2015</strong><br />

der Betonung der Eigenmotivation (Han) gegenübergestellt.<br />

In Summe sind wir also alle den Lebensbedingungen<br />

gewissermaßen „ausgeliefert“ und<br />

müssen uns sogar die aufgezwängte Selbstoptimierung<br />

selbst ausgesucht haben. „Gerade<br />

damit hat die depressive Erschöpfung aber auf<br />

der individuellen Ebene ursächlich zu tun,“ sagt<br />

Keupp. „Das vorgegebene und selbstgesteckte<br />

Ziel der Optimierung kann nicht erreicht werden.<br />

Und mehr noch: Auch die Gesellschaft selbst<br />

scheint erschöpft und bietet kaum motivierende,<br />

positive Entwürfe für das gesellschaftliche<br />

Zusammenleben.“<br />

HOFNARR ODER HOFRAT?<br />

DIE ROLLE DER GESUNDHEITSBERUFE<br />

„Am Kaiserhof des Kapitalismus mag der<br />

Psychologe die bunteste Mütze tragen, aber<br />

er bleibt doch eher Hofnarr als Hofrat. Vielleicht<br />

ist das auch gut so, denn der Hofnarr<br />

hat einen Abstand zu den Anpassungsforderungen<br />

zu Hofe, der dem Hofrat mangelt.“<br />

(Wolfgang Schmidbauer, 20<strong>02</strong>)<br />

Trotz seines erst kurzen Aufenthaltes in Graz erkennt<br />

Prof. Keupp in den Vorreden unserer Jubiläumsveranstaltung,<br />

dass auch das <strong>SMZ</strong> <strong>Liebenau</strong><br />

„eher beim Hofnarr als beim Hofrat“ steht,<br />

und „das ist gut so!“<br />

Keupps Thesen zur heutigen Rolle der Gesundheitsberufe:<br />

1.) Die Gesundheitsberufe können als seismographische<br />

Voranzeiger gesellschaftlicher Probleme<br />

wirken, weil sie deren Auswirkungen am Individuum<br />

sehen und dabei wahrnehmen, welche<br />

Ressourcen fehlen. Neben der psychodiagnostischen<br />

muss auch eine gesellschaftsdiagnostische<br />

Einordnung vorgenommen werden.<br />

2.) Russel Jacoby begründete den Begriff der<br />

Sozialen Amnesie – „Gesellschaftsvergessenheit“<br />

und meinte, dass gerade die Gesundheitsberufe<br />

stark betroffen seien. Nachgefragt,<br />

fanden aber alle an einer Studie teilnehmenden<br />

PsychologInnen, dass sie in ihrer privaten Lebenswelt<br />

für Probleme sensibilisiert werden, die<br />

sie auch an KlientInnen wahrnehmen können,<br />

welche gesellschaftliche Strukturveränderungen<br />

thematisierten.<br />

3.) Gesundheitsberufe müssen sich zur Lösung<br />

gesellschaftlicher Problemstellungen positionieren<br />

und dabei die Interessen der Betroffenen<br />

anwaltschaftlich vertreten und besonders das<br />

Gesundheitsinteresse und die Menschenrechte<br />

schützen. Da es an Sprache mangelt, mangelt<br />

es vermutlich auch an einer Stimme der psychosozialen<br />

Berufe in den Protestbewegungen, was<br />

Heiner Keupp anhand von PEGIDA vs. REFU-<br />

GEES WELCOME thematisiert.<br />

WIR DANKEN PROF. HEINER KEUPP FÜR SEINEN<br />

TIEFGREIFENDEN VORTRAG UND DEN BESUCH<br />

IM <strong>SMZ</strong> LIEBENAU ANLÄSSLICH UNSERES<br />

30JÄHRIGEN JUBLIÄUMS.

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