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SMZ Liebenau Info 02_2015

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(K)EIN RUHESTAND – KEIN NACHRUF!<br />

(K)EIN RUHESTAND – KEIN NACHRUF!<br />

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<strong>SMZ</strong> INFO DEZEMBER <strong>2015</strong><br />

RAINER POSSERT LEGT SEINE KRANKENKASSEN-<br />

VERTRÄGE ZURÜCK.<br />

„Der Possert is nimmer da?“ Eine häufige Frage<br />

in den letzten Wochen. „Er ist schon 65?“ Beides<br />

stimmt und stimmt auch wieder nicht:<br />

Ja, er geht als Kassenarzt in Pension, aber die<br />

lapidare Botschaft unterschätzt die vielen Rollen<br />

und Funktionen, die Rainer seit 1982 in Graz ausgefüllt<br />

hat und auch in Zukunft noch erfüllen will.<br />

Eines gleich vorweg für die vielen, die ihn weit<br />

über die <strong>Liebenau</strong>er Grenzen als unbestechlichen<br />

kritischen Grazer Arzt, Verfechter von PatientInnen-Interessen<br />

und Gegner des medizinisch-industriellen<br />

Komplexes, als Hausarzt und politischen<br />

Kopf schätzen:<br />

Er arbeitet weiter in seiner Praxis als Wahlarzt<br />

und Psychotherapeut, betreut weiter eine Reihe<br />

von SubstitutionspatientInnen, arbeitet als Berater<br />

in unserer Familienberatungsstelle und ist vor<br />

allem als Obmann des <strong>SMZ</strong> weiter bei den vielen<br />

Projekten, dem Aufbau von Stadtteilzentren<br />

in <strong>Liebenau</strong> und Jakomini und beim bürokratisch<br />

mühsamen Umstieg der alten Praxisgemeinschaft/<strong>SMZ</strong><br />

in ein zukünftiges „primäres Gesundheitszentrum“<br />

federführend.<br />

Seine umsichtige Vereinsführung als geschäftsführender<br />

Obmann kann man an den immer erfolgreichen<br />

Finanzierungverhandlungen mit Stadt,<br />

Land und Bund erkennen. Das Geschick, bei allen<br />

Parteien (von den wechselnden LandesrätInnen<br />

für Gesundheit der SPÖ und ÖVP, zu Politikern<br />

der FPÖ bis KPÖ) Zustimmung zu unseren Projekten<br />

zu bekommen, gilt schon lange auch bei<br />

vielen Mitbewerbern als strategische Meisterleistung.<br />

Eine kritische und weitsichtige Personalauswahl,<br />

eine verantwortungsvolle Personalführung<br />

und die zukunftsträchtige Installierung des neuen<br />

Geschäftsführers Christoph Pammer sorgt für<br />

konstant hohe Qualität unserer Arbeit.<br />

Quer zu denken, die als üblich geltenden Regeln<br />

und Grenzen des ärztlichen Berufs lustvoll<br />

zu überschreiten, die soziale und politische Verantwortung<br />

von ÄrztInnen (im Kampf für soziale<br />

Gerechtigkeit und Gesundheit und für das „Empowerment“<br />

von besonders benachteiligten BürgerInnen)<br />

durch praktisches Handeln sichtbar zu<br />

machen, ist bis heute seine Devise:<br />

■■<br />

Flugblatt-Verteilen vor den Fabrikstoren des<br />

■■<br />

■■<br />

Puchwerks um 6Uhr morgens<br />

Gründung der Bürgerinitiative zur Rettung<br />

des Puch-2-Rad-Werkes und Organisieren<br />

einer Arbeiterdemonstration vor dem damaligen<br />

Fabrikseigner CA-Bank („gegen die<br />

Nadelstreif-Sanierer“ wie eine Tageszeitung<br />

schrieb) als Konsequenz aus dem ärztlichen<br />

Umgang in der Praxis mit Ängsten und<br />

Krankheiten der von Arbeitslosigkeit bedrohten<br />

ArbeiterInnen<br />

zahlreiche Veranstaltungen zu gesundheitsund<br />

umweltpolitischen Themen (oft war das<br />

■■<br />

■■<br />

■■<br />

<strong>SMZ</strong> der einzige Veranstalter dazu in Graz),<br />

internationale Kontakte nach Slowenien (kooperative<br />

Gesundheitsmodelle nach Prof.<br />

Andrija Stampar, dem 1. Präsidenten der<br />

WHO 1948), in die Schweiz (zur „Sozialen<br />

Medizin“) und nach Deutschland (zum Verein<br />

demokratischer ÄrztInnen VDÄÄ)<br />

Moderation und Förderung des öffentlichen<br />

Auftretens von BürgerInnen-Interessen (von<br />

den zahlreichen <strong>Liebenau</strong>er Bürgerinitiativen<br />

bis zu „Rettet die Mur“) als Konsequenz<br />

der Arbeit unserer Gesundheitsplattform<br />

und nicht zuletzt der unermüdliche Kampf<br />

gegen die Verdrängung eines der letzten<br />

Endphase-Nazi-Verbrechens gegen meist<br />

jüdische MitbürgerInnen in Graz im so genannten<br />

„Lager <strong>Liebenau</strong>,“ sowie der Aufbau<br />

einer würdigen Gedenkkultur – gegen<br />

vielseitigen Widerstand – sind nur wenige<br />

Beispiele dieser Haltung.<br />

Als praktischer Arzt waren und sind ihm wichtig:<br />

die konsequente Parteinahme für die einzelnen<br />

PatientInnen, deren Schutz vor unkritischer Medikation<br />

(und den überbordenden Interessen einer<br />

profitorientierten Pharmaindustrie), klare wissenschaftliche<br />

Diagnosen und Therapien ohne Rücksichtnahme<br />

auf Eminenzen und ökonomische<br />

Interessensgruppen, eine uneingeschränkte gesprächsmedizinische<br />

Orientierung und die Kooperation<br />

mit anderen Berufsgruppen.<br />

Ein vollständiger Rückblick auf 33 Jahre Arbeit für<br />

<strong>Liebenau</strong> und Graz ist natürlich unmöglich.<br />

Ein Blick in die Visitenkarte des <strong>SMZ</strong>, unsere <strong>Info</strong>-Zeitung,<br />

die von beeindruckenden Fotos geprägt<br />

ist, zeigt Rainers weitere Interessen: er wird<br />

sich künftig doch auch mehr um seine Arbeit als<br />

Photokünstler und um sein Atelier in der Mondscheingasse<br />

kümmern. Es könnte auch sein,<br />

dass Sie ihn öfter an der kroatischen Küste Istriens<br />

antreffen. Vielleicht sprechen Sie ihn dann auf<br />

seine Ambitionen mit Cello und Akkordeon an.<br />

Persönliches zum Schluss:<br />

Als alter Mitstreiter von Anfang an, kann ich nur<br />

herzlichen Dank für die jahrzehntelange gemeinsame<br />

Arbeit sagen, ohne Dich wären wir nie so<br />

weit gekommen! Der gemeinsame Aufbau des<br />

<strong>SMZ</strong> in der heutigen Form wäre ohne Deinen Weitblick,<br />

Deine Konsequenz, das Letzte aus Deinen<br />

MitarbeiterInnen herauszuholen, Deine politische<br />

Phantasie und Deine „Sturheit“ nicht möglich. Deine<br />

oftmalige Verzweiflung, dass irgendjemand im<br />

Team schon wieder nicht die weitreichenden Konsequenzen<br />

eines Planes durchschaut hat, was für<br />

Dich längst selbstverständlich war, hast Du als eigentlich<br />

Ungeduldiger sehr geduldig ausgehalten.<br />

Also: Alles Gute für Deine Gesundheit und<br />

Deine Zukunft und auf eine gute weitere erfolgreiche<br />

Zusammenarbeit!<br />

Gustav Mittelbach

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