OEFBCorner_0420
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Die Corona-Pandemie hat die Welt weiter im<br />
Griff. Aber welche Auswirkungen hat diese<br />
eigentlich auf den Fußball-Nachwuchs? U17-<br />
Teamchef Hermann Stadler spricht im Interview<br />
sowohl von Chancen als auch von Gefahren.<br />
hr?<br />
GEPA-PICTURES.COM<br />
ÖFB CORNER: Beginnen wir mit der wichtigsten<br />
Frage: Wie geht es Ihnen?<br />
HERMANN STADLER: Danke, es geht mir<br />
so weit sehr gut.<br />
Sie sind ein sehr erfahrener Nachwuchs-<br />
Teamchef, logischerweise haben Sie so<br />
eine Situation aber auch noch nie erlebt.<br />
Wie haben Sie das Corona-Jahr 2020<br />
wahrgenommen?<br />
Ich glaube so wie jeder. Es ist eine enorme<br />
Belastung für alle Beteiligten. Hoffen wir,<br />
dass wir im kommenden Jahr zur gewohnten<br />
Normalität zurückkehren können.<br />
Als Nachwuchs-Teamchef ist es Ihr Job,<br />
die Entwicklung der Talente im Auge zu<br />
haben. Welche Auswirkungen haben die<br />
verschiedenen Corona-Maßnahmen?<br />
Der erste Lockdown im Frühjahr hatte<br />
schon weitreichende Folgen, weil auch die<br />
Akademien geschlossen waren, also für den<br />
Spitzennachwuchs kein Mannschaftstraining<br />
möglich war. Aus den Spielern von den Akademien<br />
werden ja in den meisten Fällen die<br />
Teamspieler herausgefiltert. Jetzt im zweiten<br />
Lockdown darf dort weitertrainiert werden.<br />
Das ist schon sehr positiv. Aber es geht ja<br />
nicht nur um die angehenden Teamspieler.<br />
Sondern?<br />
Für die meisten Jugendlichen und Kinder<br />
bedeutet der Lockdown eine große Einschränkung<br />
ihrer täglichen Bewegung, weil<br />
viele nur noch zuhause sitzen. Auch der Sportunterricht<br />
in den Schulen fehlt. Da wird man<br />
erst später, wenn die Pandemie überstanden<br />
ist, sehen, wie sich das auswirkt.<br />
Was bedeutet es für junge Spieler, beispielsweise<br />
Ihre U17-Spieler, wenn sie<br />
mehrere Monate kein Mannschaftstraining<br />
absolvieren können?<br />
Für die Entwicklung eines Spielers ist<br />
das natürlich alles andere als förderlich, aber<br />
ich habe meinen Jungs immer gesagt, dass<br />
sie nicht verzweifeln sollen, sondern, auch<br />
wenn das vielleicht seltsam klingen mag, die<br />
Situation sehen sollen wie eine Verletzungspause.<br />
Auch dann könnten sie vielleicht längere<br />
Zeit nicht mit dem Team trainieren. Aber<br />
noch einmal, es ist jetzt schon eine sehr gute<br />
Sache, dass die Akademien unter Einhaltung<br />
des Präventionskonzepts weitertrainieren<br />
dürfen. Außerdem kann die Trainingspause<br />
im Frühjahr auch einen positiven Nebeneffekt<br />
haben.<br />
Einen positiven Effekt?<br />
Ganz logisch, dass nichts ein Mannschaftstraining<br />
ersetzen kann, daran kann es<br />
keinen Zweifel geben, aber die Spieler hatten<br />
viel mehr Zeit, sich mit anderen Aspekten<br />
auseinanderzusetzen, die es genauso<br />
braucht, wenn man es bis ganz nach oben<br />
schaffen will.<br />
Welche wären das?<br />
Es geht zum Beispiel darum, dass ich<br />
mental stärker werde oder im Kraft- und Koordinationsbereich<br />
gewisse Sachen optimiere.<br />
Vor allem in der Rumpfstabilität sehe ich österreichweit<br />
Defizite. So haben die Jungs viel<br />
intensiver gelernt, dass sie in ihren Körper<br />
horchen und selbst sehen, wo sie sich abseits<br />
vom Fußballerischen noch verbessern können.<br />
In meinen Augen geht es darum, dass<br />
sich die Spieler auf den Tag X, an dem der<br />
Betrieb wieder aufgenommen wird, bestmöglich<br />
vorbereiten. Das kann dann auch Verletzungen<br />
verhindern, die nach so einer langen<br />
Pause durchaus auch möglich wären.<br />
Es wird immer gesagt, dass die jungen<br />
Spieler durch die Ausbildung eine viel<br />
professionellere Einstellung mitbekommen,<br />
als das vielleicht bei früheren Generationen<br />
der Fall war. Gibt es da trotzdem<br />
noch so viel herauszuholen?<br />
Ich denke nicht, dass ein 16-Jähriger,<br />
wenn ich jetzt von meiner Mannschaft ausgehe,<br />
in irgendeinem Bereich bereits seine<br />
volle Entwicklung erreicht hat. Das Bewusstsein<br />
für den eigenen Körper und die Dinge,<br />
die ich brauche, um erfolgreich zu sein, das<br />
ist etwas, was man lernen muss. Diese Bedürfnisse<br />
sind ja auch bei jedem Spieler<br />
unterschiedlich. Die Spieler haben ja von<br />
ihren Betreuern Trainingspläne bekommen,<br />
die sie auch absolvieren. Was ich meine, ist,<br />
dass sie sich ihrer Schwächen bewusst wer-<br />
CORNER 04/20 37