Flensburg Journal Ausgabe 256 - Januar 2024
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Bildband im<br />
Format DIN A4,<br />
Hardcover mit<br />
124 Seiten Umfang,<br />
mit über<br />
150 Abbildungen.<br />
Autor: Jan Kirschner<br />
nur 19,80 Euro<br />
Sünderup 46 · 24943 <strong>Flensburg</strong><br />
Tel.: 0461– 670 00 00<br />
ISBN 978-3-932635-77-9<br />
Die mit der Abschlussprüfung beauftragte Deutsche<br />
Versuchsanstalt forderte weitere Unter-<br />
Wilhelmstraße warf die Besatzung einen Fa l-<br />
drehte eine Schleife über das Zentrum. Über der<br />
lagen an. Es ging im Wesentlichen um einige schirm mit einem großen Blumenstrauß, der für<br />
statische Fragen und das Blaugas, das anstelle<br />
des herkömmlichen Benzins als Treibstoff des war, ab. Die Überraschung verfing sich a lerdings<br />
Reichspräsident Paul von Hindenburg gedacht<br />
LZ127 verwendet werden so lte. Für den ersten in den Telegraphendrähten und musste von einem<br />
Polizisten gerettet werden.<br />
Testaufstieg hatte der „Graf Zeppelin“ noch die<br />
Auflage, nicht über Siedlungen zu fliegen. Nach Derweil diskutierte die Öffentlichkeit über den<br />
klärenden Gesprächen im Kurgartenhotel waren Abstecher der vergangenen Nacht in die Niederlande.<br />
Die nationalkonservative Presse hatte<br />
die Unstimmigkeiten zwischen Berlin und Friedrichshafen<br />
ausgeräumt. Nach dem geglückten berichtet, dass der LZ 127 über das Haus Doorn,<br />
Jungfernflug scherzte Hugo Eckener: „Die Ventile dem Exil des letzten deutschen Kaisers geflogen<br />
haben so gut funktioniert, dass ich beschlossen wäre. „Das stimmt nicht“, musste Hugo Eckener<br />
habe, im Schiff einen Luftkurort einzurichten.“ dementieren. „Wir nahmen direkten Kurs auf Rotterdam,<br />
weil es mit seinen erleuchteten Hafenan-<br />
Am 28. September 1928 kam seine Stimme über<br />
den Äther: „Meine sehr verehrten Damen und lagen der beste Ausgangspunkt für eine nächtliche<br />
Navigationsfahrt über See ist.“ Das „Haus<br />
Herren, guten Morgen!“ Es war das erste Mal,<br />
dass ein Luftschiff an den deutschen Rundfunk Doorn“ lag etwa 20 Kilometer nördlich der Route<br />
angeschlossen war. Der inzwischen 60 Jahre alte des Zeppelins.<br />
Zeppelin-Kommandant bedankte sich bei a len Hugo Eckener befand sich mit seinen Gedanken<br />
Hörern, die zum Bau des LZ 127 beigetragen hatten.<br />
Es ging an diesem Tag über mehrere bayden<br />
brauchen, bis wir drüben sind“, teilte er in<br />
bereits in den USA. „Wir werden 50 bis 80 Stunrische<br />
Städte. Eine knappe Woche später stand Friedrichshafen der versammelten Presse mit.<br />
die 35-stündige Dauerfahrt über die gesamte „Im Luftschiff fliegt man nicht, fährt man nicht,<br />
Republik an.<br />
sondern reist man in der schönsten Art, die man<br />
Am 3. Oktober, einem Mittwoch, war im Morgengrauen<br />
ein Spaziergänger auf der Lecker den 20 Passagieren, die am 10. Oktober an Bord<br />
mit dem Worte Reisen verbindet“, versprach er<br />
Chaussee, vor den Toren <strong>Flensburg</strong>s, unterwegs. gingen. Alles war vorbereitet. Doch auf dem Atlantik<br />
tobten Stürme, viele Drohbriefe Dampfer bekommen, gerieten in dass auf die beiden Luft-<br />
Plötzlich hörte er ein vom Süden kommendes,<br />
undefinierbares Motorengeräusch. Er geriet Seenot. Hugo Eckener schiffe vertagte aus den Nazi-Deutschland Aufstieg, Anschläge verübt<br />
in Panik. „Im Kriege hat man es ja gelernt, das bekam in der Nacht vor werden Anspannung so len. kein Oder Auge war a les nur eine Falschmeldung?<br />
unzähligen Der 68-Jährige Schaulus-wo lte nicht wahrhaben,<br />
Singen der feindlichen und das tiefe Brummen zu. Er spürte den Druck der<br />
der unsrigen Luftvögel zu erkennen“, erzählte er tigen, die ein Spektakel dass erwarteten seine langjährigen – es klatsch-Bestrebungeten aber nur Regen und Wind Liniennetz an das zu Fenster. scheitern Erst drohten. Erst im Februar<br />
um einen<br />
später. Nur 150 Meter über dem Wanderer flog<br />
etwas Gewaltiges: „eine Zigarre mit Feuer an um 5 Uhr legte sich das hatte Unwetter, er sich drei in Stunden Staaten aufgehalten, um die<br />
beiden Enden und in der Mitte.“ Es war der „Graf später erhob sich der „Graf neue Saison Zeppelin“. vorzubereiten. Am 11. Das fliegende Luxusschiff,<br />
auf das den den Atlantik Atlantik und schon 34 Mal erfolgreich<br />
Zeppelin“, der kurz darauf die <strong>Flensburg</strong>er Innenstadt<br />
querte, die Marineschule mit einer Neigung New York.<br />
überquert hatte, so lte in den nächsten Monaten<br />
Oktober 1928 nahm er Kurs<br />
grüßte und gen Kiel entschwand. Wegen<br />
der frühen Morgenstunde hatten<br />
ren. Sogar ein Vertrag mit einem amerikanischen<br />
18 Mal von Frankfurt in die USA und zurück fah-<br />
nur wenige Nordlichter die Passage<br />
Partner war ausgearbeitet, um den Liniendienst<br />
bemerkt. „Doktor Eckener hätte unterwegs<br />
anhalten und einen Grog trinken<br />
Mit dem Schlaf war es vorbei. Hugo Eckener grü-<br />
auf gemeinsame Beine zu ste len.<br />
sollen, bis wir a le aufgestanden sind“,<br />
belte. Weitere Anrufe verbesserten den Kenntnisstand<br />
und schärften das Bild der Katastrophe. Der<br />
schmunzelte man auf den Straßen.<br />
Derweil verkündeten die Morgenblätter,<br />
dass der „Graf Zeppelin“ am<br />
von ungünstigen Winden etliche Stunden Verspä-<br />
„Hindenburg“ hatte über dem Ozean aufgrund<br />
Vormittag in Berlin eintreffen würde.<br />
tung angesammelt, musste dann an der US-Ostküste<br />
heftige Gewitter abwarten. Nach rund drei<br />
Sämtliche Plätze, die einen freien Ausblick<br />
gestatten, wurden von dichten<br />
Stunden nieselte es in Lakehurst nur noch. Die Landung<br />
begann. Plötzlich breitete sich vom Heck in<br />
Menschenmengen belagert. Auf den<br />
Straßen stauten sich die Verkehrsmittel,<br />
Richtung Bug ein Wasserstoff-Feuer aus. Binnen<br />
die Lufthansa ließ zur Begrüßung drei<br />
32 Sekunden verbrannte der „Hindenburg“ zu<br />
Flugzeuge aufsteigen. Das Luftschiff<br />
einem Haufen Aluminiumschrott. 13 Passagiere,<br />
22 Besatzungsmitglieder und ein Mitarbeiter des<br />
Bodenpersonals starben. Lakehurst und der 6. Mai<br />
1937 stehen seitdem für das größte Unglück in der<br />
zivilen Luftschifffahrt.<br />
60 61<br />
Vom „Hindenburg“ blieben nur Trümmer<br />
Am 3. Oktober 1928 über <strong>Flensburg</strong>: der „Graf Zeppelin“ Starts und Landungen des LZ127 lösten riesige Begeisterung aus<br />
Am nächsten Morgen erreichte der lange Arm<br />
des Berliner Reichsluftfahrtministeriums den Zeppelin-Experten<br />
in Graz. Er musste sofort in die<br />
Hauptstadt kommen, er so lte einer deutschen<br />
Untersuchungskommission angehören, die<br />
schleunigst über den Atlantik entsendet werden<br />
so lte. Schwarzumrandete Extrablätter verkündeten<br />
an a len Ecken und Plätzen in großen Lettern:<br />
„Luftschiff Hindenburg vernichtet“. Um 11.30 Uhr<br />
entstieg Hugo Eckener am Flugplatz Wien-Aspern<br />
einem Maybach-Cabriolet. Einige Reporter<br />
lauerten ihm auf. „Der Zeppelin-Gedanke darf<br />
dennoch nicht untergehen, wir haben noch eine<br />
große Aufgabe zu erfü len“, diktierte der Abreisende<br />
in die Notizblöcke. Zur Unglücksursache<br />
befragt, schloss er einen Sabotage-Akt nicht aus.<br />
Für diese Deutung wurde Hugo Eckener am<br />
Nachmittag in Berlin kritisiert. Sofort wurde er<br />
zum Luftfahrtminister Hermann Göring begleitet.<br />
„Ich habe nie viel von Luftschiffen gehalten,<br />
aber jetzt muss man durchhalten“, sagte dieser.<br />
Hugo Eckener empfahl für das andere Luftschiff<br />
„Graf Zeppelin“, das gerade erst Recife verlassen<br />
hatte, einen Betriebsstopp – bis der Hergang<br />
der Katastrophe gelüftet sein würde. Am Abend<br />
sprach er via Rundfunk zur Nation: „Erst nach eingehender<br />
Prüfung wird man festste len können,<br />
welche Ursachen zu dem tragischen Verlust des<br />
Luftschiffes und dem Tod so vieler Passagiere und<br />
verdienter Besatzungsmitglieder geführt haben.“<br />
Von der Lakehurst-Katastrophe nahm die ganze Welt Kenntnis<br />
Die HAPAG warb für die DELAG Die Fahrten der Zeppeline waren nationale Ereignisse<br />
Überhaupt war Frankfurt in jenen Wochen die den Horizont dann und wann mit einer aufflammenden<br />
Linie säumten.“<br />
Drehscheibe schlechthin. Drei Monate lang wirkte<br />
die „Internationale Luftfahrt-Ausstellung“ (ILA) Am 16. November 1909 war für die neue Aktiengesellschaft<br />
ein Stammkapital von drei Mi lio-<br />
wie ein Magnet auf die Massen. Gerade die Zeppelin-Fabrikate<br />
und die Parseval-Ba lons lieferten nen Mark gezeichnet. Viele Oberbürgermeister<br />
sich ein Rennen um die größte Beliebtheit. Am 11. wo lten in den Aufsichtsrat, keiner wo lte den<br />
September startete der neue LZ 6 in Friedrichshafen<br />
gen Main. Über Freiburg warf Hugo Eckeendienst<br />
unter den deutschen Großstädten –<br />
Anschluss an den Luftverkehr verlieren. Ein Lininer<br />
eine Luftpost ab: „Im Luftschiff funktioniert so lautete das Fernziel. Vorerst gab es aber nur<br />
a les andauernd tade los. Bei den Dörfern stehen<br />
hunderte von Menschen, die das Luftschiff der „fliegenden Zigarren“ zu fördern. Auch das<br />
Rund- und Sonderfahrten, um die Popularität<br />
erwarten und begeistert begrüßen.“ Eindrucksvo<br />
l beschrieb der PR-Chef später die Ankunft in steckte noch in seinen Kinderschuhen.<br />
war damals ein großer Fortschritt: Das Flugzeug<br />
Frankfurt: „Leise und langsam glitten wir durch Mit Alfred Colsmann bereiste Hugo Eckener in<br />
eine lange, sti le Nacht über das weite Dunkel den nächsten Wochen die Städte, die eine Luftschiffstation<br />
wünschten. Letztendlich kamen<br />
dahin, in dem die Erde sich unter uns breitete. Im<br />
fernen Nordosten, scheinbar über dem Vogelgebirge,<br />
stand ein heftiges Gewitter, dessen Blitze chen, Leipzig, Dresden und Hamburg zum<br />
Frankfurt, Köln, Düsseldorf, Baden-Baden, Mün-<br />
Zuge.<br />
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