Ergotherapie bei depressiven Erkrankungen - Landschaftsverband ...
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auszugehen, dass eine Vielzahl von<br />
Faktoren an der Entstehung und Aufrechterhaltung<br />
der Depression beteiligt<br />
sind, so dass auch die Behandlung<br />
multifaktoriell erfolgen sollte.<br />
Aus psychologischer Sicht werden<br />
Depressionen <strong>bei</strong>spielsweise durch<br />
Stress, niedrige Raten positiver Verstärkung,<br />
fehlenden Ressourcen und<br />
Fertigkeiten und durch die Depression<br />
erworbene verzerrte Sichtweisen<br />
aufrechterhalten, Faktoren, die durch<br />
eine entsprechende Therapie angegangen<br />
werden können. Als eine der<br />
effektivsten Methoden hat sich da<strong>bei</strong><br />
die Kognitive Verhaltenstherapie<br />
(KVT) herausgestellt, die auch in den<br />
Leitlinien zur psychotherapeutischen<br />
Behandlung von affektiven Störungen<br />
(Hautzinger et al., 2004) an erster<br />
Stelle steht.<br />
Zu den Hauptkomponenten dieser<br />
Therapie gehören als Folge der aufrechterhaltenden<br />
Faktoren der Depression<br />
die Steigerung angenehmer<br />
Aktivitäten, die kognitive Umstrukturierung<br />
depressiver Sichtweisen, die<br />
Verbesserung der sozialen Kompetenz<br />
und die Rückfallprophylaxe. Einige<br />
dieser Faktoren sollen im folgenden<br />
kurz vorgestellt werden besonders<br />
unter dem Aspekt, dass<br />
auch weitere klinische Einflussfaktoren<br />
wie Pflege, Musik- und <strong>Ergotherapie</strong><br />
zur Änderung dieser Faktoren<br />
<strong>bei</strong>tragen können.<br />
Die Veränderung von Aktivitäten bildet<br />
gerade zu Beginn der Behandlung<br />
eine wesentliche ‚Intervention,<br />
zumal Inaktivität, Antriebslosigkeit<br />
und Apathie oft zu den hervorstechenden<br />
Symptomen depressiver Patienten<br />
gehört.<br />
Die positive Beeinflussung der Stimmung<br />
durch die Durchführung angenehmer<br />
Aktivitäten ist Bestandteil<br />
menschlicher Alltagserfahrung, obwohl<br />
dieser Einfluss von den Patienten<br />
für den aktuellen Zustand meist<br />
Wolfgang H. Strauss<br />
bestritten wird. Er lässt sich jedoch ,<br />
zumindest in Ansätzen, durch die<br />
angeleitete Selbstbeobachtung in Situationen<br />
größerer und geringerer<br />
angenehmer Aktivität auch <strong>bei</strong> <strong>depressiven</strong><br />
Patienten erfahrbar machen.<br />
Dies kann <strong>bei</strong>spielsweise durch<br />
die Protokollierung noch vorhandener<br />
Aktivitäten und der zeitgleichen Einschätzung<br />
der sie begleitenden<br />
Stimmung geschehen (z.B. auf einer<br />
Skala von 1 = gute Stimmung bis 10<br />
= sehr schlechte Stimmung.<br />
Den theoretischen Hintergrund aktivitätsaufbauernder<br />
Maßnahmen bilden<br />
so genannte Verstärker-Verlust-<br />
Modelle. Sie gehen auf die grundlegende<br />
Annahme der Lerntheorie zurück,<br />
dass die Konsequenzen einer<br />
Handlung – ob für den Handelnden<br />
positiv oder negativ – die Wahrscheinlichkeit<br />
beeinflussen, diese oder<br />
ähnliche Handlungen in Zukunft<br />
abermals auszuführen.<br />
Der depressive Patient ist in einer Situation,<br />
in der er durch seine Inaktivität<br />
wenig Zugang zu Verstärkern,<br />
also belohnenden und anreizschaffenden<br />
Handlungskonsequenzen hat.<br />
Dieser Zustand wird nicht selten<br />
durch den plötzlichen Wegfall bisher<br />
wirksamer Verstärker eingeleitet,<br />
etwa den Auszug der Kinder aus der<br />
elterlichen Wohnung, den Verlust eines<br />
geliebten Menschen oder einer<br />
geschätzten Aufgabe. Hinzu kommt,<br />
dass bis zum Erkrankungsbeginn gut<br />
funktionierende Verstärker im Rahmen<br />
der Depression häufig ihre<br />
Wirksamkeit verlieren.<br />
Da depressive Menschen aufgrund<br />
ihrer Inaktivität nur eine begrenzte<br />
Chance haben, mit potenziellen Verstärkern<br />
in Berührung zu kommen,<br />
besteht ein wichtiger erster Behandlungsschritt<br />
in der Durchbrechung<br />
der Passivität und dem Bemühen,<br />
dem häufig verspürten, aber depressionsfördernden<br />
Impuls nach Rückzug<br />
– etwa dem Wunsch im Bett zu<br />
- 36 - <strong>Ergotherapie</strong> <strong>bei</strong> <strong>depressiven</strong> <strong>Erkrankungen</strong>