KANZLEI & PERSÖNLICHES Finanzen Altersvorsorge Lebensversicherungen in <strong>de</strong>r Klemme Die Lebensversicherer haben 2010 zum wie<strong>de</strong>rholten Mal die Überschussbeteiligungen gesenkt. Mandanten, die ihre Altersvorsorge auf diese Versicherungen aufgebaut o<strong>de</strong>r Kredite mit ihnen abgesichert haben, müssen jetzt han<strong>de</strong>ln. Die versprochenen Ausschüttungen <strong>de</strong>r Kapitallebensversicherungen stehen mächtig unter Druck. 32 <strong>Steue</strong>r<strong>Co</strong>nsultant 2 _ 10 www.steuer-consultant.<strong>de</strong>
Es gab für die <strong>de</strong>utschen Lebensversicherer schon mal schönere Zeiten. Zeiten, in <strong>de</strong>nen die Kapitallebensversicherung als einzige Ergänzung zur gesetzlichen Rente galt und Versicherungsvertreter keine großen Argumente brauchten, um die Policen an <strong>de</strong>n Mann und die Frau zu bringen. Das Resultat ist, dass je<strong>de</strong>r erwachsene Deutsche mehr als eine Lebensversicherung besitzt. Nach <strong>de</strong>n Zahlen <strong>de</strong>s Gesamtverbands <strong>de</strong>r Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) bestehen in Deutschland rund 97 Millionen Verträge. Insgesamt haben die Versicherer in Kapitalanlagen im Wert von mehr als 694 Milliar<strong>de</strong>n Euro investiert. Doch diese Geldanlagen werfen immer weniger Gewinne ab. Vor allem die niedrigen Zinsen machen <strong>de</strong>n Versicherern wenig Freu<strong>de</strong>. Das meiste Geld <strong>de</strong>r Versicherten steckt in festverzinslichen Anlagen. Pfandbriefe, Staats- und Bun<strong>de</strong>sanleihen werfen mittlerweile aber kaum noch genug Rendite ab, um eine auskömmliche Rendite zu erwirtschaften. „Die bereits seit mehreren Jahren niedrige Verzinsung zehnjähriger Pfandbriefe ist innerhalb eines Jahres von 4,5 auf 3,7 Prozent weiter zurückgegangen“, begrün<strong>de</strong>te die Allianz Leben Mitte Dezember 2009 die Absenkung <strong>de</strong>r künftigen Überschussbeteiligung für die Versicherten. Der Marktführer hat die Gutschriften für die Versicherten, die sich auch <strong>de</strong>m garantierten Zins und einem Anteil an <strong>de</strong>n Gewinnen aus <strong>de</strong>n Kapitalanlagen ergeben, von 4,5 auf 4,3 Prozent reduziert. Der größte Konkurrent, die R+V Lebensversicherung, musste die laufen<strong>de</strong> Verzinsung ebenfalls von 4,5 Prozent auf 4,3 Prozent senken. Damit spü- ren die Kun<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Gesellschaften direkt die Auswirkungen <strong>de</strong>r niedrigen Zinsen und <strong>de</strong>r schlechten Entwicklungen an <strong>de</strong>n Kapitalmärkten <strong>de</strong>r letzten zwei Jahre. Die Überschussbeteiligung gibt an, wie hoch <strong>de</strong>r Sparanteil an <strong>de</strong>n Versicherungsbeiträgen verzinst wird. Wie viel Überschüsse die Versicherer ihren Kun<strong>de</strong>n gutschreiben, legen sie je<strong>de</strong>s Jahr neu fest. Viele private Rentenversicherer lassen Verzinsung unverän<strong>de</strong>rt Bei <strong>de</strong>n privaten Rentenversicherungen sieht es nicht besser aus. Hier veröffentlichte die unabhängige Versicherung-Rating-Agentur Assekurata mit Sitz in Köln bereits die Überschussbeteiligung <strong>de</strong>r Unternehmen für 2010. Demnach lässt rund die Hälfte <strong>de</strong>r 77 aufgeführten Versicherungsunternehmen die Verzinsung unverän<strong>de</strong>rt. 27 Unternehmen senken sie ab, darunter fast alle großen Gesellschaften. Bei <strong>de</strong>r Delta Lloyd und <strong>de</strong>r Hamburger Lebensversicherung verringern sich die Verzinsungen sogar um 0,75 Prozentpunkte. Auch die bei<strong>de</strong>n Marken <strong>de</strong>r Gothaer Versicherungen, Asstel und Gothaer Leben, kürzten die Verzinsungen <strong>de</strong>utlich um einen halben Prozentpunkt. Freuen können sich unter an<strong>de</strong>rem Versicherte <strong>de</strong>r „Direkte Leben“, eine Tochter <strong>de</strong>r Stuttgarter Versicherungsgruppe. Sie schreibt ihren Versicherten mit 4,3 Prozent sogar etwas mehr gut als im vergangenen Jahr. Dafür musste die Versicherung aber vor zwei Jahren die Überschüsse <strong>de</strong>utlich zurückfahren. Auch bei <strong>de</strong>r Victoria gibt es 0,1 Prozentpunkte mehr als im Vorjahr. Abgesehen von diesen Ausnahmen mussten Än<strong>de</strong>rungen bei <strong>de</strong>r Rürup-Rente 2010 Seit diesem Jahr können die Beiträge zur Rürup-Rente steuerlich nur noch als Son<strong>de</strong>rausgabe geltend gemacht wer<strong>de</strong>n, wenn <strong>de</strong>r Vertrag staatlich zertifiziert ist. Bisher entschie<strong>de</strong>n die Finanzämter, ob sie die Aufwendungen anerkannten o<strong>de</strong>r nicht. Bei <strong>de</strong>r Zertifizierung müssen vor allem die gesetzlich festgelegten Kriterien <strong>de</strong>r Basis-Rente erfüllt sein. So darf die Rente we<strong>de</strong>r vererbbar noch übertragbar sein. Auch ein Verkauf <strong>de</strong>r Ansprüche o<strong>de</strong>r die Auszahlung in einer <strong>Su</strong>mme sind ausgeschlossen. Zu<strong>de</strong>m fließen erste Rentenzahlungen frühestens nach <strong>de</strong>m 60. Geburtstag <strong>de</strong>s www.steuer-consultant.<strong>de</strong> Versicherten. Derzeit laufen die Zertifizierungen. Fehlt das Siegel <strong>de</strong>r Finanzaufsicht am En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Jahres, sind die Beiträge nicht mehr steuerlich absetzbar. Wer einen Rürup-Vertrag besitzt und noch nicht von seinem Anbieter informiert wor<strong>de</strong>n ist, sollte bei seiner Versicherung nachfragen, wann mit <strong>de</strong>r Zulassung zu rechnen ist. viele Versicherungen schon zum zweiten Mal hintereinan<strong>de</strong>r ihre Kun<strong>de</strong>n über sinken<strong>de</strong> Überschussbeteiligungen informieren. Die Gefahr ist groß, dass es nicht das letzte Mal war. So rechnet zum Beispiel die Allianz Leben nicht damit, dass die Zinsen in nächster Zeit wie<strong>de</strong>r nachhaltig steigen wer<strong>de</strong>n. Auch von <strong>de</strong>r zwischenzeitlichen Erholung an <strong>de</strong>n Aktienmärkten haben die Versicherer nicht profitiert. Gesellschaften haben ihre Aktienquote nach <strong>de</strong>n schlechten Ergebnissen <strong>de</strong>r Vorjahre fast ganz heruntergefahren. Durch das schleppen<strong>de</strong> Neugeschäft fehlte ihnen dann teilweise das Geld, um nennenswert von <strong>de</strong>n steigen<strong>de</strong>n Kursen zu profitieren. Dass die Kürzungen bei <strong>de</strong>n Überschussbeteiligungen bisher nicht stärker ausgefallen sind, ist in erster Linie <strong>de</strong>n sogenannten Rückstellungen für Beitragsrückerstattungen zu verdanken. Sie wer<strong>de</strong>n von <strong>de</strong>n Lebensversicherungen dazu verwen<strong>de</strong>t, in schwierigen Zeiten die Ausschüttungen an die Kun<strong>de</strong>n konstant zu halten o<strong>de</strong>r die Absenkungen geringer ausfallen zu lassen. „Dieser Puffermechanismus wird vielleicht nicht so richtig wertgeschätzt und vielleicht auch nicht richtig verstan<strong>de</strong>n“, bemängelt Dr. Reiner Will, Chef <strong>de</strong>r Kölner Rating-Agentur Assekurata. „Das sind Kun<strong>de</strong>ngel<strong>de</strong>r, die dazu da sind, für mehr Stabilität bei <strong>de</strong>n Überschusszahlungen zu sorgen.“ Die Kun<strong>de</strong>n wür<strong>de</strong>n in guten Zeiten auf einen Teil <strong>de</strong>r Ausschüttungen verzichten, um damit Schwankungen im Zeitverlauf zu glätten. Spätestens nach drei Jahren müssen diese Rücklagen aber an die Kun<strong>de</strong>n ausgeschüttet wer<strong>de</strong>n. „Wür<strong>de</strong>n die Versicherungen die Überschüsse je<strong>de</strong>s Jahr voll ausschütten, hätten wir eine viel stärker schwanken<strong>de</strong> Beteiligung an <strong>de</strong>n erwirtschafteten Überschüssen“, so Will. Die Kritik, die Lebensversicherer wür<strong>de</strong>n <strong>de</strong>n Kun<strong>de</strong>n <strong>de</strong>rzeit die Überschüsse aus <strong>de</strong>r <strong>Su</strong>bs tanz bezahlen und damit die Zukunft aufs Spiel setzen, kann er daher nicht nachvollziehen. Auch Rolf-Peter Hoenen, Präsi<strong>de</strong>nt <strong>de</strong>s Gesamtverbands <strong>de</strong>r Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV), betonte unlängst: „Das ‚Sicherheitssystem Lebensversicherung’ funktioniert.“ Man schütze die Kun<strong>de</strong>n vor <strong>de</strong>n Schwankungen <strong>de</strong>r Kapitalmärkte und biete ihnen eine möglichst gleichmäßige Wert entwicklung. Doch wie lange noch? Zwar bemüht sich <strong>de</strong>r GDV-Chef um Entwarnung: „Was die versprochenen Garantien angeht, wäre unsere Branche auch in <strong>de</strong>r Lage, ein noch niedrigeres Zinsniveau über einen langen Zeitraum abzufe<strong>de</strong>rn. Das ist eine Folge unserer spezifischen, langfristig ausgerichteten Kapitalanlagestruktur und <strong>de</strong>r Reserven.“ Doch auch 2 _ 10 <strong>Steue</strong>r<strong>Co</strong>nsultant 33