Financial Repression - Smart Investor
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Schulden wie nach einem Krieg<br />
Der Begriff „<strong>Financial</strong> <strong>Repression</strong>“ (Finan -<br />
zielle <strong>Repression</strong> bzw. Finanzielle Unterdrückung)<br />
wurde schon Anfang der 1970er<br />
Jahre von den Ökonomen Edward Shaw und<br />
Ronald McKinnon geprägt. Er fasst plas -<br />
tisch ein ganzes Bündel an Maßnahmen zusammen,<br />
die zwar nie ganz identisch sind,<br />
aber einer klaren inneren Logik folgen. Ursächlich<br />
für den Marsch in die „<strong>Financial</strong><br />
<strong>Repression</strong>“ war stets eine staatliche Schuldenquote<br />
(Staatsverschuldung/Brutto in -<br />
landsprodukt), die ein Niveau erreichte, das<br />
mit „normalen“ Mitteln nicht mehr zurückgeführt<br />
werden konnte. Nach dem Zweiten<br />
Weltkrieg war das selbst bei den Siegernationen<br />
der Fall. Das Erstaunliche: Heute befinden sich viele<br />
Staaten im Hinblick auf ihre Verschuldung wieder in einer ganz<br />
ähnlichen Situation – und zwar ohne dass dem ein Krieg vorangegangen<br />
wäre. Die USA und Großbritannien reagierten sei -<br />
nerzeit mit einer langjährigen „<strong>Financial</strong> <strong>Repression</strong>“. Die ergriffenen<br />
Maßnahmen können als eine Art Blaupause dessen gelten,<br />
was auch uns demnächst erwartet. Aus Sicht des Anlegers<br />
gleicht die „<strong>Financial</strong> <strong>Repression</strong>“ einem großen Räuber-und-<br />
Gendarm-Spiel, wobei allerdings der Staat die Rolle des Räubers<br />
einnimmt und der Anleger gezwungenermaßen zum Gendarm<br />
wird, der auf sein Vermögen aufpassen muss.<br />
Wenn Wachsen und Sparen nicht mehr reicht<br />
Wir sprachen eingangs davon, dass die „normalen“ Mittel nicht<br />
mehr ausreichen, um die staatlichen Schuldenquoten in Schach<br />
zu halten. Die „normalen“ Mittel, das sind Wachsen und Sparen.<br />
Gemeint sind ein reales Wirtschaftswachstum und Überschüsse<br />
des Staatshaushaltes, die zur Schuldentilgung eingesetzt werden.<br />
Zwar wird reales Wirtschaftswachstum – ausweislich der amtlichen<br />
Statistiken – auch heute noch erreicht, die Wachstumsraten<br />
in reifen Volkswirtschaften sind aber selten groß genug, um aus<br />
den aufgetürmten Schuldenbergen herauszuwachsen. Schlimmer<br />
noch sieht es mit dem Sparen aus: In der stark verlotterten Haushaltspolitik<br />
der meisten Staaten gilt es schon als Sparerfolg, wenn<br />
der Anstieg der Neuverschuldung begrenzt werden kann. Eine<br />
echte Sparpolitik, die zumindest die Schuldenquoten zurückführen<br />
könnte, beschwört unmittelbar die Gefahr sozialer Un -<br />
ruhen in den vom staatlichen Füllhorn besonders abhängig gemachten<br />
Bevölkerungsteilen herauf.<br />
14 <strong>Smart</strong> <strong>Investor</strong> 7/2012<br />
Märkte TITELSTORY<br />
<strong>Financial</strong> <strong>Repression</strong>:<br />
Wenn der Staat Gefangene macht<br />
Die Geschichte lehrt: Sobald die Schuldenquote eines Staates ein nicht tragfähiges<br />
Ausmaß erreicht hat, wird er versuchen, diese zulasten des Sparvermögens seiner Bürger<br />
zurückzuführen.<br />
Letzte Ausfahrt „Staatsbankrott“<br />
Nachdem die beiden Standardmaßnahmen nicht ausreichen, wird<br />
der Staat gezwungen sein, tief in die Trickkiste der „<strong>Financial</strong> <strong>Repression</strong>“<br />
zu greifen. Nur der Vollständigkeit halber sei erwähnt,<br />
dass auch der Staatsbankrott eine Maßnahme zum (schlagar -<br />
tigen) Abbau der Verschuldung darstellt. Wiewohl Staaten in der<br />
Vergangenheit immer wieder bankrottiert haben, wird man diese<br />
äußerste Maßnahme aber so lange es irgend geht herauszögern.<br />
Schon der Teilbankrott Griechenlands führte zu erheblichen Turbulenzen.<br />
Ein Bankrott eines größeren Landes könnte zu einer unkalkulierbaren<br />
Kettenreaktion führen. Andererseits, ganz aus den<br />
Augen verlieren sollte man das Thema nicht: Spanien etwa war in<br />
seiner Geschichte schon 13 Mal bankrott – bislang.<br />
„Demokratisch legitimiert“<br />
Bevor es aber so weit kommt, wird das Potenzial der „<strong>Financial</strong><br />
<strong>Repression</strong>“ ausgeschöpft werden, die zunächst durchaus unterund<br />
hintergründig abläuft. Es gilt die Devise: „Je geräuschloser,<br />
desto effizienter.“ Meist reicht es, die Bevölkerung entsprechend<br />
„aufzuklären“, also einzulullen, damit sie klaglos hinnimmt, oder<br />
noch nicht einmal bemerkt, was gespielt wird. Mit der geballten<br />
Feuerkraft von (staatlichen) Großmedien, amtlicher Statistik und<br />
„Auftragswissenschaft“ soll kritisches Nachdenken bereits im<br />
Keim erstickt werden. Direkter Druck – bis hin zur (Teil-)Enteignung<br />
– dürfte dagegen immer nur gegen Minderheiten angewendet<br />
werden. Das sichert das demokratisch legitimierende Gejohle<br />
der Mehrheit, besonders dann, wenn solche Maßnahmen von<br />
regelrechten Kampagnen, etwa gegen „üble Spekulanten“ oder<br />
sonstige „unsolidarische Elemente“, begleitet werden.