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Financial Repression - Smart Investor

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Die Ökonomen entwickelten nach dem Zweiten Weltkrieg in<br />

ihrem Streben nach „exakter” Wissenschaft zwei mechanische<br />

Finanzmarkttheorien: Die Anhänger effektiver Märkte behaupteten,<br />

dass im Preis von Vermögenswerten das Wissen aller<br />

Marktteilnehmer enthalten ist. Behavioristen erklärten das Auf<br />

und Ab der Kurse mit Anlegerpsychologie. Die amerikanischen<br />

Professoren Roman Frydman und Michael G. Goldberg begründen<br />

in ihrem neuen Buch eine „Ökonomie des unvollkommenen<br />

Wissens“, die zwischen diesen Ansätzen liegen soll. Sie erklären<br />

Kursveränderungen – zu Recht und eigentlich nahe liegend<br />

– vor allem mit dem Wandel des Wirtschaftsgeschehens<br />

und greifen dabei auf Schriften der „Klassiker“ Hayek und vor<br />

allem Keynes zurück. Die beiden waren sich trotz aller Gegen -<br />

sätze in einem einig: Den rationalen, allwissenden Markt kann<br />

es nicht geben. Die Fähigkeit von Menschen und Märkten, die<br />

Zukunft vorherzusehen, ist beschränkt. Hayek und Keynes waren<br />

hier klüger als viele ihrer Kollegen von heute.<br />

An dem Buch gefällt vor allem der empirische Teil, in dem doku -<br />

mentiert wird, wie ein ganzes Bündel sich ändernder Fundamentaldaten<br />

Aktienkurse beeinflusst. So lässt sich gut die Strategie eines<br />

bekannten „vermögensverwaltenden“ Fonds nachvollziehen,<br />

dessen Asset Allocation von Veränderungen bei etwa 40 Parametern<br />

gesteuert wird. Diese Klarheit vermisst man beim Rest die-<br />

80 <strong>Smart</strong> <strong>Investor</strong> 7/2012<br />

Potpourri BUCHBESPRECHUNG<br />

„Jenseits rationaler Märkte”<br />

FILMBESPRECHUNG<br />

„Bulb Fiction“<br />

Berlin im Jahr 2007, irgendwo vor dem Brandenburger Tor: Eine<br />

Walze mit der Aufschrift „Greenpeace“ rollt über einen Berg aus<br />

10.000 Glühbirnen. In kurzen Abständen hört man das trockene<br />

Ploppen der kleinen Glaskolben. Diese „Dinger“ seien wirklich<br />

„sehr schlecht für das Klima“ und müssten deshalb aus den Regalen<br />

verschwinden, erläutert dazu eine junge Blondine. In<br />

Wirklichkeit vernichteten Greenpeace und anschließend die<br />

EU mit ihrem Glühlampenverbot jedoch keinen „Klimakiller“,<br />

sondern den unkompliziertesten und umweltfreundlichsten<br />

Leuchtkörper, den es je gab. Mit der sogenannten „Energiesparlampe“<br />

hätten die „Umweltschützer“ die Aktion gar nicht<br />

durchführen können, weil dabei jede Menge Giftstoffe wie beispielsweise<br />

Quecksilber frei geworden wären.<br />

Diese und andere unglaubliche Geschichten über den Meuchelmord<br />

an einem in Wirklichkeit optimalen Produkt erzählt der Dokumentarfilm<br />

„Bulb Fiction“, der seit in paar Wochen in einigen<br />

wenigen Kinos läuft: Die Geschichte von dem kleinen Jungen, der<br />

nach dem Einatmen der Quecksilberdämpfe einer „Energiesparlampe“<br />

sämtliche Haare verlor. Die Geschichte von dem Mann,<br />

der eine Glühbirne mit einer Lebensdauer von 150.000 Stunden<br />

erfand und bald darauf bei einem Flugzeugabsturz ums Leben<br />

ses offenbar als Streitschrift unter<br />

Wirtschaftswissenschaftlern entstandenen<br />

Werks. Darüber hinaus<br />

fehlt die interdisziplinäre Auseinandersetzung<br />

mit Autoren wie Nassim<br />

Nicholas Taleb („Der schwarze<br />

Schwan“) oder Jeremy Rifkin („Die<br />

dritte industrielle Revolution“).<br />

Das letzte Kapitel ist keynsianischer Unfug: Der Staat, der doch<br />

maßgeblich die Krise seit 2007 mitverursacht hat, soll gemäß<br />

den Autoren „exzessive“ Kursschwankungen dämpfen, damit die<br />

Preise von Vermögenswerten nicht zu stark von einem „vernünftigen“<br />

Niveau abweichen. Die Autoren hätten somit auch fordern<br />

können, dass der Hund die Wurst im Metzgerladen bewacht.<br />

Rainer Kromarek<br />

„Jenseits rationaler Märkte – Die neue Marktwirtschaft<br />

nach Keynes und Hayek“, Roman Frydman,<br />

Michael D. Goldberg, Wiley, 284 Seiten, 34,90 EUR<br />

Fünfseitige Zusammenfassungen zahlreicher Wirtschafts-<br />

und Finanzbücher finden Sie bei www.getabstract.com.<br />

kam. Die Geschichte von der Recyclinganlage<br />

für „Energiesparlampen“,<br />

bei der 20 Arbeiter mit Quecksilber<br />

verseucht wurden, darunter eine<br />

Schwangere. Und, und, und. Über 90<br />

Minuten hinweg verfolgt „Bulb Fiction“<br />

(zu Deutsch etwa: „Lampen-<br />

Hirngespinst“) die Spuren von Lobbyisten,<br />

„Umweltschützern“ und Unternehmern, die alle nur eins<br />

im Sinn hatten: den Verbrauchern ein billiges und umweltfreundliches<br />

Produkt auszureden, um es durch ein teures und giftiges<br />

zu ersetzen. Nicht einmal das Licht der „Energiesparlampe“ kann<br />

mit dem natürlichen Spektrum einer Glühbirne mithalten. Die<br />

O-Töne sind klar und einleuchtend, die Grafiken und Bilder anschaulich<br />

und leicht verständlich. „Bulb Fiction“ ist jedoch weit<br />

mehr als eine Dokumentation über das Verbot der Glühbirne. Es<br />

ist ein fesselndes Lehrstück über die Kumpanei zwischen Umweltschützern,<br />

Politik und Konzernen.<br />

Gerhard Wisnewski<br />

„Bulb Fiction“, Dokumentarfilm, Österreich, 90 Minuten, Buch und<br />

Regie: Christoph Mayr; Weitere Infos: www.bulbfiction-derfilm.com

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