Financial Repression - Smart Investor
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30<br />
Hintergrund<br />
Kenia<br />
Für Abenteurer und Exoten<br />
Dem „verlorenen“ Kontinent Afrika trauen viele Experten wegen<br />
der zahlreich vorhandenen Rohstoffe eine bessere Zukunft<br />
zu. Eine Zuwanderungswelle dorthin hat deswegen aber noch<br />
nicht eingesetzt. Aus Deutschland etwa wanderten im Vorjahr<br />
offiziell nur 321 Personen nach Kenia aus. Umfragen zufolge<br />
würden die meisten jungen Kenianer dagegen am liebsten ihr<br />
Land mit Zielrichtung Amerika oder Europa verlassen, wenn sie<br />
die Chance dazu hätten.<br />
Faszinierende Tierwelt<br />
An der Natur liegt diese hohe Abwanderungsbereitschaft sicherlich<br />
nicht. Flora und speziell Fauna sind vielmehr einzigartig.<br />
Die Tier- und Pflanzenwelt Kenias ist sehr groß, und dieser<br />
Reichtum ist zusammen mit der weltweit höchsten Konzentration<br />
an geschützten Nationalparks ein Grund, warum Safari-Touren<br />
sehr beliebt sind. Eindrucksvoll vermittelt hat die prachtvolle<br />
Natur unter anderem der in Kenia gedrehte Film „Jenseits<br />
von Afrika“ mit Meryl Streep und Robert Redford. Doch trotz<br />
der romantischen Kulisse geht es im Alltagsleben oft sehr hart<br />
zu. Obwohl Kenia als leistungsfähigste Volkswirtschaft in der<br />
Ostafrikanischen Gemeinschaft gilt, belief sich das Bruttoinlandsprodukt<br />
im Jahr 2010 nur auf gut 32 Mrd. USD. Rund 50%<br />
der Menschen leben unterhalb der Armutsgrenze, etwa 25%<br />
müssen täglich mit weniger als 1 USD auskommen und die Zahl<br />
der HIV-positiven Menschen ist die vierthöchste weltweit. Im<br />
Vergleich zu anderen Ländern, die in dieser Rubrik typischerweise<br />
besprochen werden, finden sich zu Kenia auf den Seiten<br />
des Auswärtigen Amtes zudem ungewöhnlich viele Sicherheitshinweise.<br />
Gewarnt wird unter anderem vor einer zunehmenden<br />
Gefahr terroristischer Anschläge oder dem Risiko, Opfer von<br />
bewaffneten Überfällen zu werden. Die Hauptstadt Nairobi trägt<br />
deshalb auch den unrühmlichen Spitznamen „Nairobbery“.<br />
Lange Liste an Sicherheitswarnungen<br />
International hat zuletzt vor allem die Entführung von Touristen<br />
durch Banditen aus dem benachbarten Somalia für negative<br />
Schlagzeilen gesorgt. Für Kenia ist das ein gravierendes Problem,<br />
weil dies den Strandtourismus gefährdet. Nicht gerade<br />
förderlich für das Image ist es auch, wenn das Auswärtige Amt<br />
auf schwere Safari-Unfälle hinweist. Verantwortlich dafür ist neben<br />
nur bedingt geländetauglichen Fahrzeugen und Übermüdung<br />
der Fahrer ein offensiver Fahrstil. Weil rücksichtsloses<br />
Fahrverhalten allgemein üblich ist, bringt das einen Entwicklungshelfer,<br />
der nicht genannt werden will, mit Blick auf Nairobi<br />
zu folgendem Schluss: „Hier wird so verrückt gefahren, wie ich<br />
das sonst noch nie gesehen habe. In dieser Stadt würde ich mich<br />
nie selbst hinter das Lenkrad setzen.“ Vom Verkehr einmal abge-<br />
<strong>Smart</strong> <strong>Investor</strong> 7/2012<br />
LEBENSART & KAPITAL – INTERNATIONAL<br />
Der Uhuru Gardens Memorial Park in Nairobi.<br />
Die Mehrzahl der Massai<br />
leben im Süden Kenias.<br />
sehen fühlt sich der viel gereiste Brite in Kenia, wo er als Überbleibsel<br />
der englischen Kolonialzeit auch den gewohnten Tee<br />
mit Milch genießen kann, aber viel sicherer als in Nigeria. Positiv<br />
hebt er zudem die ihm bei seiner Arbeit entgegengebrachte<br />
Gastfreundschaft hervor. Bleibt nur zu hoffen, dass die Kenianer<br />
Anfang 2013 auch untereinander freundlich bleiben. Denn da<br />
stehen die nächsten Wahlen an, und mit diesem Termin gehen<br />
sehr negative Erinnerungen einher. In den Nachwehen zum letzten<br />
Urnengang, der ein Pattergebnis gebracht hatte, kam es im<br />
Frühjahr 2008 bekanntlich zu blutigen Auseinandersetzungen.<br />
Selbst Nachbarn, die früher friedlich nebeneinander wohnten,<br />
gingen aufeinander los und es starben 1.200 Menschen.<br />
Die Vermeidung neuer Konflikte ist auch deshalb wichtig, weil<br />
in Kenia mehr als 40 unterschiedliche Volksgruppen leben. Aus<br />
einem Schmelztiegel kann bei neuen Auseinandersetzungen angesichts<br />
dieser Konstellation schnell ein Pulverfass werden.<br />
Rückschläge kann sich das Land schon alleine deshalb nicht<br />
leisten, weil es volkswirtschaftlich nicht auf Rosen gebettet ist.<br />
Ein doppeltes Defizit im Staatshaushalt und in der Leistungsbilanz<br />
sowie eine hohe Inflationsrate (14,0% 2011) machen die<br />
Landeswährung anfällig. Außerdem wächst die Bevölkerung<br />
stark. Von 2007 bis heute dürfte die Einwohnerzahl aufgrund<br />
hoher Geburtsraten von 37,2 Mio. auf 43 Mio. gestiegen sein.<br />
Gut 42% der Bewohner sind jünger als 14, und wenn diese Gruppe<br />
auf den Arbeitsmarkt drängt, droht die ohnehin schon hohe<br />
Zahl an Arbeitslosen noch größer zu werden.<br />
Fotos: Oliver Ritter-Wolff, Willy Brüchle, Rainer Deben, Madeleine Reincke (alle PantherMedia)