Forschung . Begleitung . Entwicklung - Deutsches Institut für ...
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depressiv verändernden Person wird auf verschiedenen Verhaltensebenen<br />
durch die Merkmale zunehmender Interessenverlust und Antriebslosigkeit<br />
(motivational), zunehmender Pessimismus (kognitiv), zunehmende Niedergeschlagenheit<br />
und Ängstlichkeit (emotional), zunehmende Passivität und Rückzug<br />
von sozialen Kontakten (behavioral) beschrieben“ (S. 122).<br />
Die graduelle Sichtweise, die in diesen Formulierungen zum Ausdruck kommt, ist<br />
aber immer gefährdet durch die eingebrachte Schriftlichkeit und die bipolaren<br />
Items der Untersuchung (S. 123). Eine ebenfalls gravierende Folge des Operationalisierungsdrucks<br />
ist, daß die Perzeptionsebene in der Vorstellung der Untersuchungsergebnisse<br />
mehr zurücktritt, als nach der Untersuchungsintention zu erwarten<br />
war. Oder sollte dies vielleicht nur der bemerken, der den Bericht unter<br />
dem Aspekt liest, was er indirekt über Lern- und Bildungsprozesse auszusagen<br />
vermag? Bezeichnend <strong>für</strong> das hier Gemeinte ist jedenfalls, daß zwar immer<br />
wieder von Perzeption, gelegentlich von Wahrnehmung und Umgehen, aber nur<br />
einmal von Erleben die Rede ist, wo es doch um die Art und Weise des Fertig-<br />
Werdens mit Belastungen geht. Wenn der Umgang mit den Lebensanforderungen<br />
aus guten Gründen als Indiz <strong>für</strong> <strong>Entwicklung</strong>sveränderungen gilt und spezifische<br />
Formen als Voraussetzung <strong>für</strong> sie gelten, dann wäre zu wünschen, daß die<br />
Variationsbreite des Reagierens auf der subjektiven Verarbeitungsebene erkennbar<br />
wird, zumal die Individualisierungstendenz auch bei dieser Arbeit als eine der<br />
gesellschaftlichen Voraussetzungen genannt wird.<br />
Damit sind indirekt schon Desiderata angemeldet. Was mit der vorliegenden<br />
Untersuchung geboten wird, ist die Vergewisserung, daß Bildungsangebote <strong>für</strong><br />
Ältere keine Schimäre, sondern durch Erwartungshaltungen legitimiert sind. Ebenso<br />
werden Momente erkennbar, die verständlich machen, warum in der praktischen<br />
Arbeit eine deutliche Interessenhinwendung zu Aktivierungsangeboten zu<br />
beobachten ist. Inwieweit damit eine Problemverarbeitung verbunden oder Problemflucht<br />
artikuliert ist, bleibt hingegen offen. Die Koppelung von minderer<br />
Beweglichkeit und Neigung zur Depressivität scheint jedenfalls als ein bislang<br />
unerkanntes Bildungsproblem auf. Um hierzu Genaueres erfahren zu können,<br />
bedarf es noch differenzierter methodischer Problemzugänge. Auf diesem Hintergrund<br />
wäre es wünschenswert, wenn die „Anregungen <strong>für</strong> die <strong>Forschung</strong>“, die am<br />
Ende des Buches von Saup genannt werden, nicht als beliebige verstanden<br />
werden. Aus der Sicht der Bildungsarbeit hat der erste Vorschlag deutlich Vorrang,<br />
denn<br />
„es ist vorstellbar, daß durch narrative Berichte über die von älteren Personen<br />
an sich selbst wahrgenommenen, bedeutsamen und relativ andauernden<br />
Veränderungen wichtige Hinweise gewonnen werden können, in welchen<br />
psychischen Funktions- und Persönlichkeitsbereichen sich mit zunehmendem<br />
Alter ebenfalls Veränderungen im Sinne einer (Weiter-)<strong>Entwicklung</strong> ergeben.<br />
Durch derartige qualitative Analysen können idiographische Akzente<br />
im Veränderungsgeschehen entdeckt werden, die durch einen quantifizierenden,<br />
statistische Kennziffern <strong>für</strong> Gruppen von Probanden liefernden Untersuchungsansatz<br />
vielleicht übersehen werden“ (S. 228).<br />
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