Forschung . Begleitung . Entwicklung - Deutsches Institut für ...
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materiellen Ressourcen unabhängiges Schicksal zu einem depressiven Alternsstil<br />
führt, zu eindimensional sein. Daß Krankheit nicht zu den einen positiven<br />
Alternsprozeß fördernden Dingen gehört, liegt auf der Hand. Allerdings kann die<br />
Studie keine Klarheit darüber herstellen, ob Krankheit bei depressiv Alternden<br />
faktisch häufiger als bei konstruktiv Alternden vorkommt. „Es könnte sein, daß<br />
depressiv Alternde faktisch mit ernsthaften Krankheiten konfrontiert waren und<br />
diese entsprechend als subjektiv belastender und wichtiger wahrnahmen. Andererseits<br />
ist aber nicht auszuschließen, daß depressiv sich verändernde Frauen<br />
Krankheiten nur als belastender perzipierten“ (S.217). Nach bisherigen Kenntnissen<br />
über die subjektive Wahrnehmung von Krankheiten bei älteren Männern und<br />
Frauen ist jedoch davon auszugehen, daß die Bereitschaft bei Frauen, im Interview<br />
über Krankheiten zu berichten, relativ hoch ist, was eher <strong>für</strong> die letztere<br />
Interpretation spricht.<br />
Ein weiteres Beispiel <strong>für</strong> den Einfluß der Methode auf die Ergebnisse sind die<br />
Wendepunkte im Lebenslauf. Sie treten bei beiden Gruppen identisch gehäuft im<br />
frühen Erwachsenenalter bei Heirat und Elternschaft auf. Erst ab der Mitte des<br />
sechsten Lebensjahrzehntes beginnen sich depressiv alternde Frauen durch<br />
vermehrte „krankheitsbezogene Wendepunkte“ von explorativen Frauen zu unterscheiden<br />
(S.212). Die Schlußfolgerung, die Unterschiede zwischen depressiv<br />
und explorativ alternden Frauen könnten nicht auf verschiedene Wendepunkte<br />
im frühen und mittleren Erwachsenenalter zurückgeführt werden, sondern lediglich<br />
auf das sechste Lebensjahrzehnt, ist unwahrscheinlich (vgl. Lehr 1987).<br />
Sollten die Bildungs-und Berufsbiographie, der Familienstand und die Persönlichkeitsmerkmale<br />
keinen Einfluß auf Formen des Alterns nehmen? Die geringe<br />
Bedeutung der Erwachsenenphase ist vermutlich auf die methodische Erfassung<br />
dieser Zeit zurückzuführen und könnte ein Artefakt der Gruppenbildung sein;<br />
denn die Gruppen unterscheiden sich nach dem Einsetzen einer positiven oder<br />
negativen <strong>Entwicklung</strong> in den letzten 10 Jahren. Auch Saup räumt ein, daß<br />
methodische Mängel nicht die Interpretation zulassen, daß erst ab Mitte 50 eine<br />
Unterscheidung der Persönlichkeitsentwicklung einsetze.<br />
Die Summierung und der quantitative Vergleich von Lebensereignissen auch in<br />
spezifischen Lebensbereichen ist eine Methode, die deskriptive Ergebnisse produziert,<br />
die oft selbstverständlich wirken. Daß mit depressiven Symptomen alternde<br />
Frauen sich aktuell mit mehr belastenden Ereignissen auseinanderzusetzen<br />
haben, während die Gruppe der explorativ Alterndern sich zur Zeit überwiegend<br />
mit positiven Ereignissen auseinandersetzt (S. 188), gehört zu den der<br />
Studie eigenen Ergebnissen, die schon wegen der vorab gebildeten Gruppen<br />
zustande kommen dürften. Die Vergleichbarkeit mit anderen Studien, die ebenfalls<br />
auf der Ebene der Anzahl von Lebensereignissen argumentieren, war einer<br />
der Gründe, dieses Vorgehen zu wählen. So kann zwar festgestellt werden, daß<br />
es nicht auf die Menge der Ereignisse, mit denen eine Person konfrontiert wird,<br />
ankommt, sondern daß deren Wahrnehmung <strong>für</strong> die Entstehung von Depressivität<br />
relevant ist. Der quantifizierende Umgang mit Lebensereignisbiographien sagt<br />
leider nichts über die Qualität der Lebensereignisse, Lebensstile und -weisen,<br />
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