Hemmenhofener Skripte - Janus Verlag
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im 2. Pfahlbaubericht in den Mitteilungen der Antiquarischen<br />
Gesellschaft Zürich (MAGZ) veröffentlicht. Im<br />
Frühjahr 1859 machte K. Löhle eine weitere Fundstelle bei<br />
Markelfingen ausfindig (s. Anm. 1, Löhle 1859) und markierte<br />
die Positionen auf einer Karte, die er von A. v. Bayer<br />
bezogen hatte (Zimmermann 1961, 143; Schlichtherle<br />
1988, Abb. 14.). Bei den eingetragenen Fundpunkten am<br />
Gnadenseeufer dürfte es sich um die in den Ortsakten des<br />
Landesamtes für Denkmalpflege (LAD) unter den Ortsnamen<br />
Markelfingen-Grosse Espen, Markelfingen-Schlafbach<br />
und Allensbach-Kapplerfeld geführten Pfahlbaustationen<br />
handeln (Abb. 2). In einer 1860 erschienenen, weltweiten<br />
Zusammenstellung der damals bekannten Pfahlbauten<br />
durch Frédéric Troyon, Konservator in Lausanne, sind die<br />
Entdeckungen K. Löhles ebenfalls vermerkt (Troyon 1860,<br />
39; 426).<br />
Etwa um 1861 stieß Zollinspektor Karl Dehoff auf weitere<br />
Pfahlfelder am Gnadensee, zu denen die heutigen Stationen<br />
Markelfingen-Stüdle, Allensbach-Strandbad, Hegne-Galgenacker<br />
und Hegne-Nachtwaid gehören (Abb. 2). K. Dehoff<br />
veröffentlichte 1863 im 5. Pfahlbaubericht einen ausführlichen<br />
Bericht, in dem die Pfahlfelder lokalisiert 1 und<br />
erste Funde vorgelegt wurden.<br />
Damit gehören die Seeufersiedlungen bei Allensbach mit<br />
zu den ältesten bekannten Pfahlbaustationen am Bodensee.<br />
Rund 30 Jahre später fanden die Fundstellen Eingang in<br />
das 1891 erschienen Werk des Konstanzer Gymnasialprofessors<br />
Wilhelm Schnarrenberger. Die Monografie über<br />
„Die Pfahlbauten des Bodensees“ (Schnarrenberger 1891)<br />
gibt den damaligen Kenntnisstand wieder. W. Schnarrenbergers<br />
Zusammenfassung geht auf K. Dehoffs Beschreibungen<br />
aus dem Jahre 1863 zurück.<br />
1902 publizierte der Konstanzer Freiherr Eugen v. Tröltsch<br />
eine in Anlehnung an W. Schnarrenbergers Werk gehaltene,<br />
erneute ausführliche Zusammenfassung des Forschungsstandes<br />
zu den Pfahlbauten am Bodensee (v. Tröltsch<br />
1902). Hinsichtlich der Fundplätze im Umfeld von Allensbach<br />
beruft sich auch E. v. Tröltsch auf die Angaben K.<br />
Dehoffs.<br />
Von einer Untersuchung durch den damaligen Leiter des<br />
Pfahlbaumuseums Unteruhldingen, Hans Reinerth, in Hegne-Galgenacker<br />
1953 (OA LAD, Hemmenhofen) abgesehen,<br />
rückte Allensbach erst mit der ersten systematischen<br />
Bestandsaufnahme der Seeufersiedlungen ab 1979 durch<br />
das Projekt Bodensee-Oberschwaben wieder in das Blickfeld<br />
der archäologischen Forschung (Schlichtherle 1983).<br />
Bis dahin beruhten die Fundstättenkenntnisse auf den Aktivitäten<br />
der örtlichen Sammler.<br />
4. Oberflächenfunde<br />
4.1 Zur Geschichte privater Sammlungen am Bodensee<br />
Kaspar Löhle zählt zu den zentralen Persönlichkeiten der<br />
frühen Pfahlbauforschung am Bodensee (Kimmig 1981;<br />
Schlichtherle/Wahlster 1986; Schlichtherle 1988;<br />
Schöbel 1996. Zur Person K. Löhle: Zimmermann 1961;<br />
Schlichtherle 1988). Als 12-jähriger Junge sammelte er<br />
bereits im Jahre 1810/11 in der Bucht von Wangen am Un-<br />
Abb. 3: Naturräumliche Gliederung des westlichen Bodenseegebietes<br />
(aus: Lang 1990, Abb. 39).<br />
tersee bei Niederwasser Steinbeile und weitere Gerätschaften<br />
auf, in denen er Hinterlassenschaften menschlichen<br />
Wirkens vermutete. In der Folge begann er, sich mit historischen<br />
und geographischen Schriften zu beschäftigen,<br />
ohne jedoch den Pfahlbaufunden näher zu kommen. Erst<br />
die Schriften F. Kellers brachten im Jahre 1854 Fundstücke<br />
und Pfahlfelder zusammen. Keller hatte in ihnen die Reste<br />
von Wohnstätten des vorzeitlichen Menschen und damit<br />
ihre kulturgeschichtliche Dimension erkannt. Die Erkenntnis<br />
zog ein großes allgemeines Interesse an den Pfahlbauten<br />
nach sich, und die damit einsetzende Sammelleidenschaft<br />
erfasste weite Teile der ortsansässigen Bevölkerung.<br />
Kaspar Löhle selbst begann 1856 mit Ausgrabungen und<br />
entdeckte in der Folge weitere Pfahlbaustationen im westlichen<br />
Bodenseegebiet. Ausgestattet mit profunden Ortskenntnissen<br />
zählte er rasch, wie auch andere Sammler, zu<br />
den ersten Persönlichkeiten der Pfahlbauforschung am Bodensee<br />
und wurde damit zu einer wichtigen Kontaktperson<br />
der Gelehrten jener Zeit.<br />
Die zahlreich geborgenen Fundstücke wurden, nach damals<br />
gängiger wissenschaftlicher Praxis, gegen Bezahlung<br />
weltweit an Museen und Sammlungen geliefert, während<br />
sich die noch junge Altertumswissenschaft regional zu formieren<br />
begann. Mit den Museumsgründungen von Friedrichshafen<br />
(1869), Konstanz und Überlingen (1871) sollte<br />
die Heimatgeschichte erschlossen und durch eigene Aufkäufe<br />
von Sammlungen dem Abzug von Fundgegenständen<br />
begegnet werden (Schöbel 1996, 15 ff.). Unterdessen entwickelte<br />
sich die kommerzielle Ausbeutung der Fundstätten.<br />
Die Bewohner der Seegemeinden versuchten, sich durch<br />
den Verkauf von Fundstücke – darunter befanden sich auch<br />
etliche Fälschungen – ein Zubrot zu verdienen. Im Jahre<br />
1905 wurde schließlich durch eine großherzogliche Ver-<br />
1 Die von K. Dehoff als neu entdeckt angegebene und von der „grossherzoglich<br />
badischen Baubehörde im Interesse der Alterthumskunde“<br />
aufgenommenen Fundstelle „unterhalb Allensbach an die Reichenauer<br />
Feldmark angrenzend“ (Dehoff 1863, 16 f.) wurde wohl bereits<br />
1859 von K. Löhle erwähnt (Löhle an v. Olfers, 15.09.1859, OA LAD<br />
Hemmenhofen). Die durch K. Löhle kartierte Station ist vermutlich<br />
mit Markelfingen-Schlafbach zu identifizieren.<br />
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