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Hemmenhofener Skripte - Janus Verlag

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ein fragliches Löffelfragment (Taf. 15B,164). Eine holzanatomische<br />

Bestimmung der beiden Fundstücke liegt nicht<br />

vor.<br />

6.10 Textilien<br />

Die insgesamt sechs Textilfunde aus Allensbach-Strandbad<br />

sind den Kategorien Seil, Geflecht und Gewebe zuzuordnen<br />

(zur Nomenklatur vgl. Rast-Eicher 1997; Körber-Grohne/Feldtkeller<br />

1998). Mit den beiden gut erhaltenen<br />

„Sandalen“ aus Bastgeflecht befinden sich zwei außergewöhnlich<br />

seltene und interessante Fundstücke darunter.<br />

Die Allensbacher Sandalenfunde (Taf. 16,165; 17,170) und<br />

ein weiteres Gewebefragment (Taf. 17,169) wurden bereits<br />

ausführlich vorgelegt (Feldtkeller/Schlichtherle 1987;<br />

Czarnowski 1988; Körber-Grohne/Feldtkeller 1998),<br />

worauf im Folgenden Bezug genommen wird.<br />

6.10.1 Gedrehte Fasern<br />

An gedrehten Fasern, worunter Faden, Schnur oder Seil zu<br />

verstehen sind, ist ein Stück eines unverkohlten Seiles aus<br />

Schicht B zu nennen (Taf. 16,165). Als Rohmaterial wurden<br />

Bastfasern verwendet. Das Seil ist aus doppelten, gedrillten<br />

Strängen gefertigt. Seine Stärke beträgt 1,3 cm. Ein 2,2 cm<br />

breiter Knoten darin wurde nicht näher untersucht.<br />

6.10.2 Geflechte<br />

Aus Schicht B stammt einer der seltenen prähistorischen<br />

Schuhfunde (Taf. 16,166; Abb. 56). Die Sandale ist 24,5<br />

cm lang und 12,5 cm breit, unverkohlt und fast vollständig<br />

erhalten. „Sandale 2“ wurde aus ungedrehten Lindenbaststreifen<br />

leinwandbindig geflochten. Sohle und Seitenteile<br />

wurden gebildet, indem das Geflecht vorne und zur Seite<br />

hochgezogen wurde. Die Ferse blieb offen, die Sohle wurde<br />

möglicherweise mit dünnen Lindenstäbchen verstärkt.<br />

Aus Schicht C wurde eine weitere Sandale geborgen (Taf.<br />

17,170; 18). „Sandalle 1“ war fragmentiert und ebenfalls<br />

unverkohlt erhalten. Sie ist 26 cm lang und 13 cm breit<br />

und in Leinwandbindung hergestellt. Als Rohmaterial wurde<br />

ungedrehter Gehölzbast vom Linden-Eichenbast-Typus<br />

verwendet. Ihre solide Machart zeigt sich in einem der Sohle<br />

aufgesetzten Rahmen.<br />

Weitere Schuhfunde aus der Horgener Kultur liegen aus<br />

Sipplingen Schicht 15, Wallhausen-Ziegelhütte (freundl.<br />

Mitt. C. Lübke) und Feldmeilen-Vorderfeld vor. Bei dem<br />

Fund aus Feldmeilen-Vorderfeld handelt es sich um das<br />

verkohlte Absatzfragment einer geflochtenen Sandale. Der<br />

Sipplinger Schuh ähnelt mit leinwandbindig geflochtenen<br />

Lindenbastfasern und seitlich hochgezogenem Geflecht<br />

den Allensbacher Bastschuhen. Er ist wie ‘Sandale 1’ aus<br />

Allensbach dem späten Horgen zuzuordnen. Ebenfalls horgenzeitlich<br />

ist das Schuhwerk des „Gletschermannes“, das<br />

mit Fellsohle, einem daran befestigten Schnurnetz, einem<br />

Oberleder und in die Schuhe gestopftem Gras den alpinen<br />

Verhältnissen angepasst war (Egg/Spindler 1992, 70 f.;<br />

Abb. 56: Schicht B. „Sandale 2“ aus Lindenbast (Foto LAD).<br />

100 ff.). Darüber hinaus dürften nur wenige neolithische<br />

Schuhfunde belegt sein. J. Winiger (1995, 138) verweist<br />

auf geflochtene neolithische Sandalen aus St. Blaise „Baindes-Dames“<br />

am Neuenburger See. A. Feldtkeller und H.<br />

Schlichtherle (1987, 82) machen auf eine Sandale mit<br />

Zehenlasche aus neolithischen Grabfunden bei Albuñol<br />

(Granada) und Schuhimitate aus Kalkstein aus dem endneolithischen<br />

Felskammergrab von Alapraia (Portugal) aufmerksam.<br />

Aus dem Fundmaterial von Allensbach liegen überdies zwei<br />

etwa 9–11 cm² große Konzentrationen von bündelweise<br />

gleichsinnig ausgerichteten Fasern vor (Kat.-Nr. 167), deren<br />

präzise Klassifizierung ohne detaillierte technische Untersuchungen<br />

jedoch vorderhand nicht möglich ist.<br />

Zu den Sonderformen unter den Geflechten zählen die Rindenschachteln,<br />

die aus breiten Rindenbahnen zusammengenäht<br />

wurden. Bei dem verkohlten Allensbacher Fragment<br />

ist der Rindenboden mit einer aufgesetzten Rindenbahn<br />

verbunden (Kat.-Nr. 168). Vermutlich wurde zur Stabilisierung<br />

ein dünnes Ästchen am äußeren Rand eingenäht.<br />

Das Allensbacher Stück gehört mit 14 cm Durchmesser zu<br />

den kleineren Exemplaren unter den Rindenschachteln, die<br />

bis zu einer Größe von ca. 40 cm Durchmesser belegt sind<br />

(Rast-Eicher 1997, 303; 310).<br />

6.10.3 Gewebe<br />

Bei dem einzigen Gewebefund aus Allensbach handelt<br />

es sich um ein in Schicht C stratifiziertes, verkohltes und<br />

3,3 x 4 cm großes Eckfragment aus Flachs (Taf. 17,169).<br />

Wie alle bisher aus den neolithischen Seeufersiedlungen<br />

Südwestdeutschlands bekannten Gewebe (Feldtkeller/<br />

Schlichtherle 1987, 25), ist es in leinwandbindiger Form<br />

hergestellt. Die Fäden sind sehr dünn und gleichmäßig gesponnen.<br />

Das Fragment weist zwei unterschiedlich starke<br />

Webkanten auf: eine Webkante, bestehend aus einer Ripskante<br />

mit sieben Fäden, bildet das obere Anfangsband und<br />

die dünnere Webkante aus einer Leinwandbindung mit vier<br />

Fäden, den Seitenrand des Gewebes. Der leichte Verzug des<br />

Webstückes ist möglicherweise auf das Anbinden am Web-<br />

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