25.01.2013 Aufrufe

Hemmenhofener Skripte - Janus Verlag

Hemmenhofener Skripte - Janus Verlag

Hemmenhofener Skripte - Janus Verlag

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Trümmer und Absplisse fehlen, obwohl das gesamte Kulturschichtsediment<br />

gesiebt wurde. Kortexbedeckung liegt<br />

bei etwa der Hälfte der Silices vor.<br />

Auffallend ist mit nur zehn Abschlägen der relativ geringe<br />

Anteil an Produktionsabfällen. In der großflächig untersuchten<br />

Siedlung Arbon Bleiche 3 befinden sich dagegen<br />

unter den insgesamt 1571 Silices allein 1371 unmodifizierte<br />

Abschläge (Leuzinger 2002, 40). Möglicherweise liegen in<br />

Allensbach also die Schlagplätze außerhalb der gegrabenen<br />

Fläche. Möglich erscheint aber auch, dass die Vorpräparation<br />

außerhalb der Siedlung stattfand und nur die angeschlagenen<br />

Knollen oder Halbfabrikate in die Siedlung gebracht<br />

wurden. Darauf könnten die meist mit wenig Kortex bedeckten<br />

Silices hinweisen.<br />

Das Verteilungsmuster der Grundformen des Fundbestandes<br />

von Allensbach-Strandbad deckt sich mit dem aus den<br />

jüngeren Kulturschichten 13–15 des älteren bis jüngeren<br />

Horgen von Sipplingen-Osthafen. Dort ist ebenfalls ein hoher<br />

Klingenanteil zu verzeichnen, während vergleichsweise<br />

wenige Abschläge, kaum Absplisse und keine Kerne vorliegen.<br />

Zudem fehlen auch hier Fundkonzentrationen, die<br />

in der Siedlung liegende Schlagplätze anzeigen könnten.<br />

M. Kolb (1993, 277 ff.) vermutet eine Geräteversorgung<br />

durch eine eingeschränkte Schlagtätigkeit innerhalb der<br />

Siedlungen und zusätzlich eingebrachte Artefakte, die außerhalb<br />

der Siedlung produziert wurden.<br />

6.7.4 Sekundärproduktion<br />

Das stratifizierte Inventar enthält an modifizierten Silices<br />

Geräte mit lateraler Retusche, bilateral spitz zulaufender<br />

Retusche sowie bifazial flächenretuschierte Artefakte. Nach<br />

M. Uerpmann (1981) können diese unter die formalen und<br />

auch funktionalen Kategorien Messer/Schaber und Pfeilspitzen<br />

gefasst werden.<br />

Messer/Schaber<br />

Die Grundform der stratifizierten Messer bilden regelmäßige<br />

und unregelmäßige Klingen verschiedener Größe. Aus<br />

Schicht B stammt eine am proximalen Ende gebrochene<br />

Großklinge (8,2 cm) aus qualitätvollem Jurahornstein<br />

(Taf. 12,139). Der Bestand an großen Klingen wird durch<br />

zwei im unmittelbaren Umfeld der Grabungsstelle aufgelesene,<br />

kantenscharfe Artefakte ergänzt (Taf. 13,148.150).<br />

Dadurch werden Parallelen zu den Geräteinventaren von<br />

21 J. Hoffstadt danke ich für Materialbestimmungen und wertvolle<br />

Hinweise.<br />

22 Zu Grundformen vgl. Uerpmann 1976, 40 ff. Die Definition „Klinge“<br />

bei mind. doppelter Länge wie Breite folgt Uerpmann 1976, 42.<br />

23 Demgegenüber sind Klingen in den älteren Horgener Schichten 11–12<br />

seltener, kleiner und von minderer Qualität. Zum anderen fehlen<br />

weitgehend größere retuschierte Klingen. M. Kolb sieht darin Veränderungen<br />

der Rohmaterialversorgung (Kolb 1993, 283; 294; 299).<br />

24 H. Schlichtherle thematisiert das Fehlen ausgesprochener Sicheln<br />

in der Horgener Kultur und zieht hierfür eine Kenntnislücke in<br />

Betracht (Schlichtherle 1992, 33; 36).<br />

Nußdorf-Strandbad (Köninger 1999, Abb. 4) und von<br />

Sipplingen-Osthafen Schicht 13–15 23 erkennbar, die ebenfalls<br />

hohe Klingenanteile und qualitätvolle Großklingen<br />

aufweisen. Bereits R. Ströbel (1939, 133) wies auf große<br />

Klingen als Spezifikum der Horgener Kultur hin, was von<br />

M. Itten (1970, 25) weiter untermauert wurde.<br />

Die aus Schicht B stammende Großklinge besitzt beidflächig<br />

Glanzpatina (Taf. 12,139). Sie dürfte sich, ebenso wie<br />

eine weitere Großklinge aus dem unstratifizierten Fundbestand<br />

(Taf. 13,148), in das Spektrum der einfachen Horgener<br />

Erntemesser (vgl. Schlichtherle 1992, 35 f.) einreihen<br />

lassen. Ein Sichelbesatz völlig anderer Art erschließt<br />

sich durch ein blattförmig bifazial flächenretuschiertes Gerät<br />

mit Glanzpatina aus der Seekreide über Schicht C (Taf.<br />

13,145). Hier zeigen sich Ähnlichkeiten mit Einsätzen von<br />

Kompositsicheln, wie sie bisher aus jungneolithischen Zusammenhängen<br />

bekannt sind (Abb. 52; 53) (vgl. Schlichtherle<br />

1992, 30 f.; Pétrequin 1988, 41 f.). Möglicherweise<br />

kann somit mit einem Einsatz von spezifischen Erntemessern<br />

wie Kompositsicheln in der jüngeren Horgener Kultur<br />

gerechnet werden. 24<br />

Zu weiteren Typen der schneidenden Werkzeuge gehören<br />

zwei stratifizierte Spitzklingen und ein unstratifiziertes, aus<br />

einem großen Abschlag gefertigtes Messer (Taf. 13,151).<br />

Letzteres zeigt große Ähnlichkeiten mit einem Abschlags-<br />

Abb. 52: Sichelbesatz von Allensbach-Strandbad und Kompositsicheln<br />

vom Typ Riedschachen (n. schlichtherle 1992, 31 Abb. 6).<br />

1 Sicheleinsatz von Allensbach-Strandbad (Taf. 14,145), 2 Sichelbruchstück<br />

von Riedschachen mit eingeklebten Silexeinsätzen,<br />

3 Sicheleinsatz von Sipplingen-Osthafen, 4 Sicheleinsatz von Ludwigshafen-Holzplatz,<br />

5 Rekonstruktion der Sichel von Riedschachen.<br />

51

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!