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Friedrich Heinrich von Kittlitz Denkwürdigkeiten einer Reise nach ...

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Die beiden Starosten und Otez Fedor begleiteten uns noch bis zum Flusse, dessen<br />

Ufer wir jetzt überall mit toten Fischen, besonders <strong>von</strong> der Krasnaja Riba, bedeckt<br />

fanden. — Ich hatte zwar oft <strong>von</strong> dieser Erscheinung gehört und selbst schon in Stellers<br />

Nachrichten gelesen, aber immer noch nicht an einen solchen Umfang derselben<br />

geglaubt. Was ich hier sah, ließ wohl keinen Zweifel darüber, dass dieses Absterben<br />

in Masse <strong>nach</strong> der Laichzeit gewissen Lachsarten regelmäßig zukommt und im Tierleben<br />

der Fische das Gegenstück zu dem ähnlichen Lebensende jener monokotyledonischen<br />

Gewächse darbietet, die <strong>nach</strong> einmaliger Blüten- und Fruchtbildung im<br />

hohen Alter <strong>einer</strong> raschen Auflösung verfallen. Selbst das Wasser des Flusses war<br />

in diesen Tagen mit toten Körpern der Art erfüllt und wird deshalb als nicht mehr<br />

trinkbar betrachtet, wie denn auch die Menge der ausgeworfenen Fische, die dadurch,<br />

dass sie den Raubtieren und Vögeln des Landes zur reichlichen Speise dient, gar nicht<br />

beträchtlich vermindert wird, durch ihre Fäulnis weithin die Luft verpestet.<br />

Maximin Korschunow trennte sich erst <strong>nach</strong> der Überfahrt am rechten Ufer des<br />

Flusses <strong>von</strong> mir; ich setzte nun die <strong>Reise</strong> <strong>nach</strong> Scharoma zu Lande fort. Ein Reitpferd<br />

<strong>von</strong> Milkowa war [326] mir für die nächsten Tage zur Benutzung mitgegeben<br />

worden. Anfänglich führt der Weg durch Birkenwald mit einzelnen Pappeln, der<br />

je weiter aufwärts immer häufiger <strong>von</strong> offenen Grasplätzen unterbrochen wird. Um<br />

diese her wächst besonders in der Nähe des Flusses viel Scheromka, dabei bezeichnen<br />

die schwarzen Weiden und der Bojaruschnik wie gewöhnlich solche Plätze. Weiterhin<br />

ist der Boden häufig das, was man hier Tundra (Morast oder Torfmoor) zu<br />

nennen pflegt. Man ist aber sehr freigebig mit diesem Ausdruck und wendet ihn in<br />

der Regel auf jeden unbewaldeten Strich Landes an, wo der Graswuchs niedrig und<br />

aus mannig fachen Pflanzenarten zusammengesetzt ist. Im lichten Birkenwalde bemerkte<br />

ich hier besonders viel Shimalost und den durch feine roten Blumen jetzt sehr<br />

ins Auge fallenden Kyprey. Ein Bär kam in solch <strong>einer</strong> Waldstrecke gerade auf uns<br />

zu und schien lange nicht auf uns zu achten. Aber der Mann, der vorausging, hatte<br />

durch Zufall eben nicht geladen und ich selbst in beiden Läufen Schrot. Während<br />

wir mit Laden beschäftigt waren, nahm jener ganz nahe bei uns plötzlich Reißaus.<br />

Auch auf ein Birkhuhn machten wir vergeblich Jagd. Die Mücken fingen hier plötzlich<br />

wieder an fühlbar zu werden als Vorboten der grasigen Gegend, die wir nun bald<br />

erreichten, <strong>einer</strong> weiten, unabsehbaren Ebene, nur sparsam mit einzelnen Birken und<br />

Weidengebüschen bestanden und <strong>von</strong> kleinen Nebenflüssen des Kamtschatka-Flusses<br />

durchschnitten. Das Hauptgewächs ist die hier überall häufigste Grasart, die dem<br />

Anschein <strong>nach</strong> zur Gattung Aira gehört und hier besonders hoch wird; ein ganzer<br />

Schnupftabak an. Sie bereiten denselben, indem sie die aus Russland eingeführten Tabaksblätter<br />

so fein als möglich zerreiben. Von den Männern werden diese Blätter in der Regel zum<br />

Kauen benutzt; sie sind ein sehr beliebter Handelsartikel und vertreten für den <strong>Reise</strong>nden die<br />

Stelle des Geldes um kl<strong>einer</strong>e Geschenke zu machen. – Sonst beschenkt man die Männer mit<br />

Pulver, die Frauen mit Tee; besonders willkommen sind auch zumal den Letzteren baumwollene<br />

Tücher. [Nachträgliche Ergänzung des Verfassers, S. 173.]

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