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Friedrich Heinrich von Kittlitz Denkwürdigkeiten einer Reise nach ...

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sich diese senkrechten Abstürze nie auf beiden Ufern zugleich; während der <strong>nach</strong> <strong>einer</strong><br />

Seite drängende Strom den Boden unterwühlt und dessen Einsturz herbeiführt,<br />

verlässt er auf der anderen das Ufer und veranlasst so die Bildung <strong>einer</strong> Sandbank, die<br />

dem gegenüberliegenden Jar in den Krümmungen des Flusses regelmäßig entspricht.<br />

— Wie groß diese Regelmäßigkeit ist, sieht man aus der hier herrschenden Gewohnheit,<br />

die Wegstrecken auf dem Flusse <strong>nach</strong> der Zahl der gewöhnlich im Innern der<br />

Krümmungen befindlichen Sandbänke zu bestimmen: Wir haben bis da- oder dahin<br />

noch so oder so viel Sandbänke (Pesska).<br />

In der Abenddämmerung erreichten wir das am linken Ufer gelegene Maschura,<br />

welches elf Häuser hat. Der Tajon Alexeï Gawrilitsch Merlin, ein freundlicher, schon<br />

etwas bejahrter Mann, empfing uns am Ufer und äußerte sein Bedauern, dass er uns<br />

heute in s<strong>einer</strong> Wohnung nicht aufnehmen könne. Diese war eben noch im vollen<br />

Bau begriffen <strong>nach</strong> einem zerstörenden Brande, bei dem der Besitzer großen Verlust<br />

erlitten hatte. Wir wurden deshalb <strong>nach</strong> einem anderen Hause geführt, wo man mit<br />

gewohnter Gastfreundlichkeit alles aufbot, uns schnell ein erquickendes Abendessen<br />

und für die Nacht ein schützendes Mückenzelt im Freien zu bereiten. Allerdings hatten<br />

wir das letztere sehr nötig, denn die oft erwähnte Landplage war hier in einem<br />

noch höheren Grade fühlbar, als sie mir bisher vorgekommen. Sie hatte vielleicht<br />

hier gerade jetzt ihren Gipfel erreicht, und die Qualen, welche sie uns verursachte,<br />

wirkten insofern verhängnisvoll auf mich und meinen <strong>Reise</strong>plan, als sie mir den<br />

Gedanken eines mehrtägigen Verweilens in Maschura, durch welches mein Abstecher<br />

<strong>nach</strong> dem Kamtschatka-Fluss beendigt werden sollte, vollständig verleideten.<br />

Wie die Sache jetzt stand, hätte mein Aufenthalt hier nur ein schmerzlicher [281]<br />

Zeitverlust sein können, da an Arbeiten im Freien in diesen überaus mückenreichen<br />

Tagen gar nicht zu denken war. Ich entschloss mich daher mit schwerem Herzen<br />

der vorgeschrittenen Jahreszeit ungeachtet noch weiter den Fluss hinabzureisen, ja,<br />

nötigenfalls bis Klutschi mitzugehen, wo es <strong>nach</strong> dem Zeugnis m<strong>einer</strong> Begleiter nur<br />

wenig Mücken gab.<br />

Der Tajon entschloss sich, uns auf der weiteren <strong>Reise</strong> zu begleiten. Das Wetter war<br />

am 22. Juli früh etwas trübe, doch entstand kein Regen, die Luft war heiß und trocken,<br />

der Horizont höhenrauchartig getrübt. Die Gegend bot im Vergleich zu der <strong>von</strong><br />

Maschura den ganzen Tag über kaum etwas Neues dar; der Fluss, welcher fortwährend<br />

gewaltige Krümmungen macht, wird allmählich breiter, <strong>von</strong> Zeit zu Zeit zeigt<br />

sich ein hoher Jar; dabei bleibt das Nadelholz in der erwähnten Weise vorherrschend.<br />

Es war schon sehr gegen Abend, als wir zur Anfahrt <strong>von</strong> Schapina kamen; der Ort<br />

selbst liegt fünf Werste weiter ostwärts an dem kleinen Flusse gleiches Namens; zwei<br />

unsrer Leute wurden sofort abgeschickt, den Tajon herbeizuholen. Inzwischen richteten<br />

wir uns in der am Landungsplatze neu erbauten, aber unbewohnten Isbá 16 so<br />

gut als möglich ein, aber das Gebäude wimmelte so <strong>von</strong> Mücken, dass es uns erst sehr<br />

spät und durch gewaltigen Rauch möglich ward, eine Weile darin auszuhalten. Bis<br />

16 Einstöckiges Blockhaus mit rechtwinkligem Dach (siehe ausführliche Bechreibung → S. 110 f.).

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