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Friedrich Heinrich von Kittlitz Denkwürdigkeiten einer Reise nach ...

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Zeitverlust beim Festsitzen sehr verspätet worden. Daher gaben wir auch die Absicht,<br />

heute noch bis zu dem 15 Werste <strong>von</strong> hier entfernten Koräki zu reisen, auf, obschon<br />

die beiden dem Gouvernement gehörigen Pferde, welche zum Fortschaffen meines<br />

Gepäcks dienen sollten, <strong>von</strong> dort bereits [236] angekommen waren. — Das Wetter<br />

war den ganzen Tag über schön und warm gewesen, doch erst um Sonnenuntergang<br />

ward die bisher durch trocknen Nebel bedeckte Ferne völlig klar. Da zeigten sich uns<br />

in den oberen Gegenden des Flusses prachtvolle Gebirgsketten und über den weiten<br />

Waldstrecken des linken Ufers erhoben sich die riesenmäßigen Kegel der Vulkane,<br />

zunächst die gewaltige Koräzkaja Sopka, deren ätherische Gestalt ich hier in überraschender<br />

Deutlichkeit und ungewohnter Größe sah [Abb. 21, → S. 202).<br />

Am anderen Morgen erschien bei völlig heiterem Himmel die Gebirgsansicht so<br />

schön, dass ich während der Vorbereitungen zum Frühstück mich mit Zeichnen derselben<br />

beschäftigte. Zwar hatte ich dabei viel an den qualvollen Mückenstichen zu<br />

leiden, doch konnte ich immer noch diesem Übel Geduld entgegensetzen, weil es hier<br />

bei Weitem so übermäßig nicht ist, als in anderen Gegenden des Landes.<br />

Nach dem Frühstück hatten wir unser Gepäck für die Pferde zurecht gemacht<br />

und wollten eben aufbrechen, als plötzlich der arme Wittrin <strong>von</strong> dem Leiden, das<br />

ihn, seit er das milde Klima der Boninsinseln verlassen, schon mehrmals heimgesucht<br />

hatte, so heftig befallen ward, dass an Weiterreisen mit ihm fortan nicht mehr<br />

zu denken war. Doch verging leider die beste Zeit des Tages über den nötigen Anstalten<br />

zu s<strong>einer</strong> Zurückbeförderung <strong>nach</strong> dem Hafen. So hatte ich nun für den kranken<br />

Mann zu sorgen in <strong>einer</strong> Entfernung, wo er wenig oder nichts für mich tun konnte;<br />

— wäre ich mit ihm an Bord des „Senjawin“ geblieben, er hätte mir und selbst noch<br />

meinen <strong>Reise</strong>gefährten, unberechenbar genutzt, während für seine Gesundheit ungleich<br />

mehr hätte geschehen können, als im Hafen möglich war. — Doch lebte ich<br />

damals immer noch der Hoffnung, der Erfolg m<strong>einer</strong> Landreise werde mich für alle<br />

m<strong>einer</strong>seits gebrachten Opfer entschädigen.<br />

Bei der Länge des Tages in dieser Jahreszeit konnten wir den Weg bis Koräki noch<br />

vor Einbruch der Nacht zurücklegen. [237] Er wendet sich bald etwas westlich vom<br />

Laufe des Awatscha-Flusses ab und führt anfänglich durch lauter lichten Birkenwald,<br />

dessen völlig ebener Boden meist mit kurzem Grase bedeckt ist. — Hier wächst eine<br />

dem Habitus <strong>nach</strong> zu den Orchideen gehörige Pflanze sehr häufig, deren auffallende<br />

Blumenform einigermaßen an Cypripedium Calceolus erinnert. Ich habe sie zu meinem<br />

Erstaunen <strong>nach</strong>her nirgends wieder bemerkt und <strong>nach</strong>dem ich das Einsammeln<br />

in der ersten Stunde versäumt hatte, blieb ich stets ungewiß über dieses merkwürdige<br />

Gewächs, bei dessen Anblick ich an den starken Eindruck denken musste, den ein<br />

ähnliches, aber rotblühendes, einmal auf den <strong>nach</strong> Sibirien verbannten Dichter Kotzebue<br />

gemacht hat. — Diese größere, rotblühende Spezies scheint auch, wiewohl selten,<br />

in Kamtschatka vorzukommen; die gegenwärtige blüht weiß; man sieht gewöhnlich<br />

nur eine <strong>von</strong> den großen beutelförmigen Blumen den kurzen, aber aufrechten Stängel<br />

zieren. — Weiterhin wird das Gras höher, auch der Boden etwas unebener durch

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