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Friedrich Heinrich von Kittlitz Denkwürdigkeiten einer Reise nach ...

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ich jene ruhig weiterziehen, da sie mir versprochen hatten, ein geschossenes Baran<br />

nicht eher <strong>nach</strong> Gewohnheit zu zerschneiden, bis ich es gesehen haben würde. Tuwalin,<br />

der dieses Gebirge schon früher besucht hatte, zeigte mir die Gegend, in welcher<br />

die Quellen des Awatscha-Flusses liegen. Diese Gegend ist ein wahres Labyrinth<br />

<strong>von</strong> steilen, vielfach zerklüfteten Höhen und man kann sich beim Anblick derselben<br />

<strong>von</strong> oben her die Schwierigkeiten des direkten Weges <strong>von</strong> Koräki <strong>nach</strong> Ganal einigermaßen<br />

denken. Den letzteren Ort hatten wir jetzt in nördlicher Richtung hinter<br />

uns; auf dem Gebirgskamme jenseits des Flüsschens, an dem unser Nachtlager war,<br />

unterschieden wir die spitzigen Felsenhörner, welche die Bergkette <strong>von</strong> Ganal aus<br />

großer Entfernung kenntlich machen; man sieht dieselben bereits in den Umgebungen<br />

der Awatscha-Bai. Gegen Süden und Südosten hin lagen in der Ferne die Bergketten<br />

der Halbinsel bis an den Ozean und die kolossalen Kegelberge vor uns, <strong>von</strong><br />

denen die [340] Koräzkaja Sopka sogleich als der höchste sich zeigt. Zur Linken der<br />

Aussicht sahen wir auch in geringerer Entfernung die nordöstlich <strong>von</strong> der Awatscha-<br />

Bai gelegene Shupanowa Sopka, die nur wenig höher als die <strong>von</strong> Awatscha doch in<br />

entschiedener, wenn auch etwas schroffeckiger Kegelform erscheint. Es dürfte für die<br />

damals noch unvollständige Geografie des Innern der Halbinsel <strong>von</strong> Wert gewesen<br />

sein, die Hauptpunkte dieser gewaltigen Aussicht genauer zu bestimmen, aber leider<br />

vermochte ich das aus gänzlichem Mangel an Hilfsmitteln nicht. Mein Taschenkompass<br />

hatte mir zu Klutschi die letzten Dienste geleistet; er war dort schon völlig unbrauchbar<br />

geworden und ich musste, was Himmelsgegenden wie Tageszeiten betraf,<br />

fast allein <strong>nach</strong> der Sonne mich richten.<br />

Der Boden um uns her war mit Alpenpflanzen bedeckt, deren Charakter im<br />

Allgemeinen an die höheren Berggipfel <strong>von</strong> Unalaschka mich erinnerte. Die dort<br />

bemerkte kleine rosenrote Primel kam hier ebenfalls zahlreich vor, neben ihr eine<br />

zierliche Gentiana, mit schön dunkelblaugrünlicher Blüte. Besonders üppig aber wucherten<br />

die kleinen, dicht am Boden hinkriechenden Weiden, <strong>von</strong> denen mir hier<br />

überaus zierliche Formen auffielen, namentlich Salix berberifolia und S. reticulata.<br />

— Sobald wir unsre Jagdgefährten nicht mehr sahen, fing ich zu sammeln an; aber,<br />

seltsam genug! unmittelbar <strong>nach</strong>her erschienen am Horizont in der Gegend des Meeres<br />

Wolken und der Himmel, der bis dahin völlig heiter gewesen war, trübte sich mit<br />

jedem Augenblicke mehr. Wir stiegen nun botanisierend allmählich ins Tal herab,<br />

um endlich auch Vögel schießen zu können. Ich bemerkte hier einzeln denselben<br />

Schneefinken, mit dem es mir auf Unalaschka so übel ergangen war, und einen Anthus<br />

(wohl A. Ludovicianus, Bp.). Noch aber hatte ich keinen Schuss getan, als der<br />

Regen zum Ausbruch kam und bei der Nässe der Luft war mein Pfannenpulver fast<br />

augenblicklich verdorben. Der gefährlichen Schlüpfrigkeit des Bodens ungeachtet<br />

erreichten wir in der eben betretenen Schlucht den [341] Talgrund viel rascher, als<br />

wir gehofft hatten, aber ziemlich weit oberhalb unsres Lagerplatzes, bis zu dem wir<br />

nun im Tale selbst einen höchst beschwerlichen Weg hatten. Wir mussten denselben<br />

nämlich, des undurchdringlichen Olchowniks wegen meistens im Bette des immer

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