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Friedrich Heinrich von Kittlitz Denkwürdigkeiten einer Reise nach ...

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die <strong>Reise</strong> <strong>nach</strong> der Westküste ganz aufzugeben. Vielleicht wäre dieser Entschluss für<br />

mich sehr heilsam gewesen; ich würde dann mehr Zeit für Bergexkursionen gewonnen<br />

haben; aber <strong>nach</strong> den Erfahrungen des vorigen Jahres hoffte ich, im September<br />

weit mehr <strong>von</strong> der Witterung begünstigt zu werden, als es <strong>nach</strong>her der Fall war. [352]<br />

Die <strong>Reise</strong> <strong>von</strong> Awatscha <strong>nach</strong> Koräki machten wir auch diesmal auf dem Landwege;<br />

wir verweilten zu Starii Ostrog nur um Tee zu trinken. Die herbstliche Jahreszeit<br />

machte sich uns auch schon in der geringeren Länge des Tages bemerklich; wir<br />

mussten den größten Teil des Weges <strong>von</strong> Starii Ostrog <strong>nach</strong> Koräki bei vollständiger<br />

Dunkelheit zurücklegen. Am Morgen des 8. September verloren wir durch einen eigentümlichen<br />

Zwischenfall viel Zeit. Der aufmerksame Wirt wollte mir nämlich ein<br />

Reitpferd mitgeben, da die beiden Packpferde zu beladen waren, um abwechselnd<br />

auch zum Reiten benutzt werden zu können [Abb. 9, → S. 188]. Man hatte deshalb in<br />

den Wald geschickt, um <strong>von</strong> den herumlaufenden Pferden eins zu fangen; aber zu<br />

diesem Zweck hatten die abgeschickten Leute sich auf unsre Packpferde gesetzt, und<br />

als wir letztere beladen wollten, sahen wir uns vergebens <strong>nach</strong> ihnen um. Es ward darüber<br />

sehr spät, doch brachte man uns endlich ein eingefangenes junges Pferd, einen<br />

schönen schlanken Grauschimmel, dem der gastfreundliche Matschikin sogleich sein<br />

Reitzeug auflegen ließ. Der Wildfang zeigte dabei so wenig Widerspenstigkeit, dass<br />

wir anfingen, ihn für ein brauchbares Reitpferd zu halten. Wirklich benahm er sich<br />

eine Zeitlang ganz wie ein solches, aber schon in sehr geringer Entfernung vom Orte<br />

nahm er eine Gelegenheit, uns zu entschlüpfen, wahr; er tat das durch einen plötzlichen<br />

Seitensprung und verschwand gleich <strong>nach</strong>her im Gebüsch. Die Gefahr, mit dem<br />

Gezäum und den herabhängenden Steigbügeln im Dickicht hängen zu bleiben und<br />

so den Bären zur Beute zu werden, war sehr drohend für ihn, aber Matschikin, der<br />

uns im Augenblicke noch immer das Geleit gab, schien weniger um den Verlust des<br />

schönen jungen Pferdes als um den feines Sattelzeugs in Sorgen zu sein, und wirklich<br />

war ein solcher Verlust in Kamtschatka sehr schwer zu ersetzen. Wir durften daher<br />

aus Rücksicht auf den gefälligen Wirt nicht weiterziehen, bevor alles versucht worden,<br />

den Flüchtling wieder einzufangen; darüber verging aber der beste Teil [353] des<br />

Tages und endlich machten wir uns doch unverrichteter Sache wieder auf den Weg.<br />

Denn in der Umgegend war weit und breit nichts <strong>von</strong> dem Pferde zu sehen. — Wie<br />

wir später hörten, ist es den Bewohnern <strong>von</strong> Koräki nur <strong>nach</strong> vieler Mühe gelungen,<br />

s<strong>einer</strong> wieder habhaft zu werden. — Wir Übrigen konnten nun <strong>nach</strong> dem erlittenen<br />

Zeitverluste nicht mehr hoffen, am nämlichen Tage noch <strong>nach</strong> Natschiki zu kommen;<br />

wir mussten die Nacht im Freien zubringen. — Recht als ob unser Schicksal uns<br />

über dieses unverschuldete Mißgeschick hätte trösten wollen, musste plötzlich ein<br />

Auerhahn quer über unseren Weg laufen und ich erhielt ihn auch glücklich genug,<br />

indem ich zwei uns <strong>nach</strong>laufenden Hunden grade so weit zuvorkam, dass ich sie mit<br />

Kolbenschlägen hindern konnte, den geschossenen Vogel zu zerreißen. — Dieser Auerhahn<br />

muss auf Kamtschatka selten sein; — das Exemplar war ein Männchen und<br />

schien eben aus der Mauser gekommen; nur am Vorderkopfe fanden sich noch einige

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